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Categories: Kinokolumne

Nicht nur Bruce Willis hat mit dem Internet zu kämpfen

Ob „Rocky Balboa“ im vergangenen Winter oder der neue „Indiana Jones“ kommenden Sommer – wenn alternde Hollywoodstars gegen das Karrieretief kämpfen, dann greifen sie momentan gerne auf altgediente Actionrollen zurück um sich noch ein letztes zu längst vergangenem Heldentum aufzuschwingen. Auch Bruce Willis greift aktuell nach diesem mutmaßlich letzten Strohhalm und gibt 19 Jahre nach dem ersten und 12 nach dem dritten ein weiteres Mal John McClane.

Schade ist allerdings, dass dem alten Mann wohl niemand mehr so recht etwas zugetraut hat. Denn auf den wortkargen Willis im Unterhemd will sich allein in „Stirb langsam 4.0“ niemand mehr verlassen. Hatte man Angst, dass der jugendliche Kinozuschauer von heute nicht mehr weiß, was das glatzköpfige Raubein alles drauf hat? Oder befürchtete man, McClane könnte in der Welt von heute einfach auf verlorenem Posten stehen? Jedenfalls hat er den gesamten Film über einen jungen Kerl (Justin Long) an seiner Seite, der flotte Sprüche reißen kann und sich vor allem bestens mit dem Internet und jeglicher Technik auskennt. Auch der Bösewicht (Timothy Olyphant) treibt sein Unwesen vor allem online und will die USA per Computer lahmlegen – für alles Handfeste ist seine asiatische Handlangerin zuständig, die selbstverständlich allerlei Martial Arts-Künste beherrscht.
Vor allem aber begnügt sich „Stirb langsam 4.0“ nicht damit, handfeste und glaubwürdige Action zu präsentieren, wie sie den ersten Teil zum Meilenstein werden ließ. Stattdessen wird im effekthascherischen Wettrüsten dieses Kinosommers immer noch einer draufgesetzt, bis es am Ende zum Zweikampf LKW gegen Kampfjet kommt und Herr Willis samt seiner Legende längst der Albernheit anheim gegeben wurde. Schade eigentlich, denn verglichen mit anderen Frührentnern ist er noch mehr als rüstig.

Zu glauben, nur solche aufgewärmten Geschichten aus den Achtzigern würden im modernen Kino zu Enttäuschungen führen, ist allerdings auch wieder ein Irrglauben. Manchmal kann man auch mit brandneuem Material schwer daneben liegen, wie in dieser Woche auch „Glück im Spiel“ beweist. Wobei brandneu wohl auch das falsche Wort ist, denn das Drama ist zwar keine Art von Remake, sollte aber ursprünglich schon vor zwei Jahren das erste Mal ins Kino kommen. Dann hat Regisseur Curtis Hanson (der immerhin tolle Milieustudien wie „8 Mile“ oder „L.A. Confidential“ inszeniert hat) wohl noch ein wenig dran herumgeschnitten, aber viel genutzt hat es nicht. Die Geschichte über zwischenmenschliche Komplikationen im der Poker-Welt von Las Vegas ist einfach ziemlich langweilig. Und dass Eric Bana und Drew Barrymore zwar sehr sympathisch sind, aber als Paar keinerlei Chemie haben, ist auch nicht wirklich hilfreich.

Sehr viel überzeugender kommt da schon die zarte Literaturverfilmung „Die Töchter des chinesischen Gärtners“ daher. Und fast würde es einen nicht wundern, wenn selbst der ein oder andere Bruce Willis-Fan Gefallen finden könnte an dem Film von Sijie Dai. Denn immerhin verlieben sich hier zwei junge Frauen in einander, knutschen unterm Wasserfall und müssen im kommunistischen China um ihre Liebe bangen. Dass der bildschöne Film trotzdem weniger mit Softsex-Phantasien als mit gesellschaftspolitischen Konflikten und poetischen Gefühlen zu tun hat, muss man dem Macho-Proll im Kinosessel neben an ja nicht verraten.

Am festesten in der Realität verankert ist in dieser Woche trotzdem ein anderer Film, natürlich mal wieder eine Dokumentation. Und siehe da: ähnlich wie in „Stirb langsam 4.0“ ist auch in „Trader’s Dreams“ das Internet als Hort großer Gefahren und modernster Träume gleichzeitig präsent. Protagonisten sind nämlich Menschen auf der ganzen Welt, die durch Ebay versuchen wollen, ihre Existenz zu sichern, mit thüringischem Dosenfleisch, irischen Wollpullis oder seltenen Münzen. Dass sich im virtuellen Kaufhaus verschrobene Illusionisten ebenso tummeln wie knallharte Geschäftsmänner haben wir immer schon geahnt. Nun haben wir den Beweis – und Bruce Willis noch eine berufliche Alternative, falls es einen fünften „Stirb langsam“ doch nicht mehr geben wird.

Text: Patrick Heidmann

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