(Foto: Sony Music)

Genau so stellt sich ein Journalist die perfekten Interviewpartner vor. Witzig, schlagfertig und offen für alles, was man von ihnen wissen will. So sympathisch präsentierten sich MS. Lizzy und MR. Max von der New Yorker Band MS MR vor ihrem Konzert in Berlin. Seit der Veröffentlichung ihres Hits Hurricane im Jahr 2012 ging es für das Musikerduo steil bergauf. Ausverkaufte Konzerthallen, ein Auftritt am Glastonbury Festival und ständige Radio-Präsenz waren die Folge. Wir sprachen mit ihnen über Tumbir-Glitch-Pop, Trolle und wie es ist denselben Frisör wie Björk zu haben.

Lizzy: Ist es ok, wenn ich das noch schnell fertig esse? (macht sich über ein Milky Way her)

motor.de: Ja klar. Kein Problem. Lass es dir schmecken. Vor ein paar Monaten habt ihr in einem Interview gesagt, dass ihr immer noch auf der Suche nach eurem Sound seid. Habt ihr ihn mittlerweile gefunden?

Max: Ähm…

Lizzy: Keine Ahnung. Ich glaube nicht, dass wir unsren Sound jemals nicht gefunden hatten. Haben wir das echt gesagt? (lacht)

Max: Es ist auch nicht wirklich unser Ziel. Wir sind nicht solche Musiker, wie zum Beispiel Adele, die von ihrem ersten Album an sehr genau wusste, wie sie klingen will und die das auch bis heute sehr konsequent durchzieht. Bei uns geht es mehr ums Ausprobieren und Erforschen. Wir wollen uns nicht in eine gewisse Schiene drängen lassen und frei sein, in dem, was wir tun.

motor.de: Steht ihr auf Adele?

Beide: Ja und wie!

Lizzy: Wir sind wahrscheinlich ihr größten Fans. Du nicht?

motor.de: Ähm, nein…nicht wirklich.

Lizzy: Wirklich? Du bist wahrscheinlich der zweite Mensch, den ich treffe, der nicht auf Adele steht. Für mich ist die so: „Wer ist deine Lieblingsband? Also abgesehen von den Beatles und Adele.“ Die ist doch eine dieser Musikerinnen, die man einfach mögen muss, oder?

motor.de: Mhm…leider nicht für mich. Mir ist die einfach zu poppig.

Lizzy: Macht ja nichts. Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.

motor.de: Wie auch immer. Was hat es denn mit deinen Haaren auf sich? Du änderst deine Frisur und Haarfarbe ja schneller, als manche Leute ihre Unterwäsche.

Lizzy: (lacht) Ja stimmt, ich verändere die wirklich sehr oft. Ich wünschte ich könnte dir jetzt so eine tolle Lady-Gaga-Selbstfindungs-Antwort geben, wie „das hängt mit meinem innersten Gemütszustand zusammen“ oder so, aber im Grunde ist es ganz simpel: Ich liebe es einfach bunt. Das betrifft meine Haare, mein Leben, wie auch meinen Kleidungsstil. Ich finde deinen Haarschnitt übrigens toll!

motor.de: Danke, jetzt werde ich gleich rot…Bist du denn so ein immer Freude versprühender Sonnenschein?

Lizzy: Ähm…ja. Ich bin die meiste Zeit ein sehr ausgeglichener Mensch und wenn ich es mal nicht bin, dann ist die Musik meine Zuflucht und mein Weg, um mich abzureagieren.

Max: Und deine Haare.

Lizzy: Ja genau, die natürlich auch. Aber mal ehrlich. Wenn man neue Leute kennen lernt, ist es ja auch immer einfach einen guten, fröhlichen Eindruck zu machen, weil man sich da immer mehr zusammenreißt. Ich würde ja jetzt auch nicht vor dir einen Nervenzusammenbruch kriegen. Ich bin sehr zurückhaltend, wenn es um die tiefsten Abgründe meiner schwarzen schwarzen Seele geht. (lacht)

MS MR – Hurricane on MUZU.TV.

motor.de: Ihr bezeichnet euch selbst als New-York-Band. Was genau zeichnet die denn aus?

Max: Einfach alles, denk ich.

Lizzy: Als Band aus New York reiht man sich in eine endlos lange Reihe von unzähligen jungen Musikern ein, die alle hierher kamen, um ihr Glück zu versuchen. Man wird automatisch zu einem kleinen Teil einer traditionsreichen Musikgeschichte. In dieser Stadt herrscht einfach eine unglaublich inspirierende Atmosphäre und die Musikszene floriert. Die Menschen sind immer offen für Neues, unterstützen und helfen sich gegenseitig. Das ist einfach toll und sehr aufregend.

motor.de: Ist das wirklich so? Da gibt es keinen Neid oder sonstige Feindschaften? Kann ich mir ja kaum vorstellen…

Max: Ja das ist tatsächlich so. Also am Anfang ist es natürlich schon hart und du musst dir deinen Platz in dieser Stadt erst mal erkämpfen und überleben lernen. Aber genau das ist es ja auch, was New York so einzigartig macht. Die Leute, die hierherkommen, wissen, worauf sie sich da einlassen und haben auch den nötigen Antrieb. Für Konkurrenz und Neid gibt es da einfach keinen Platz. Jeder kann hier Musik machen.

motor.de: Wenn man euch auf Wikipedia sucht, sticht einem das Wort „Tumbir-Glitch-Pop“ sofort ins Auge. Was genau ist das?

Lizzy: (lacht) Das war ein schlechter Witz, der uns vermutlich bis an unser Lebensende verfolgen wird. Als wir ganz am Anfang unsere ersten Songs auf Bandcamp stellten, mussten wir das Genre unserer Musik eingeben. Da gab es keinen Weg drum herum. Wir fanden diese Kategorisierung immer schon schrecklich, also erfanden wir einfach unser eigenes Genre. Wir meinten das aber nie ernst. Das sollte einfach etwas selbstironisch sein. Es beschreibt unsre Musik aber nicht wirklich.

Max: Und irgendwie tut es das schon. Das ist kompliziert. (lacht)

Lizzy: Und es ist vor allem krass, wie sehr sich das in die Köpfe der Leute gebrannt hat. Wir müssen sehr sehr viel und oft darüber sprechen. (lacht) Aber wir sind ja selbst schuld daran.

motor.de: Eure Musik wird sehr oft in der Werbung und in TV-serien verwendet. Gibt’s denn etwas wofür ihr eure Musik nicht hergeben würdet?

Max: Was wir definitiv nicht machen würden, sind Werbungen für Autos und Banken.

Lizzy: …und natürlich würden wir unsere Musik nie für diese Reality Show…wie hieß die noch gleich? Ach ja: “Sixteen and pregnant“ hergeben. Spielt es die überhaupt noch? Ich habe wirklich eine tiefe Abneigung gegen diese TV-Show. Aber sonst sind wir für alles offen. (lacht)

MS Mr

(Foto: Sony Music)

motor.de: Ich war vor Kurzem in Island. 70% der Leute da halten es für möglich, dass Trolle und Feen tatsächlich existieren.

Lizzy: (lacht lautstark los) Ist das dein Ernst? Wie cool ist das denn?

motor.de: Ja im Ernst. An was glaubt ihr so?

Max: Ich wünschte ich könnte an Trolle und Feen glauben.

motor.de: Vielleicht muss man dafür in Island leben…

Lizzy: Mag sein. Ich war sogar schon mal in Reykjavik. Da war ich aber noch sehr klein. Ich kann mich leider kaum an was erinnern. Die Stadt soll ja richtig abgehen, was Musik betrifft.

motor.de: Stimmt, da ist echt Einiges los. Das Festival ist auch echt cool.

Max: Da würde ich auch wahnsinnig gerne mal spielen.

Lizzy: Ich auch. Und Björk würde ich auch gern mal treffen. Aber die lebt ja jetzt in New York. Wir haben übrigens die gleiche Friseurin. Cool oder? Ich habe schon mal eine Sache mit ihr gemeinsam. Wollte ich nur mal gesagt haben…(lacht)

motor.de: Aber nochmal zurück zur eigentlichen Frage: Glaubt ihr an etwas bestimmtes?

Max: Nein, eigentlich nicht. Ich bin viel zu realistisch für so was.

Lizzy: Ich glaube an die Macht der Kunst. Ha, wie klingt das?!

Max: Und ich glaube an Kunst und Wissenschaft.

motor.de: Da ist dann aber auch wirklich kein Platz für Trolle.

Lizzy: Nein, das stimmt. Und für Gott vermutlich auch nicht. (lacht)


MS MR – Think of You on MUZU.TV.

motor.de: Was war eure beste und/oder schlechteste Drogenerfahrung?

Max: (lacht) Das sollte wahrscheinlich Lizzy beantworten.

Lizzy: Ach erzähl du mal…(lacht)

Max: Also…wir spielten zwei Shows am Glastonbury Festival und Lizzy wollte vor der ersten Show keine Drogen nehmen, weil sie vor der ersten Show einfach fit sein wollte. Ich dachte mir: Scheiß drauf, das ist dein erstes Mal am Glastonbury, also los. Am ersten Abend gingen wir dann aus und hatten echt eine geile Zeit. Tja, am nächsten Morgen sah das dann leider ganz anders aus. Mir ging es echt noch nie so schlecht in meinem Leben, wie an jenem nächsten Morgen. Ich musste mich die ganze Zeit übergeben und konnte mich kaum bewegen.

Lizzy: Ich hatte echt keine Ahnung, was ich tun sollte. Mann, ich hab echt gelitten. Ich lief ganz hektisch umher und brachte ihm ständig Wasser.

Max: Zehn Minuten bevor wir auf die Bühne mussten, lag ich immer noch in ein Bettlaken gewickelt am Boden. In dem Moment kam auch noch der Tourmanager ins Zimmer und meinte so: Ach ja, übrigens, Prinz Harry ist da! Oh Gott, ich hätte mich am Liebsten im Klo eingesperrt und wäre nie wieder raus gekommen. Aber aus irgendeinem Grund ging es mir dann plötzlich wieder gut und das Konzert lief perfekt.

motor.de: Klingt echt nach einer spannenden Erfahrung. Danke für das offene Gespräch.

Lizzy: Wir danken dir. Hat echt Spaß gemacht!