Wer sich fragt, was eine digitalisierte Generation mit den ihr gegebenen Möglichkeiten der Kulturgestaltung anstellt, der sollte sich die Szene rund um das Berliner Kollektiv Live from Earth dringen genauer ansehen.
Live From Earth ist Label, Kollektiv und Gang – vor allem, ist Live from Earth aber das, wovon ihr damals nur geträumt habt: Eine waschechte (Jugend)bewegung – und das ohne feste Regeln, außer vielleicht, dass man diese immer wieder auf’s neue überschreitet. LFE, das steht für ständige Bewegung – Formate, Rituale und Genre-Grenzen spielen keine Rolle. Alles ist erlaubt und doch erlaubt man sich eine klare Haltung. Die hedonistische Attitude kratzt nicht selten an den Grenzen des morbiden, ist jung und verbraucht – und dabei eben doch voller Tatendrang. Die visuellen Codes erinnern an Postinternet-Ästhetik oder Vaporwave.
Inhaltlich geht es nicht selten um ähnliche Themen: post-digital und doch fully connected kommen die Künstler Live from Earth um uns von ihrem Leben zu erzählen – oder über “Kunst als Material gewordener Veränderungswille, irgendwo zwischen Schlauheit, Dummheit und Käse” (IGIT’s World – by LFE) – und die gibt es meistens umsonst, denn signings lehnen die meisten LFE Künstler ab und bringen ihre Songs lieber auf Bandcamp, Soundcloud und YouTube unter die Leute.
Offline und online verschwimmen.
Vor allem aber schaffen es Live from Earth, mittels ihrer Ästhetik der digitalen Unmittelbarkeit – ob durch die eher roughen, dokumentarisch anmutenden Musikvideos, die Instagram Kanäle der Künstler, oder – ganz wichtig: Durch ihre Snapchat stories (die von Yung Hurn ist hier besonders empfehlenswert!!) – ihrem Auftreten einen analogen Geist einzuimpfen, der sich durch die Mittel der Digitalität nicht nur erweitert, sondern sogar potenziert.
Eine Fankultur entsteht, die weit über das klassische Groupietum hinaus geht: Man tritt als Crew auf, als Freunde, als Gemeinschaft. Die Bühne ist beim Auftakt Konzert der “OFFLINE” Tour dabei genau so voll, wie das ausverkaufte Lido und neben MC Bomber, Ufo361 und Yung Hurn stehen nicht nur weitere, großartige Künstler, sondern auch die Girls von SXTN, Rooz Lee (Hiphop.de) und natürlich wir – eure Lieblingsredakteure von motor.de auf der Bühne.
Warum? Das wissen wir alle nicht so genau, allerdings scheint es niemanden zu stören und bis auf dass es brechend heiß ist, haben alle ziemlich viel Spaß. Das Konzert mutet eher an wie ein riesiges Szenetreffen, bei dem alles erlaubt und alles gewollt ist: So wird ein befreundeter Redakteur, der am Vortag mit Yung Hurn abgehangen hatte, schon vor der Tür angesprochen:
“Ey du warst doch gestern auf Julians Snapchat!”
Es werden Fotos und Selfies ohne Ende gemacht, aber immer mit diesem gewissen Bewusstsein der Unmittelbarkeit. Alle kennen sich – vermeintlich.
Offline und online verschwimmen.
Fans aus der ersten Reihe winken mir zu, als ich auf dem Nachhauseweg bin. Online bin ich jetzt mit einigen befreundet. Wir können das auch sein, denn motor.de gehört seinen Lesern, so wie die live bemalten, verschwitzten weißen Shirts nun den Kids aus der ersten Reihe. Mein Redaktionsprofil und Yung Hurn findet ihr hier:
[…] der Liebe abgesagt. Das hängt wahrscheinlich mit dem Austreten vom Künstler Rin aus der Live From Earth Crew zusammen. Zum Glück gab es aber zeitgleich die gute Nachricht, dass eine neue EP namens Tokyo […]
[…] Werbung, Corporate Designs oder die beinahe niedlich wirkenden digitalen Grafiken der 90er Jahre. Digitale Pubertät wird gelebt und zu einer Kunstform perfektioniert, die es mit dem DIS Mag im Establishment dann bis […]