Von der Autoproduktion zum musikalischen Versammlungsort – das Phono Pop im Alten Opelwerk in Rüsselsheim erstrahlte in buntem Licht und präsentierte in seiner sechsten Ausgabe ein Line-Up, das sich sehen lässt. motor.de war am Freitag für euch mit dabei.
Das Wetter meinte es gut mit dem Phono Pop. Obschon Dauerregen angesagt war, verkrümelten sich am Freitagnachmittag die Wolken über Rüsselsheim nach und nach. Wer die unscheinbaren Tore hinter der erhabenen Statue des Adam Opel erspäht hatte, fand sich alsbald auf dem Festivalgelände wieder: Angenehm klein und doch in keinster Weise beengend zeigte sich die industrielle Hofkulisse des Opel Altwerks im unerwarteter Nachmittagssonne. Zwei Bühnen traf man dort an: Zum einen die Klangkantine, die nach dem gleichnamigen Darmstädter Tonstudio benannt wurde, das sich auch um die Beschallung kümmerte. Nebst dessen gab es natürlich die Hauptbühne, auf der um 19:00 mit den Lokalhelden von Sweets For My Zebra das Spektakel begann.
Ganz gemächlich fanden die Besucher den Weg vom etwas abseits gelegenen Zeltplatz in den charmant kargen Fabrikhof. Der Abend startete etwas plätschernd mit Touchy Mob, der möglicherweise den diesjährigen Festival-Auftritts-Höchstanzahl-Rekord umkämpft. In der Nachfolge brachten die Isländer von Who Knew mit ihrer urpositiven Art und einer überragend freundlichen, publikumsnahen Performance das Ganze ordentlich in Schwung. Den Rest des Abends beschäftigte das überdrehte Power-Pop-Sextett sich damit, auf Kick-Boards über das Festivalgelände zu kurven.
Im Moment der einsetzenden Dunkelheit betraten die Wave-Romantiker von Future Islands die Szene und bescherten in Sekunden Gänsehaut: Mit nahezu beängstigender Intensität wütete Sänger Samuel T. Herring über die der Bühne und übermannte ein gebanntes Publikum mit dem vollen Gefühl ihres Sets.
Einem José Gonzáles vor einer überschaubaren Menge an Köpfen noch tatsächlich ins Gesicht blicken zu können, diese immer seltener werdende Gelegenheit bot sich beim Auftritt von Junip. Gelegentliches Kreischen paarte sich mit wachsender Tanzlust, die vor allem bei den krautrockigeren neuen Stücken des schwedischen Trios ihre Erfüllung fand. Abgerundet wurde das Konzertprogramm vom Sinnbus-Doppel Hundreds und Bodi Bill. Letztere zeigten sich in vom Vogelkostüm bis zur steinernen Verkleidung variierender Hülle. Die beiden Perlen des Berliner Labels schafften mit ihren beatfreudigeren Klängen den tanztechnischen Höhepunkt als auch einen gelungenen Brückenschlag zur Aftershowparty.
Schöner Weise war der Zeitplan überschneidungslos geschichtet, sodass sich motivierte Gäste ein jedes Konzert in voller Länge ansehen konnten. Brauchte man doch einmal eine Pause, luden diverse Büdchen zum Essen ein. Das Catering war liebevoll und individuell, sodass sich neben lokalen Getränken, wie zum Beispiel dem typisch hessischen Apfelwein, kulinarisches aus Afghanistan wie auch Pasta- und Schnapsspezialitäten beim fahrenden Lokal “Goldener Hirsch” im Angebot reihten. Auch die Toiletten auf dem Festival-Gelände boten Grund zur Freude – Spülung, fließend Wasser und wirklich geringer Ekel-Faktor. Und das trotz der tausend Besucher am Abend.
Das Phono Pop ist ein kleines Festival, das sich nebst großem Line-Up mit Attributen wie ‘gemütlich’ und ‘intim’ schmücken darf. Auf das nächste Jahr darf sich auch jetzt schon wieder gefreut werden.
Fotos: Jan Römer
Bericht: Tabea Köbler
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