Schon im Alter von neun Jahren arbeitete die in Kiew geborene Milla Jovovich zum ersten Mal als Fotomodell, und bis heute war sie auf hunderten internationalen Titelseiten und in zahllosen Werbekampagnen zu sehen. Doch kaum weniger früh baute sie sich mit der Schauspielerei ein zweites Standbein auf. Nach einer ersten Hauptrolle in „Rückkehr zur blauen Lagune“ gelang ihr mit „Das fünfte Element“ der große Durchbruch, es folgten Rollen in „Million Dollar Hotel“, „Johanna von Orleans“ und „Zoolander“. Ab dem 27. September ist die Wahl-Amerikanerin und Gelegenheitsmusikerin, die in den kommenden Wochen die Geburt ihres ersten Kindes erwartet, im dritten Teil der Computerspiel-Verfilmung „Resident Evil“ zu sehen, dessen Soundtrack im übrigen auch ein Song von Emigrate ziert.

Wie ist das Leben als Schwangere?
Es ist unglaublich. Man verändert sich ständig, jede Woche fühlt sich anders an. Und das ja wirklich im wahrsten Sinne des Wortes, denn mein Bauch wird immer noch größer, obwohl ich ständig denke mehr ginge nicht. Manchmal habe ich diese komische Phantasie, dass meine glückliche Schwangerschaft nur ein Traum ist und ich in Wahrheit irgendwo liege und ein Alienbaby eingepflanzt bekommen habe. Wie in einer gruseligen Mischung aus „Matrix“ und „Akte x“ – aber es ist ja auch wirklich merkwürdig, dass dein Bauch sich bewegt und du ein Lebewesen in dir trägst, das schon so groß ist wie einer meiner Hunde.

Verändert Sie denn die Erfahrung auch innerlich?
Sicherlich. Ich merke jetzt schon, dass ich mich selbst nicht mehr so wichtig nehme. Meine eigenen Gedanken und Gefühle nehmen einfach nicht mehr ganz so viel Raum ein wie früher, denn sie drehen sich nun noch um etwas anderes. Es ist wirklich einfacher, glücklich zu sein, wenn sich nicht alles um das eigene Ego dreht. Bis vor kurzem ging es immer nur darum, was ich in dem jeweiligen Moment wollte, wie zum Beispiel beim Rauchen. Ich war wirklich stark nikotinsüchtig, aber ich musste von einem auf den anderen Tag aufhören, denn es durfte plötzlich keine Rolle mehr spielen, dass ich gerne eine Zigarette haben wollte. Das hätte ohne die Schwangerschaft nie geklappt.

Sie haben fast Ihr ganzes Leben gearbeitet, als Model, Schauspielerin, Sängerin. Können Sie jetzt vorstellen, tatsächlich „nur“ Mutter zu sein?
Ach, ich werde immer meine Kreativität ausleben, denn das ist schließlich das einzige, was ich kann. Außerdem denke ich, dass ich die kommenden drei oder vier Jahre mein Baby mit zur Arbeit nehmen kann, zu Dreharbeiten oder auf Reisen. Aber wenn sie dann mit der Schule anfängt, möchte ich wirklich ein wenig kürzer treten und nach Möglichkeit nur noch Jobs in L.A. annehmen.

Wenn Ihre Tochter eines Tages sagt, sie wolle das gleiche machen wie Sie – wie wäre Ihre Reaktion?

Ich wäre begeistert von so einem tollen Kind, denn die meisten wollen doch mit dem Leben ihrer Eltern so wenig wie möglich zu tun haben. Aber wenn die Tochter so werden will wie man selber, dann hat man seinen Job wohl gut gemacht. Auf jeden Fall will ich, dass sie alles machen kann, was sie glücklich werden lässt, und hoffe, ihr alles dafür Nötige mit auf den Weg zu geben. Ohnehin wird sie es sehr viel leichter und privilegierter haben als ich und meine Familie damals. Sie wird nicht nur amerikanische Staatsbürgerin sein, sondern auch eine der am weitesten gereisten Vierjährigen der Welt!

Ihre Mutter ist Russin, ihr Vater Serbe. Welche Rolle spielte und spielt dieser kulturelle Hintergrund für Sie?

Wir sind uns als Familie nach wie vor sehr nah, was sicherlich etwas Osteuropäisches ist. Wenn in Amerika die Kinder ausziehen, dann hat sich das Familienleben oft erledigt und die Eltern werden später irgendwann ins Altersheim gesteckt. Das würde in Russland niemand mit seiner Mutter tun. Vielleicht ist es auch etwas Besonderes, welch große Rolle Bildung und Erziehung spielen. Meine Mutter hat sich immer sehr viel Zeit genommen und mich nicht einfach vor dem Fernseher geparkt. Und nicht zu vergessen das montenegrische Barbecue meines Vaters, das ich bis heute so sehr liebe!

Wo Sie gerade vom Familienleben sprechen: haben Sie und Ihr Freund, der Regisseur Paul W. S. Anderson, denn auch Hochzeitspläne?

Ja, wir wollen nächstes Jahr heiraten. Ein genaues Datum haben wir noch nicht festgesetzt, aber 2008 ist auf jeden Fall anvisiert. Es fühlt sich einfach sehr natürlich und passend an, nun doch noch zu heiraten, denn immerhin werden wir zusammen ein Kind haben. Nicht, dass es unbedingt nötig wäre, aber in unserer Beziehung ist es einfach ein logischer nächster Schritt.

Um doch noch kurz auf Ihren neuen Film zu kommen: was reizte Sie an einem dritten „Resident Evil“-Teil?
Das Drehbuch hat mir auf jeden Fall gefallen, und da lasse ich mir nicht alles gefallen. Für den zweiten Teil hatte ich zum Beispiel das erste Drehbuch abgelehnt, weil mir die Richtung nicht gefiel, in die sich meine Figur entwickelte. Außerdem gefiel mir natürlich die Idee, dass im Laden ein 3-DVD-Boxset von mir steht, schließlich können nicht viele Schauspieler eine solche Filmreihe ihr Eigen nennen. Natürlich wird man dadurch auch ein bisschen in eine bestimmte Schublade gesteckt, aber was soll’s?! Ich bin 31 Jahre alt, da darf ich auch mal in einer Schublade stecken.

Haben Sie auch dieses Mal wieder Ihre Stunts selber gedreht?
Ja, fast alle. Nur die Szenen auf dem Motorrad habe ich nicht selbst gemacht, denn damit will ich nichts zu tun haben. Wenn es um große Maschinen geht, traue ich mir einfach selbst nicht über den Weg. Mein Stuntdouble und ich haben uns auch oft abgewechselt, denn der Film entstand bei über 60 Grad in der mexikanischen Wüste. Nach fünf oder sechs Aufnahmen war ich so fertig, dass ich mir erst einmal Eis auf den Kopf legen musste und sie dann ran durfte. Und das, obwohl ich noch gar nicht schwanger war!

Interview: Patrick Heidmann