Die digital natives sind damit aufgewachsen, Kultur im Internet umsonst konsumieren zu können. Aber man muss kein Technik-Geek sein, um zu merken, dass selbst einfache YouTube Channels, die mit Bettlaken als Hintergrund angefangen haben, inzwischen sichtbare Produktionskosten in vierstelliger Höhe haben und dementsprechend für ihre Arbeit ebenso Geld verdienen wie eine Fernsehserie.

So verwundert es auch wenig, dass die digital natives (18- 39 Jahre in diesem Fall) laut einer Studie bereits vor Corona die Altersklasse waren, die am meisten Geld für Online-Journalismus ausgegeben hat. Doch die Spielregeln für bezahlten Online-Journalismus sind auch recht eindeutig: Wenn du was hinter der sagenumwobenen paywall lesen willst, musst du die Kreditkarte zücken. Ganz anders sieht es im Musikbereich aus. Seit ein paar Jahren versuchen diverse Plattformen auch für Künstler*innen attraktive und vor allem unabhängige Finanzierungsmöglichkeiten zu liefern. Eine der bekanntesten Plattformen ist Patreon, doch selbst Spotify hat in der Krise einen Spenden-Button für Künstler*innen gestartet und wieder andere verkriechen sich auf OnlyFans. Doch wie werden die Modele angenommen und was genau bedeuten sie überhaupt?

Spotify Spenden – Schön subtil und genauso paradox

Prinzip: Künstler*innen können mit dem „Artist Fundraising Pick“ auf ihrer Spotify-Artist- Seite Gelder für sich oder die Organisationen des „Covid-19 Music Relief“-Projekts sammeln

Spenden ist ein schwieriges Wort, sobald es nicht um steuerliche Vorteile geht. Den das Wort bedeutet nicht nur für den Duden vor allem eins: Großzügigkeit. Jetzt kann man darüber streiten, ob es wirklich so großzügig ist, wenn man für die Kultur, die man konsumiert, bezahlt. „Unterstützen“ wäre kein weniger freundliches Wort gewesen und hätte vielleicht dazu geführt, dass mehr Künstler*innen den Button tatsächlich für sich verwenden. Denn zugeben, dass man auf Spenden angewiesen ist, wollen die meisten Künstler*innen nicht. Auch die Band KYTES hat viel darüber diskutiert bevor sie sich dazu entschieden haben den Button zu verwenden. Timothy von KYTES erklärt dazu:

„Klar, Spenden sind ein umstrittenes und sehr sensibles Thema. Auf der einen Seite finden wir, dass zum Beispiel “Ärzte ohne Grenzen” oder Projekte für sauberes Trinkwasser viel viel viel wichtiger sind als wir. Es gibt ganz viele Projekte, die wichtiger sind als wir. Trotzdem darf jeder Mensch selbst entscheiden, für was sie oder er spenden will und für was Geld ausgegeben wird.“

Der entscheidende Punkt für KYTES den Button in ihr Profil einzufügen war letzten Endes die Optik und wie gut er sich ins Thema eingliedert:

„Es wird einigermaßen diskret und unscheinbar drauf hingewiesen, dass man spenden kann und es springt einem nicht direkt blinkend ins Gesicht. Wir wollen keine extra Werbung dafür machen a la ‘Hey Leute, hier ist unsere PayPal-Adresse – unterstützt uns bitte alle.’“

In den Medien wurde der Button dennoch oft als makaber beschrieben: Es ist schließlich etwas paradaox, wenn die Plattform, die mit ihrem Künstler*innen-feindlichen Geschäftsmodell maßgeblich an der finanziellen Lage von Künstler*innen (vor Corona) beteiligt ist, sich nun als Wohltäter mit Spenden-Button verkleidet. Timothy findet die Debatte an dem Punkt unnötig verschoben –  die Kritik am Verteilungsschlüssel der Streamingdienste ist ein wichtiges, aber nun mal anderes Thema.

Kommen wir zur entscheidenden Frage: Spendet den überhaupt irgendjemand was? KYTES hat bis dato gute Erfahrungen mit dem Button gemacht, denn in ganz unterschiedlichem Umfang wollen Menschen die Band, deren Tour inzwischen zum dritten Mal verschoben wurde, unterstützten.

Only Fans – Mehr Mythos als PR

Prinzip: User*innen können ihren Content (meistens pornografischer Art) hinter einer Bezahlschranke posten, wie viel es kostet bestimmen sie selbst

Das Konzept der Plattform Only Fans, die 2016 gegründet wurde, entspricht wahrscheinlich am ehesten dem des klassischen Online-Journalismus. Große Wellen schlug Only Fans jedoch erst als letztes Jahr Prominente, darunter Ex-Disney-Sternchen Bella Thorne, anfingen die Plattform zu nutzen und gigantische Geldbeträge in kürzester Zeit erwirtschafteten (im Falle Thornes: 1 Millionen US-Dollar in 24 Stunden). Begleitet wird Only Fans immer von der Debatte, ob die Seite, die primär von Frauen mit Content gefüllt wird, nun feministisch sei oder nicht. Auf der einen Seite bestimmen die Frauen selbst was sie posten, auf der anderen Seite landen die Inhalte oft im Darkweb. In der Musikbranche wird die Plattform, jedoch meist eher wie Patreon verwendet – sprich exklusiv, aber eher wenig explizit (bzw. eben nicht expliziter wie jemand wie Cardi B sowieso schon auf allen Plattformen ist). Seit kurzem ist auch Nura als eine der wenigen deutschen Rapperinnen auf Only Fans.

Eines der Hauptprobleme der Plattform ist, dass man bereits auf einer anderen Plattform eine Fanbase haben muss, damit Menschen die eigene Only Fans Seite überhaupt finden können. Doch vielleicht befeuert dies auch die Zahlungsbereitschaft, schließlich klingt die Website mit all den Mythen um sie immer stets wie ein einziges großes Clickbait – und auf die drückt man ja auch immer, auch wenn man es eigentlich besser weiß.

Patreon – noch mehr Arbeit, aber wenigstens bezahlt

Prinzip: Verschiedene Bezahlmodelle (z.B. auf Veröffentlichungen basierend oder monatlich) erlauben es Menschen („Patrons“ genannt) ihre Lieblings-Künstler*innen im Gegenzug für exklusiven Content finanziell zu unterstützen

Jack Conte war auf der Suche nach einer Plattform, um mit seinen YouTube Videos Geld zu verdienen. Er fand nichts. Als Konsequenz gründete er gemeinsam mit Sam Yam 2013 einfach seine eigene Plattform: Patreon -eine Seite, die nicht weniger will als einen „Wandel in der Wertschätzung von Kreativität” hervorrufen. Während der Corona Pandemie nahm die Zahl der Patreons als auch der Creator massiv zu, so stieß auch die Berliner Künstlerin Brenda Blitz letztes Jahres auf Patreon. Brenda erzählt, dass sie das Konzept hinter Patreon besonders in der momentanen Pandemie Zeit, wo Kultur nach außen hin nur bedingt erlebbar gemacht werden kann, unterstützenswert findet. Auf ihrem eigenen Patreon Kanal findet man nicht nur exklusive Songs oder Texte wie bei anderen Künstler*innen, sondern auch nützliche Videos zum Einstieg in das Musiker*innen-Leben (z.B. Songwriting- und Musikproduktionstipps oder wie man nachhaltigen Merch produziert). Brenda erzählt wie es zu diesem Content kam:

„Meiner Meinung nach hat Kunst, grob gesagt, zwei Missionen: 1.Du musst sie genießen können oder 2. Sie soll zum Denken anregen. Doch um für mich selbst mein Patreon Creator Account rechtfertigen zu können, wollte ich den Leuten noch einen Nutzen geben.“

Doch auch hier gibt es das Problem, das organischen Wachsen auf Patreon selbst quasi nur durch andere Plattformen möglich ist. Dennoch würde Brenda Patreon weiterempfehlen und um Wachstum zu befeuern, schwört sie auf Kontinuität und Abwechslung beim Posten.

Und wie verdient man jetzt am Besten Geld?

Die drei Plattformen sind grundverschieden in ihrer Intention. Spotify Spenden ist unauffällig nebenher verdientes Geld, wohingegen bei Patreon und Only Fans extra Arbeit reingesteckt werden muss, da jede Spende eine Form von Gegenleistung erwartet. Am Ende kommt es auf die individuelle Motivation an und genauso wie beim offline Geld verdienen wird man spätestens beim Erstellen des Accounts depremiert merken wie gut oder schlecht man den nun wirklich vernetzt ist.


Brenda Blitz findet ihr auf Patreon hier und auf Instagram hier.

KYTES Spotify versteckt sich hier und ihr Instagram hier.

Das Artikelbild ist von Hannah Bielecki.