Es gibt ja immer wieder Alben, von denen behauptet wird, dass jemand darauf gewartet hätte. Bei Nosliw ist das allerdings ausnahmsweise wirklich mal der Fall. Schließlich wurde er schon 2002 in der Leserbefragung des deutschen Reggae-Magazins Riddim zum Newcomer des Jahres gewählt. Dass er 2003 wieder diesen Titel für sich gewinnen konnte, spricht dafür, dass er endlich sein Album fertig stellen musste. Das Warten hat sich gelohnt: ’Mittendrin’ (Downbeat/Warner) ist eine tolle Scheibe geworden, die auch gute Chancen auf den Titel (deutschsprachiges Reggae-) „Album des Jahres“ hat. Übrigens nicht nur in der nächsten Riddim-Abstimmung!

Die musikalische Karriere von Eric Wilson aka Nosliw (sprich: Nosliff) begann vor gut einem Jahrzehnt mit der Rap-Crew Die Unendlichen Gedichte. Schon früh zeigten Tracks wie „Der Weg“, „Krankengymnastik“ oder „Planetaria“, dass Eric viel Wert auf mehr Inhalt in seinen Texten legte und auf mehr Melodie in seiner Darbietung achtete. Der Schritt zum Reggae war also nur konsequent und fließend. „Ich habe mir natürlich auch mal meine alten Sachen angehört und gemerkt, dass ich schon in meinen Raps sehr viel Singsang eingebaut habe. Richtig gesungen habe ich aber eher nur für mich, da ich gar nicht das Forum dafür hatte. Als ich anfing, mich auszudrücken als Musiker, war Rap halt mein Ding. Die Entwicklung zum Reggae kam dann Stück für Stück, z.B. dadurch, dass ich damals Nattyflo kennen lernte. Schließlich kam es zu dem Kontakt mit ’Rootdown Records’ und Teka, durch den sich die Möglichkeit ergab, einfach musikalischer abzugehen.“

Das Interessante an Nosliw ist aber nicht nur sein sehr eigener Gesangsstil, sondern auch die Erkenntnis, dass er mit Musik was bewegen kann. Natürlich gibt’s auch Liebeslieder wie „Königin“ mit Max Herre, Party-Tracks wie „Alarm“ oder die Aufarbeitung des eigenen Werdegangs in „Begegnungen“ mit Nattyflo, aber eben auch sehr sozialkritische Inhalte. Bei „Manchmal“ verarbeitet er Probleme wie Fremdgehen oder Arbeitslosigkeit. „Es Ist An Der Zeit“ beschäftigt sich mit der Manipulation durch die Medien und den Schwierigkeiten unseres Bildungssystems. In „Geht Es Uns An“ fragt er sich, ob unsere Gesellschaft nicht stärker über Krieg, Armut und Konsum nachdenken sollte. Eine Thematik, die auch die Single „Wie Weit“ noch einmal aufgreift. Im Refrain heißt es: „Wie weit können wir gehen für unser Ego?/ Wie lange wird es dauern, bis nichts mehr geht? Und/ wie vieles muss noch bluten und leiden,/ bis nicht nur Einige die Fehler endlich einsehen?“.

Für Nosliw ist es einfach selbstverständlich, sich für eine bessere Welt zu engagieren. Er findet einfach, dass Reggae die politischste Musik ist. „Außer vielleicht noch Punk, aber da versteht man ja eh nichts. Der Spirit des Rootsreggae ist der Kampf eines unterdrückten Volkes. Ich merke ja auch bei den Leuten, die Reggae hören, dass sie sich mehr Gedanken machen. Bei den Hiphoppern reichte der Horizont meistens nicht weiter als bis zur nächsten Party. Für mich ist Reggae am Besten geeignet, auch Inhalte rüberzubringen, ohne mit der Gitarre auf dem Rathausplatz rumzuschreien. Schöne Musik ist doch die beste Möglichkeit, Zugang zu anderen Menschen zu bekommen.“

Text: Holger Köhler