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Die Münchner Hip Hopper Creme Fresh beim Heimspiel
Voller Freude an diesem Abend waren zunächst Kleinmeister, die den Publikumspreis der Sendung on3-Startrampe gewannen und damit professionelle Unterstützung für die Studioaufnahmen zu ihrem bevorstehenden Album einheimsten. Etwas Glück hatten die drei jungen Indie-Popper aus Rosenheim auch verdient, mussten sie ein paar Tage zuvor noch den Diebstahl ihres Equipments verkraften. Mit kurzfristig neu gekauften Instrumenten ging es schließlich nach München, wo sie einen souveränen Auftritt hinlegten.
Auch die Londoner Rapperin Speech Debelle stellte mit ihrer Performance unmissverständlich klar, dass sie eine DER Newcomerin des Jahres 2009 ist. Mit den Songs ihres Debüts “Speech Therapy” im Gepäck, das ihr den britischen Mercury Prize 2009 einbrachte, wusste die junge Künstlerin zu überzeugen. Ihr jazzig, souliges Material, von Kontrabassisten, Drummer und Akustikgitarristen begleitet, sicherte schnell die Sympathie der Zuschauer und brachte langen Applaus ein.
Speech Debelle
Als Headliner des Abends galt die Hamburger Indie-Pop-Band Kettcar, die eine merkliche Fangemeinde ins Studio 1 des Funkhauses zog. Vor ihrer Bühnenshow schob das Festival aber noch einen Special Guest ins Line Up. Was als kurzfristige Bereicherung gedacht war, entwickelte sich jedoch zum peinlichen Highlight der Veranstaltung.
Ganz klar – die Rede ist von Pete(r) Doherty, der sein Medien-Image als Skandalrocker ein weiteres Mal festigte und von seinem eigentlich überragenden Talent als Songwriter und Poet abzulenken wusste. Wie unter anderem die Süddeutsche berichtete, war der Sänger schon tags zuvor angereist und bei mehreren Tete-a-tetes gesichtet worden, unter anderem im Backstageraum des Atomic Cafés. Aus selbigem kam der Brite auch am Samstagabend nach einem Spontan-Gig zum on3-Festival. „Schiebt den Trunkenbold vorne ins Programm, solange der noch stehen kann“, mutmaßt der tazblog die Motivation der Veranstalter, Doherty verfrüht auf die Bühne zu schicken. Als er diese letztendlich betrat, wurde er nicht gerade warm empfangen: Pfiffe und Buhrufe bei “Delivery” oder “I Heard It Through The Grapevine” und ein zurückhaltendes Klatschen sowie Mitsingen bei “Fuck Forever” – so die erste Bilanz.
Geschätzte 90 Prozent wollten nach wie vor Kettcar und ließen dem früheren Libertines-Sänger kaum eine Chance sich zu integrieren, wobei gerade ihm das Spiel und die Interaktion mit seinem Publikum so wichtig ist. “Ich spreche Deutsch. Ich verstehe. Ich bin kein Dummkopf“, versuchte Doherty, der in seiner Kindheit zeitweise in Krefeld lebte, zu vermitteln, bevor er hilflos den nächsten Evergreen “Hit The Road Jack” anstimmte.
Pete Doherty: Hit The Road Jack und Deutschlandlied
Dann der große Fauxpas: Doherty singt plötzlich “Deutschland, Deutschland über alles” – maßlose Empörung beim Publikum, da dieser Auszug des Deutschlandliedes, das 1841 Heinrich Hoffmann von Fallersleben schrieb, hierzulande gemeinhin als “Nazi-Hymne” wahrgenommen wird (in der NS-Zeit wurde nur diese Strophe als Nationalhymne gesungen). Dass dem vermutlich nicht nur alkoholisierten Musiker im Nachgang von einigen Boulevardmedien rassistische Ambitionen unterstellt wurden, ist jedoch absurd, da er sich bekanntlich für “Love Music Hate Racism” einsetzt und seine Mutter jüdischer Abstammung ist. Schließlich entschuldigte sich Doherty oder zumindest sein Management im Nachhinein auf die Forderungen des BRs hin (motor.de berichtete).
Kettcar mit Streichern
Doch zurück zum Festival: Nachdem die on3-Moderatoren kurz und schmerzlos Petes Show bei der nächsten Gelegenheit beendeten, betraten Kettcar mit ihrem Streichquartett die Bühne und befriedigten die Bedürfnisse ihrer Fans. Parallel brillierte auch die bunt gekleidete und vitale Ebony Bones auf einer anderen Stage. Mit düsteren Sounds, tanzenden Background-Sängerinnen und einer ekstatischen Menge prägte die extravagante Post-Punkerin das on3-Festival.
Ebony Bones gewohnt bunt
Das große Finale bestritten die gut gekleideten Isländer FM Belfast. Mehrstimmiger Gesang zum treibenden Elektro sorgten zum Abschluss nochmals für Club-Feeling, bis der Keyboarder in Boxershorts da stand, weil der Schweiß von der Decke tropfte.
FM Belfast
Respektive hat das Event alles geboten, was ein Besucher sich wünschen kann: Ein Mix aus unterschiedlichsten Künstlern und Emotionen, ja sogar eine kleinen, nachträglich aufgebauschten Medienskandal. Melancholie bei Speech Debelle und Chris Garneau, laute, fetzige Sounds und verschwitzte Besucher bei Royal Bangs oder FM Belfast und eine originelle Show von Ebony Bones.
Text:
Franzi Finkenstein
Kai-Uwe Weser
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