Seit einem halben Jahr auf Tour und immer noch nicht müde: Muff Potter-Sänger Nagel schnappt sich seine Kumpels für eine gemeinsame Lesereise durch Deutschland. Wir sprachen mit dem sympathischen Wahlberliner über lyrische Ambitionen, schlechte Bands und biergetränkte Abende.

„Nagel Mit Köpfen“ nennt sich deine gemeinsame Lesereise mit Thees Uhlmann und Hilmar Bender. Sie beendet ein sehr erfolgreiches Jahr für Muff Potter und dich – langsam hättest du dir eine Pause verdient!
Nagel: Klar, runterkommen kann man bei so was nicht. Vor allem bei so einem fulminanten Package, um es mal in Festivalsprache zu sagen. Ich habe allerdings schon mehrere Lesetouren gemacht und entdeckt, dass es eine schöne Ergänzung zu Muff Potter ist. Zwar gibt es viele Gemeinsamkeiten, aber auch einige Unterschiede: Man muss sich mehr als bei einem Rockkonzert auf die Mitlesenden bzw. das Publikum einstellen und besitzt deswegen Raum zum Improvisieren.

Dein Begleiter Thees Uhlmann war im letzten Herbst mit einer solchen Tour unterwegs. Wie kam es dazu, dass er dich unterstützt?

Nagel: Thees, Hilmar und ich sind gut befreundet und wir dachten uns: Warum nicht mal zu dritt das Ding durchziehen? Kann ein ganz schönes Mayhem auf der Bühne ergeben. Da stehe ich drauf!

Gibt es überhaupt einen genauen Ablaufplan oder bestimmt der Zufall die Setlist?

Nagel: Das weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Auf jeden Fall gibt es Gelesenes aus unseren Büchern, ein paar Lieder auf verstimmten Akustikgitarren, blödsinnige Dias mit noch blödsinnigeren Kommentaren – und bestimmt einen guten Anteil Freestyle!

Kann man da als Chef der Lesereise überhaupt etwas Konkretes von den Abenden erwarten?

Nagel: Ich habe im Februar meinen ersten Roman mit dem Titel “Wo die wilden Maden graben” herausgebracht und gebe dazu eben Lesungen. Je spontaner und wilder, desto besser. Deswegen gehe ich gerne mit wechselnden Lesepartnern auf Tour; bisher waren das u.a. Aaron Cometbus, Lee Hollis, Oliver Uschmann oder Linus Volkmann. Man sitzt da zusammen auf der Bühne, wechselt sich ab, spielt sich die Bälle zu, pöbelt sich an oder sonst was. Außerdem kann man beim Lesen vielmehr saufen als beim Gitarrespielen.

Was halten die anderen in der Band von der Tour? Eigentlich müssen die sich doch an den Kopf fassen: Da tourt ihr euch seit Mitte Mai den Arsch ab und du setzt noch einen oben drauf!
Nagel: Ich glaube, denen gefällt das – sie saßen schon ein paar Mal in der ersten Reihe und hatten großen Spaß.

Die Kritiken zum aktuellen Muff Potter-Album „Steady Fremdkörper“ waren außerordentlich gut. Viele hoben vor allem das Lyrische hervor – war dies ein doppelter Anreiz die Lesungen zu unternehmen?

Nagel: Damit hat das nicht unbedingt zu tun. Aber schon mit meiner Selbstwahrnehmung als Autor: Egal ob es um Qualität, Stil, Humor oder Wortwitz geht – die Motivation ist bei einem Muff Potter-Text im Prinzip wie bei einem Artikel oder Roman.

Würdest du dich als Lyriker beschreiben? Ich frage das, weil viele in Musikern wie Jochen Distelmeyer oder Dirk von Lowtzow eine Art Poet sehen!

Nagel: Poet klingt gut, das nehme ich! Mal im Ernst, beschreiben sollen mich gerne andere, denn wenn ich mich zu sehr mit solchen Fragen beschäftige, lenkt es mich von dem ab, was ich eigentlich tun müsste.

Es ist verwunderlich, dass deine Texte inzwischen als verkopft wahrgenommen werden! Liegt das alleine daran, dass Bands wie Silbermond mit ihrer Gebrauchslyrik deutschsprachige Musik auf erschreckend niedrigem Niveau halten?
Nagel:
Natürlich ist das immer relativ zu betrachten. Im Vergleich zu vielen anderen nicht nur deutschsprachigen Texten, können die von Muff Potter manchmal “intellektuell” wirken – ich empfinde diesen Begriff aber keineswegs als negativ! Ist doch gut, seinen Kopf zu benutzen, wenn man schreibt. (überlegt) Andererseits ist mir eine gewisse Ursprünglichkeit und Spontaneität schon wichtig. Man sollte eben aufpassen, dass man nichts unnötig aufbläht. Oft ist die erste Idee die Beste.

Stimmt und wurde von Nagel, als auch von Muff Potter unlängst bewiesen. Wenn es mit Thees Uhlmann und Hilmar Bender nur halb so gut läuft, können wir uns auf unvergessliche Abende einstellen, ganz sicher!

Text + Interview: Marcus Willfroth

28.11.2007 Hannover – Chéz Heinz
29.11.2007 Osnabrück – Rosenhof
30.11.2007 Regensburg – Suite15
01.12.2007 Karlsruhe – Substage
02.12.2007 Zürich, Riffraff
03.12.2007 Mainz – Frankfurter Hof
05.12.2007 Berlin – Festsaal Kreuzberg
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„Nagel mit Köpfen“ auf Tour: