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Musik like Water

Von dem Ansatz, dass man Musik wie Wasser betrachten könne, hörte ich zuerst in einem Designersessel mit Blick auf die Coté Azur. Er stand in der Lounge des Sunset Marquees wo ich mich während der MIDEM entspannte. In die Lounge kommt, wer entweder so alt ist, dass er schon jahrzehntelang zur MIDEM fährt oder so viel Geld hat, dass er ständig in Los Angeles in dem Hotel wohnt, welches der Lounge den Namen gibt. Damals zahlte Universal noch meine Reisekosten und letzteres war der Fall. Heutzutage bin ich in erster Kategorie der Zutrittsberechtigten angekommen. Das war Gerd Leonhard damals lange schon, als er mit seiner Idee auf mich zukam.

Seine Idee hingegen war neu: Wenn alle Rechtinhaber eine gemeinsame Lizenz erteilen würde, die erlaubt, dass man Musik umsonst und legal aus dem Netz laden kann, dann wäre einerseits der Piraterie der Boden entzogen und man wäre andererseits in der Lage dafür eine Grundgebühr, wie man es vom Wasseranschluss zu Hause kennt, zu fordern.

Instinktiv habe ich mich aus meinem Sessel heraus (aus irgendeinem absurden Grund weiß ich noch, dass es ein roter Sessel war) dagegen gewehrt. Einerseits wollte ich mich entspannen und Gerd offensichtlich diskutieren, andererseits war ich der Vertreter eines Majors und deshalb von Natur aus skeptisch, wenn es um kollektive Modelle ging. Ob der Verteilung der Anteile hatte man sich gerade nicht einigen können, als der damalige Bertelsmann Chef Middelhoff alle Majors risikoentlastet an einem legalen Napster beteiligen wollte. Wie will man dann alle Anbieter zu einer gemeinsamen Lizenz bringen? Zudem in einer Welt in der mein Chef (zuständig für Universal weltweit) noch immer keinen Computer auf seinem Schreibtisch stehen hatte, sich Emails ausdrucken ließ und diese per Diktat beantwortete.

Gerd ließ nicht locker. Wenn ein jeder Internetanschluss in Deutschlands mit einer Mediensteuer in Höhe von 10 Euro im Monat belastet würde, käme jährlich ein Betrag von über zwei Milliarden Euro zusammen, also so viel, wie die ganze Industrie Umsatz machen würde. Aufgeteilt könnte dieser dann gemäß der realen Downloads werden und Tonträger blieben für die Musikfirmen sicher noch lange ein Geschäft, so wie sich auch Mineralwasser in Flachen verkaufen würde, obwohl die Qualität des Wassers aus dem Hahn in unseren Breiten meist mindestens die gleiche sei.

Wackelig wird und wurde dieses Model aber an zwei Punkten: Politisch ist es wie alle neuen Steuern nur bedingt durchsetzbar und es fehlt die Gleichbehandlung anderer, betroffener Branchen. Das Maß in dem Film, Fernsehen aber auch Game-Industrie unter dem selben Phänomenen wie die Musikindustrie zu leiden haben, hängt ausschließlich von Bandbreiten der Nutzern und Entwicklung von Kompressionstechnologien ab. Je besser und größer beides wird, desto vergleichbarer die Situation, die bei “Music like Water” nur für eine einzige Anbieterseite gelöst werden würde.

Nächste Woche lädt die Deutsche Telekom nach Bonn ein um mit ihren Bereichsleitern, dem Manager von Blur/Gorillaz, Gerd Leonhard und anderen genau solche Wege zu diskutieren. Zwischenzeitlich haben sich im Rahmen der Airwaves auf Island Ende September Vertreter aller großen Anbieter (leider noch mit Ausnahme des Marktführers) und der Independents getroffen, um eine kollektive Lizenz zu diskutieren. Der Tagungsort war nicht zufällig gewählt. Island liegt außerhalb der EU (etwas, was man dort erlaubt, hat nicht auch gleich für andere Mitgliedsstaaten eine vermeintliche Gültigkeit), das Land ist ob seiner Bodenschätze wohlhabend und mit 270 Tausend Einwohnern überschaubar. Eigentlich ein idealer Platz für einen Test…

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