Ok Go über ihre Musikvideos, ihren Weggang von EMI und die Zukunft mit ihrem neuen eigenen Label.

v.l.: Tim Nordwind, Dan Konopka, Andy Ross, Damian Kulash

Als die Laufband-Band gingen Ok Go in die Geschichte ein und legten auch konsequent einzigartige Clips nach. Kurz nach der Veröffentlichung ihres aktuellen Albums “Of The Blue Colour Of The Sky” trennten sich die Indierocker von ihrer Plattenfirma EMI. Der Grund? Ihnen wurde das verwehrt, was sie einst berühmt machte: EMI verhinderte das Spreaden und beliebige Einbetten ihrer Musikvideos auf privaten Homepages oder Blogs (motor.de berichtete). Daraufhin beschlossen die vier ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und gründeten das Label Paracadute. motor.de konnte durch Basser Tim Nordwind Hintergründe über ihren Bruch mit EMI erfahren und einmal hinter die Kulissen der spektakulären Videodrehs schauen.

motor.de: Wieder einmal habt ihr es geschafft mit einem Video, die Blicke auf euch zu ziehen. Wer hat denn die ganzen Einfälle für diese Clips?

Tim:
Die Ideen kommen von überall her. Im Fall von „This Too Shall Pass“ wurden wir von der japanischen Fernseh-Show „Pythagoras Switch“ inspiriert. Es ist eine Show für Kinder. Sie beginnt immer mit einer kleinen Rube-Goldberg-Maschine. Uns gefiel diese Sendung. Wir waren richtig scharf darauf, selbst sowas zu bauen. Daraufhin fingen wir an das Video recht groß zu planen. Wir wollten, dass das Ganze dann so aussieht, als würde die Maschine zur Musik tanzen. Glücklicherweise fanden wir dann eine echt gute Gruppe an Wissenschaftlern von „Syyn Labs“, die dann die ganzen Maschinen entwickelten.

motor.de: Wie könnt ihr euch das leisten? Es muss doch sowohl zeitlich als auch finanziell sehr aufwändig sein oder?

Tim: Ja, das ist richtig. Für das komplette Projekt mit der Rube-Goldberg-Maschine benötigten wir ca. sechs Monate. Von der Konzeption über das Bauen bis zum eigentlichen Videodreh. Zwei Monate wurde geplant und dann waren die Wissenschaftler ungefähr vier Monate in der Lagerhalle beschäftigt. Bei vielem waren wir auch mit dabei. Finanziert wurde das ganze von der amerikanischen Versicherungsgesellschaft „Statefarm“. Somit war es also nicht so teuer, wie es hätte sein müssen. Hinzu kam, dass glücklicherweise uns alle Arbeiter und die bestimmt 30 Wissenschaftler ihre Zeit schenkten. Sie kamen meist nach ihrer eigentlichen Arbeit und werkelten in ihrer Freizeit die Nacht durch. Insgesamt war es also doch recht billig, da alle daran für umsonst arbeiteten.



motor.de: Eure Musikvideos sind mit ein Grund, warum ihr euch von eurem langjährigen musikalischem Elternhaus EMI getrennt habt. Wie lief das ab?

Tim: Unser Weggang von EMI war sehr freundschaftlich. Sie waren immer sehr nett zu uns. Wir hatten bemerkt, dass wir Sachen anders machen würden, als es im normalen Modell der Plattenfirma üblich war. Und das, glaube ich, merkte sowohl die Band als auch das Label. Beide Seiten sahen es schließlich ein und nun war die Zeit reif, sich zu verabschieden, um neue Wege zu gehen.

motor.de: Ihr hattet also keinen wirklichen Streit mit EMI.

Tim: Nein, es gab eigentlich überhaupt keinen Streit. Wir sind seit elf Jahren eine Band, unterschrieben vor acht Jahren bei EMI und waren seitdem Teil davon. Wir waren der Meinung, dass es nicht mehr möglich ist, unseren Weg weiter über den traditionellen eines Majorlabels zu gehen. Wir passten einfach nicht mehr zu EMI. Und dann war es an der Zeit andere Wege einzuschlagen und wir fahren besser damit, wenn wir alles selber in die Hand nehmen.

motor. de: Euer neues Album „Of The Colour Of The Blue Sky“ wurde ja noch von EMI herausgegeben. Wer hat jetzt die Rechte daran?

Tim:
Jetzt, wo wir EMI verlassen haben, wird das neue Album über unser neues, eigenes Label Paracadute weiter vertrieben. Die Einnahmen aus dem Verkauf bekommen wir, die Band Ok Go. Eigentümer der Platte sind ebenfalls wir und haben demnach auch die Rechte daran.

motor.de: Du erwähntest gerade euer neues Label Paracadute. Ist es wirklich so leicht ein Label zu gründen und was verändert sich jetzt für euch?

Tim: Es ist nicht ganz leicht ein neues Label zu gründen, aber auch nicht komplett unmöglich. Wir sehen das als neue Herausforderung an uns. Irgendwann haben wir vor zu expandieren und andere Bands dazu zu holen. Man weiß nie, was die Zukunft bringt. Es wird eine große Aufgabe für uns, aber ich denke, dass wir der mittlerweile gewachsen sind. Bis jetzt war die Entscheidung auf jeden Fall das richtige. Mit Paracadute ist es uns jetzt möglich, alle aufkommenden verrückten Ideen durchzuführen und selbst zu vermarkten.



motor.de: Eurem ehemaligen Label EMI machen die neuesten Entwicklungen im Musikbusiness stark zu schaffen. Wie denkst du über die ganze Sache? Würdet ihr euch denn auch als Opfer der Veränderungen bezeichnen?

Tim: Nein, ich glaube nicht, dass man jemanden, der durch ein Video, das über das Internet verbreitet wurde, als Opfer der Musikindustrie bezeichnen kann. Die Art wie Musik verbreitet wird – vom Computer auf den iPod und so weiter – das ist alles brandneu. Die Majorlabels kämpfen gerade damit und überlegen, wie man neben den neuen Musikformaten weiter existieren kann. Ich denke, dass alles gerade für aufstrebende Firmen sehr spannend ist – für die (noch) Majorlabels ist es eher kompliziert. Bis heute war es für die großen Plattenfirmen alltäglich über Jahre hinweg Geld damit zu verdienen, physische Platten zu verkaufen und jetzt ist dies eine auslaufende Vermarktungsmethode des Musik-Business‘. Man wird sehen, was passiert.

motor.de: Würdest du dann das Internet als positiv für die Musik beschreiben?

Tim: Ja, ich denke schon. Der Musik an sich geht es doch momentan besser als jemals in den letzten 30 Jahren davor. Jede Band und jeder, der einen Computer hat, dem es möglich ist, seine Musik online zu stellen, kann gehört werden. Es ist viel einfacher Bands überhaupt zu finden und generell ist das Internet irgendwie demokratisch. Eigentlich entscheidet das Internet, wer ein Mikro bekommt und groß rauskommt. Was die Kreativität angeht, profitiert die Musik also auf jeden Fall davon. Wenn es aber dann zum Geschäftlichen übergeht, ist es wieder völlig anders. Aber nichtsdestotrotz stehe ich dem ganzen positiv gegenüber. Ich glaube, dass neue moderne Geschäftsmethoden für die Vermarktung von Musik entwickelt werden müssen und ich glaube, wir sind gerade in der Phase, wo wir versuchen diese Methoden zu finden und zu entdecken.

motor.de: Habt ihr denn jetzt schon irgendwelche Pläne. Jetzt, wo ihr wirklich freie Hand habt, sind doch bestimmt schon wieder neue Videos in Planung, oder?


Tim:
(lacht) Ja, richtig. Am Montag [den 22. März – Anm.d.Red.] beginnen wir mit dem Dreh eines neuen Videos, in dem wir mehr oder weniger mit der Zeit tanzen – ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll – im Grunde genommen ist es eine Art von Zeitmanipulation. Wir drehen Sachen mit einem One-Shot über 24 Stunden hinweg und sind dann in der Lage den Clip zu verlangsamen oder zu beschleunigen. Wir können also eine komplette Nacht in 20 Sekunden packen. Auch eine spezielle Choreografie wird Teil des Videos sein. Dann gehen wir in den Staaten auf Tour. Im Juni drehen wir das nächste Video und spielen dann auf Festivals in Europa, Australien und Japan. Im August steht nochmal ein Dreh an. Es kommt auf jeden Fall einiges auf uns zu.

motor.de: Wisst ihr denn schon, ob ihr nach Deutschland kommt?

Tim: Ja, wir hoffen, dass wir auch nach Deutschland kommen werden. Im Moment machen wir die ganzen Daten fest. Leider haben wir noch nichts konkretes, aber wir kommen auf jeden Fall nach Deutschland.

Text und Interview:
Florian Kroha