Am zweiten Festivaltag macht das Melt!-Festival seinem Namen alle Ehre. Die immense Hitze treibt den einen oder anderen Partygänger zeitiger aus dem Zelt, als ihm lieb ist. Da bereits die ersten Acts schon wieder einiges versprachen, schälen wir uns aus unseren Kabuffs und machen uns nach gefühlten zwei Stunden Schlaf auf den Weg zum Festivalgelände. Eines steht zu diesem Zeitpunkt schon fest: Auch der Samstag soll ein verdammt langer Tag werden. 

Nachdem wir bei der Big Wheel Stage bei den minimal-technoiden Klängen von Pawel und RNDM wieder zurück in den typischen Festivalrhythmus gekommen sind, machten wir uns auf dem Weg zur Main Stage, die von ANDREAS DORAU eröffnet wurde. Dieser adrett gekleidete Herr sollte dem einen oder anderen vom NDW-Hit “Fred vom Jupiter” bekannt vorkommen – sein Live-Repertoire bietet kauzigen und sehr tanzbaren Elektropop mit leichtem schlageresken Einfluss, der unter der Schale deutlich mehr zu bieten hat, als man zunächst vermuten mag. Den wenigen Anwesenden gefällt diese Mischung und so wird schon zu vergleichsweise früher Stunde ordentlich gefeiert. Direkt im Anschluss beweisen RETRO STEFSON mit ihrem vielschichtigen Dance-Pop einmal mehr, dass sie eine Festivalband sind, wie sie im Buche steht. Mit sonnigen Rhythmen, guter Laune und vielen Mitmachaktionen gewinnen die Isländer die Herzen des Publikums im Nu und bringen den noch immer recht spärlich gefüllten Platz vor der Mainstage zum Jubeln.


Die Synthie-Popklänge von MONARCHY, die danach auf der überdachten Gemini-Stage spielten, wissen durchaus zu gefallen, können sich jedoch bei dem strahlenden Sonnenschein nicht wirklich entfalten. Nichtsdestotrotz sollte man die vier Maskierten künftig im Auge behalten. Im Anschluss spielt in der Zeltbühne PLANNINGTOROCK mit einer Liveband auf und verzaubert das Publikum mit hypnotisierenden Klängen im Stile von Fever Ray.


Doch leider müssen wir das Zelt noch während des Konzerts verlassen, da sich THE STREETS auf der Main Stage die Ehre geben. Die Informationstafel des Festivalgeländes weist darauf hin, dass es womöglich das letzte Deutschlandkonzert der Band um Mike Skinner sei – dementsprechend war der Platz auch rappelvoll. Nach ein paar energetischen Songs zu Beginn verliert das Konzert mit der Zeit leider ein wenig an Dynamik. Die letzten beiden Tracks, bestehend aus dem Klassiker “Fit But You Know It” und der aktuellen Single “Going Through Hell” sorgen jedoch noch für spürbare Euphorie und sogar einige Circle-Pits – Skinner ist davon sichtlich gerührt.



So schnell wie die Massen zu The Streets angekommen sind, so schnell verflüchtigen sie sich auch nach dem Gig wieder. Schlechte Idee – jeder, der gegangen ist, verpasste ein großartiges Konzert der EDITORS. Hier merkt man, wie ungeheuer groß die Hitdichte der Band nach gerade einmal drei Alben ist – die anderthalb Stunden vergehen wie im Flug, was neben der grandiosen Songauswahl auch an der überragenden Lightshow und einem bestens aufgelegten Tom Smith lag, der von Song zu Song immer euphorischer wurde. Nicht nur die Fans und Kenner kamen so auf ihre Kosten.



Je später der Abend, desto elektronischer die Bands. So wummern DIGITALISM dem Publikum kurz vor zwei ihre satten Beats um die Ohren. Da darf natürlich auch nicht der Song “Two Hearts” fehlen, der zur offiziellen Sommerhymne des Melts auserkoren wurde. Währenddessen legt auf der Beach-Stage, die von den Berliner Techno-Größen Modeselektor kuratiert wird, der Monkeytown-Labelkollege SIRIUSMO auf. Seine energiegeladenen, funky Electro/Techno-Beats sind von eindrucks- und phantasievollen Visualisierungen der Berliner Kunstcrew Pfadfinderei unterlegt, die ihr Übriges tun, um das Publikum in den Bann zu ziehen. Siriusmo selbst legt währenddessen mit seiner typisch-stoischen Gelassenheit auf, ganz anders als Dubstep-DJ Rusko, der kurz zuvor noch an seinem Pult halbe Purzelbäume schlug.


Der letzte Act auf der Main Stage sind die beiden Kanadier CRYSTAL CASTLES, die jedoch auf der großen Bühne ein wenig verloren wirkten. Ein wenig ungünstig gewählt für eine derart intensive Musik und einer charismatischen Sängerin, die geradezu dazu dürstet, so oft wie möglich auf Tuchfühlung mit dem Publikum zu gehen. Passend zu den wuchtigen Bässen sorgt ein Stroboskop-Gewitter für eine kollektive Exstase in den ersten Reihen. Der Drummer, der das Duo dabei live unterstützt, bringt dabei noch eine Menge zusätzlichen Druck.


Und schon ist es auch fast wieder kurz vor Sonnenaufgang. Während Modeselektor als Headliner auf der Beach Stage ein veritables DJ-Set zum Besten geben, legt auf der Gemini-Stage Labelchef von Ed Banger BUSY P ein kurzweiliges Set mit feinstem französischen Elektro auf, der die Massen zum Jubeln bringt. Der Rave-Kanonenschlag PROXY sorgt im Anschluss noch einmal dafür, dass kein Anwesender trockenen Hemdes wieder ins Zelt verschwindet.

Wer danach immer noch nicht genug bekam, kann sich noch ab früh um sieben auf dem Sleepless-Floor breit machen und den Tag technoid beginnen lassen. Da wir jedoch zu diesem Zeitpunkt über 13 Stunden am Tanzen waren, statten wir diesem Floor nur einen kurzen Besuch ab und verschwinden in die Morgenruhe. Manchmal kann so ein Festival schon ganz schön anstrengend sein.

»Hier gehts zum Melt!-Freitag
»Hier gehts zum Melt!-Sonntag

Vom Melt!-Festival berichteten für euch Sebastian Weiss und Danilo Rößger.

Fotos und Text: Danilo Rößger