“Die miesen Gefühle hörten irgendwann auf”, erklärt Nicolai Dunger und findet mit seinem neuen Album “Play” fünf Jahre nach dem Tod seiner Mutter zurück zum Glück.
Zuletzt war die Verwirrung groß, weil niemand es nachvollziehen konnte. Da lieferte Nicolai Dunger im Jahre 2004 mit “Here’s My Song, You Can Have It, I Don’t Want It Anymore” die Songwriter-Platte des Jahres ab, nur um anschließend gegen alle Karriereregeln zu verstoßen und Alben in seiner schwedischen Muttersprache aufzunehmen. “Es ging mir nicht gut und der einzige Weg aus der Misere waren traditionelle Lieder, die mich dorthin zurückführten wo alles begann”, erinnert er sich und schafft es inzwischen die Ursache beim Namen zu nennen. Im motor.de-Interview spricht er über den Verlust seiner Mutter und die Einsamkeit danach.
motor.de: Dein neues Album “Play” wurde in Schweden bereits veröffentlicht und bekam hervorragende Kritiken – eine Genugtuung, nachdem die letzten Longplayer eher schlecht wegkamen?
Nicolai Dunger: Die Songs wären ohne die Platten zuvor nicht möglich gewesen. Ich brauchte diesen Input, um zu mir selbst zu finden. Was nicht esoterisch gemeint ist, sondern sich auf mein Songwriting bezieht, das schon immer stark von persönlichen Erlebnissen geprägt war und zuletzt eine heftige Blockade erfuhr.
motor.de: In einem jüngeren Interview nennst du als Grund den Tod deiner Mutter und bedauerst, nicht früher darauf reagiert zu haben.
Nicolai Dunger: Ich versuchte lange Zeit eine Trennlinie zwischen dem Sänger Nicolai Dunger und dem Privatmenschen zu ziehen. Was leider nicht funktionierte und als ich zwei Jahre nach dem Release von “Here’s My Song…” endgültig daran scheiterte, mussten neue Wege her: “Rösten Och Herren” war zwar ein ungewöhnliches Release, mir persönlich aber sehr wichtig, weil es ausschließlich Songs enthielt, die meine Mutter mir früher vorgesungen hat.
motor.de: Was nun auch wieder drei Jahre zurückliegt und den Eindruck entstehen lässt, dass es im Anschluss kein Selbstläufer war “Play” aufzunehmen – selbst wenn die Platte so klingt!
Nicolai Dunger: Es dauerte lange bis mir klar wurde, was ich will. Bei einer Freundin in Irland hatte ich zum ersten Mal das Gefühl Demos aufzunehmen, die auf einem Album landen könnten. Der Ortswechsel war also hilfreich und doch haben die Geschichten auf “Play” nichts mit Irland, sondern mit mir und meinem Leben zu tun.
motor.de: Wie kam das Duett mit Cardigans-Sängerin Nina Persson zustande? War es ihre Idee beim sehr persönlichen “Tears In A Childs Eye” mitzuwirken?
Nicolai Dunger: Da ich beim letzten A Camp-Album eine Menge in Sachen Arrangements getan hatte, wollte sie sich revanchieren und wählte dieses Stück aus. Ich bin sehr froh darüber, denn “Tears In A Childs Eye” dreht sich um meine Mutter und gewinnt durch ihren Beitrag eine ganz neue Facette. Es wirkt nicht länger düster, eher aufmunternd.
Genau darum ging es Nicolai Dunger in den vergangenen Jahren und angesichts seiner aktuellen Verfassung – sowohl musikalisch als auch privat – scheint das Projekt Vergangenheitsbewältigung geklappt zu haben. Verglichen mit dem düsteren Meisterwerk “Here’s My Song, You Can Have It, I Don’t Want It Anymore” ist “Play” vielleicht die schwächere Platte und doch der einzige Weg aus der Sackgasse. Daran anzuschließen wird ihm leichter fallen: “Es ist mir noch nicht möglich über weitere Projekte zu sprechen”, erzählt Dunger und versichert, dass die kommende Tour mit seiner Band beim Findungsprozeß helfen wird. “Ich freue mich bald wieder als Songwriter tätig zu sein.”
So endet ein Kapitel im Leben von Nicolai Dunger, das ihn lange Zeit blockierte. “Play” verrät es bereits im Titel: Von Verlust und Einsamkeit müssen nun wieder andere singen.
Marcus Willfroth
Vö: 19.3.10
Label: Fargo/Naive
Tracklist:
01. Heart And Soul
02. Crazy Train
03. Tears In A Childs Eye
04. Can You
05. When Your Work Is Done
06. Time Left To Spend
07. Razzia
08. Entitled To Play
09. The Girl With The Woolen Eyes
10. Many Years Have Passed
Nicolai Dunger auf Tour:
12.4.10 Köln – Gebäude 9
13.4.10 Hamburg – Molotov
14.4.10 Berlin – Magnet Club
No Comment