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Hochkarätig

Eine Band, die sich nach einem Charakter aus der ‚Karate Kid’-Reihe benennt, erntet nicht nur im Vorfeld bereits unmittelbaren Sympathiebonus, sondern setzt die Erwartungshaltungs-Vorzeichen auf weise asiatische Ruhe und Gelassenheit. Doch die Münsteraner Indie-Idealisten haben weit mehr zu bieten.

Denn musikalisch schlagen die Jungs – dem Namensstiftenden Lehrmeister nicht unähnlich – gleich unzählige stilistische Fliegen mit einer Klappe, beziehungsweise zwei Essstäbchen.
Ursprünglich 2004 als instrumentales Dreigestirn von Stefan (Gesang/Drums), Felix (Gitarre) und Alex (Bass) gegründet und erst in Folge um Daniel (Drums/Gesang) und Gitarrist Jörn im Jahre 2007 komplettiert, wartet die somit vervollständigte Band auf ihrer ersten EP mit extravagantem Eklektizismus auf, der bereits zu so weit reichenden Vergleichen mit aktuellen Indie-Instanzen vom Schlage Art Brut, The Rapture oder gar den Strokes reichen. Doch selbst das alles greift noch zu kurz, wenn man sich anhört wie Myagi Versatzstücke aus Pop, Punk und einem Hauch Hardcore bis hin zu Disco, Jazz und Twang-Gitarren zu einem versatilen tanzbaren wie stets eingängigem, eigenem und eigenen Mix verrühren.

Allein schon der sich in Lokalkreisen sowie auf der MySpace-Seite der Band zum veritablen Hit gemauserte Opener ‚Whatever 2.0′. Ein von flirrender Leichtfüßigkeit getragenes Gitarrenmotiv gleitet ins Ohr und will nicht mehr heraus, während Stefan am Gesang zwischen einem cool lakonischen Lamento à la Jimmy Pop Ali und der flehentlichen Innbrünstigkeit eines Jarvis Cockers changiert. ‚How To Do It’ schlägt darauf folgend schon wieder einen ganz anderen Weg ein und zeigt trotzdem wie es gemacht wird: Hier springt der Funk-Funke über und man fühlt sich ein wenig an eine Kollision zwischen schwülem Laxploitation-Soundtrack und den Kaiser Chiefs erinnert. Spannende Sache, nicht nur wenn es in der Indie-Disco demnächst mal wieder ‚Damenwahl!’ heißt. Mit ‚Bad Penny’ geht es dann gar von der Country-Western-Gitarre ins Reggae-Refugium, bevor ein Kenner-Chorus zu Ehren von Robert Smith und The Cure gereicht wird. Glaubt man danach gerade die grundlegenden Pop-Parameter Myagis in vollständig abgesteckt zu haben, schlagen die Jungs einem mit ‚Hoidays On Okinawa’ schon wieder ein Schnäppchen und zudem gleichsam die erneute referenzielle Brücke zu ‚Karate Kid’, fernöstlichen Weisen sowie ihren erwähnten Instrumental-Trio Anfängen. Das Schlusslicht dieser variationsreichen Fünfer-Pack-Vorstellung ‚Misery / Battery’ trumpft zu guter Letzt dann noch mit explosiver Gitarrenhärte und Tanzbarkeit im dynamischen Wechselbad auf. So könnte es vielleicht klingen, wenn System Of A Down zur Bloc Party geladen würden. Abgefahren. Apropos Party. Live geben Myagi übrigens mit zwei Schlagzeugen den Takt und sowie im stimmlichen Wechsel zwischen Stefan und seinem Cousin Daniel den Ton an. Nicht, dass sie solche Gimmicks bei so einem EP-Debüt nötig hätten. Schaden tut es allerdings ja auch nicht, denn mit zwei Schiessbuden und solchen Treffer-Tracks ist auf jeden Fall für ein knalliges Hit-Feuerwerk gesorgt.
Jedenfalls kann man sich jetzt schon Mal auf den kommenden Herbst freuen. Für dann haben Myagi nämlich ihren ersten vollwertigen Langspieler angekündigt. Garantiert mit noch viel mehr m(y)agischen Momenten und Songs. Schlag auf Schlag.

Frank Thießies

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