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„Dann haben wir ’nen Titel aufgenommen. Dann haben wir nochmal ’nen Titel aufgenommen“ – und schon war Parasite Single geboren. Es war das Jahr 2010. Damals findet sich das Hamburger Duo auf der Internetplattform Myspace. Weil die coolen Kids jetzt wahrscheinlich ungläubig den Kopf schütteln und sich fragen, aus welchem Jahrhundert die beiden eigentlich kommen, mal eines vorab: Myspace mag vielleicht nicht mehr so populär sein, und wie zu Anfangszeiten über 200.000 Mitglieder pro Tag generieren, aber musikalisch hat uns die Plattform in der Vergangenheit ziemlich viel Gutes getan. Und so machten sich auch Jasmina und Christian von Parasite Single die Bandpages zum Vorteil und checkten sich gegenseitig aus. Auf der Suche nach der Stimme mit dem gewissen Etwas, wurde Christian in Jasmina schnell fündig. Als er die zarte Stimme der Singer und Songwriterin entdeckte, war diese noch eins mit dem Klang ihrer Gitarre. Kurz darauf das erste Treffen. Dass Jasminas Gitarre fortan für die smoothen Trip-Hop-Beats von Christian weichen würde und richtige Instrumente nur noch bedacht und streckenweise eingesetzt wurden, kam ihr recht, fand sie „Beats doch schon immer cool.“ Das Duo gefiel sich von Beginn an. Nun gefällt das Duo uns.
So sehr, dass wir uns im Rahmen des diesjährigen Rocken am Brocken Festivals in Elend bei Sorge mit Parasite Single trafen, uns in die reichlich vorhandene Natur im Harz, mitten auf eine Wiese setzten und bei wunderschönem Sonnenuntergang ein ziemlich cooles Gespräch führten. Nur Minuten zuvor erklärten die beiden das Festival für eröffnet, als sie als erste Band auf der Bühne standen. Stellt sich natürlich die Frage, ob da schon jemand Bock hatte? Opener sein ist ja nicht jedermanns Sache und abgesehen davon war es auch das erste Mal, dass sich die Parasites in der Rolle des Ersten wiederfanden. „Aber zufällig“, betont Christian, denn „eigentlich sollte eine Band vor uns sein.“ Die hatte dann aber andere Pläne. Arg schlimm? Nein, „am Anfang dachte ich: Oh Gott, ist ja noch keine Sau da, alle bauen ihr Zelt auf, aber eigentlich ging es dann doch recht schnell, dass dann einige Leute ins Zelt gekommen sind und dann war’s lustig.“ Jasmina dagegen betrachtet das Ganze von einem anderen Blickpunkt aus: „Es war auch ganz cool die Leute überhaupt erst ins Zelt zu locken." Standen sie noch zuvor vereinzelt rum und wussten nicht wohin mit ihren vom Zeltaufbau geschändeten Körpern. Trotzdem, hätte es für die Sängerin „voller sein können“, für ihren offensichtlich vom Optimismus geprägten Bandkollegen „aber auch leerer."
Parasite Single steht auch noch nach vier Jahren Bestehen am Anfang. Dass man da Optimismus braucht, wissen sie beide. Trotzdem: Für das Duo gibt es nur das Eine – die Musik. „Für mich war das schon immer klar, ich wollte das. Es war nicht: So ich mach jetzt mal eben ein bisschen Hobbymusik. Für mich war immer klar, das soll auch irgendwo hinlaufen“, meint Christian. Und auch die Sängerin der Band, die wie Christian auch schon mit anderen Musikern zuvor zusammen gearbeitet hat, erkannte die Chance, die sich mit Parasite Single auftat. Folglich war die Musik für das Duo die Luft zum Atmen. Und so begann dann alles: Eine erste EP namens „Telescope“ 2013 war der Auftakt und wurde mit der im Mai 2014 releasten Single „The Hunt“ weiter fortgeführt. Die schaffte es auch in etliche Radiostationen wie etwa FluxFM, FM4, PulsFM, aber vor allem auch in einige Campusradios. Auch einige Auftritte bei namhaften Festivals haben sie ihren ersten Songs zu verdanken. So fanden sie sich zuletzt auf den berüchtigten Festivals Dockville und Reeperbahn wider. Zu diesem ersten Erfolg trug auch das ziemlich doll gedrehte Musikvideo zur Single bei:
Christian ist sicher „das Video hat uns sehr geholfen.“ „Das hat es mit- und hauptsächlich verbreitet. So kamen dann eben auch mehr Angebote rein, weil Leute das Video gesehen haben. Kurz darauf haben wir zum Beispiel das TV Noir Angebot bekommen, bei denen wir dann unseren Auftritt bekamen“, ergänzt Jasmina. Ein bisschen unglaubwürdig blicken wir da drein. TV Noir? Ist das nicht diese Schwarz-Weiß-Hier-wird-nur-akustik-gespielt-Sendung? Doch, genau die. Ist ja klar, was da unsere nächste Frage ist: Wie kommt es dazu, dass ausgerechnet Parasite Single zu TV Noir eingeladen werden, akustik geht ja wohl anders, nicht? „Wir haben nur zwei Sachen akustisch: Stimme und Klavier. Und sonst eben ein bisschen elektronisch. Also TV Noir haben zwar eher akustischere Sachen, aber ab und zu finden sie’s auch ganz gut, wenn mal ein bisschen was anderes geboten wird. Es war auch sehr kurzfristig und wir hatten keine Zeit Sachen wirklich umzuarbeiten. Die Klavierstücke können wir sowieso ganz gut akustisch spielen. Das andere was wir machen, so vermehrt mit Beats und Gitarre ist schwieriger, weil das mehr rhythmische Elemente sind, als so ein Song den man jetzt komplett durchspielen könnte. Also daraus könnte man keinen Lagerfeuer-Song machen. Obwohl… bei „Hunt“ würde es vielleicht sogar gehen, müsste man mal ausprobieren“, denkt Christian.
motor.de: Und sonst so? Was sind die Träume von Parasite Single?
Christian: Was ist denn so dein Traum, Jasmina?
Jasmina (lacht): Momentan habe ich nicht so viele Wünsche. Es läuft ja ganz gut gerade. Wir haben glaube ich auch einfach ein bisschen auf diesen Sommer gewartet, weil es echt viele Termine sind und sogar immer noch welche rein kommen. Es ist ganz cool, dass es was Konstantes hat. Ich würde sagen, unser Vorhaben ist erst einmal das alles angehen und machen und dann mal weiter schauen. Und ich hoffe es geht gut weiter mit Gigs und Möglichkeiten. Dass es jetzt nach dem Sommer nicht abbricht. (lacht)
Christian: Wir haben auch im Oktober nochmal eine Veröffentlichung, eine Single, um nochmal alles zu pushen für den Winter. Und dann kann man nur hoffen, dass es genug bringt, um das Booking für den nächsten Sommer anlaufen zu lassen. Geht ja schon im Dezember los. Dann fängst du halt auch an mal zu schauen, dass man auf noch namhafteren Festivals irgendwie unterkommt, in nicht den schlimmsten Slots und dann muss man mal an einem Album arbeiten. Dafür wär’s dann schon mal an der Zeit, demnächst. Ist auch wichtig. Gerade Musikblogs schreiben immer lieber über Albumveröffentlichungen als über Singleveröffentlichungen.
motor.de: Neue Songs für ein Album brauchen aber auch Texte. Wer von euch beiden schreibt die eigentlich?
Christian: Vor allem Jasmina. Ich hab zwar für andere Bands auch schon mal Texte geschrieben aber das ist jetzt nicht das, was ich am liebsten mach. Und Jasmina schreibt glaube ich sehr gerne Texte. Und ich find's ja dann auch immer ganz cool, dass jeder so macht, was er kann. So als Grundgerüst. Man macht's ja eh immer mal wieder anders. Wenn man lange miteinander Musik macht, dann probiert man hoffentlich auch mal andere Sachen aus. … Du hast da 'ne Spinne auf dir…
motor.de: Oh crap, danke! Habt ihr eigentlich auch mal überlegt deutsche Texte zu schreiben?
Jasmina: Nee, wir waren da beide ziemlich anti. Also es stand nie zur Debatte. Ich schreib auch jetzt für mich keine deutschen Texte, ich find mich darin nicht so wider. Ich hör meine Stimme auch nicht so gern, weil sie dann ganz anders klingt. Und ich bin auch ein Fan der englischen Sprache, wir beide eigentlich. Insofern war das nie Thema.
motor.de: Jetzt ist mir gerade die Frage raus, f***.
Jasmina(lacht): Sollen wir uns Fragen stellen? Zum Beispiel was noch so ansteht?!
motor.de: Klingt gut, schießt los!
Christian: Na also Reeperbahnfestival. Dann machen wir 'ne Support-Tour für Lilly Wood & The Brick. Ist zur Zeit ja ein ganz aktuelles Thema. Ein Remix von denen ist gerade seit Wochen auf Nr.1. Dann noch ein paar Festivalchen.
Jasmina: c/o pop…
Christian: … und bisschen neue Mucke machen, nebenbei. Mal schauen.
motor.de: Aber was, wenn alles anders kommt? Wenn ihr von heute auf morgen nicht mehr Musik machen könntet? Was würdet ihr dann machen bzw. was habt ihr schon alles neben/statt der Musik gemacht?
Christian: Ich mach ja schon länger Musik weil ich ja auch nicht mehr so jung bin.(lacht) Ich hab nach der Schule irgendwas Richtung Musik studiert und hab dann danach Musik gemacht, auf verschiedene Art und Weisen. Mal ein bisschen mehr in Richtung Filmmusik, mal in Richtung Band, viel Produktion. Ich hab erst sehr spät angefangen live zu spielen. Mit 16 mal und dann jahrelang nicht mehr. Dass ich regelmäßig auf der Bühne stehe eigentlich erst seit zwei, drei Jahren wieder. Davor hab ich das gar nicht gemacht. Auch weil ich dachte, ich mach das so im Studio und erst ab einem gewissen Level geh ich dann raus. Wo ich aber auch irgendwie sagen muss, dass es nicht so geklappt hat. Das hab ich mir damals anders vorgestellt. Bin auch ein Stück weit naiv rangegangen im Nachhinein. Kann zwar auch funktionieren, denn ich hab das bei anderen gesehen. Es gibt ja verschiedene Herangehensweisen. Aber kommt auch auf das Land an, wo du das machst und zu welchem Zeitpunkt. Aber ich mach das schon sehr lange, hab natürlich mal hier mal da ein Job gehabt, um auch besser über die Runden zu kommen, aber der Fokus lag immer auf Musik.
motor.de: Auch wenn für euch beide die Musik und Parasite Single der Fokus ist. Gibt es bei Dir einen Plan B wie zum Beispiel ein Studium wie bei Jasmina?
Christian: Ein Plan B. Ja dann kommt ein Plan B.(lacht) Ich weiß nicht genau. Ich hab schon oft darüber nachgedacht was ist, wenn nicht Musik. Manchmal ist das Business ja auch einfach nicht schön. Manchmal fragt man sich wofür man sich die ganzen Stunden abreißt. Natürlich ist sehr viel Selbsterfüllung dabei, viel Idealismus und das ist auch alles super, aber es ist ja schon auch so, dass man die Miete bezahlen muss und sich gerne auch ein paar Sachen ermöglicht. Das klingt immer so blöd, aber es ist halt auch so: Mit jedem Jahr, das du älter wirst, denkst du dann vielleicht ein bisschen mehr darüber nach. Und es geht ja gar nicht darum, dass man reich wird, sondern dass man sich einfach so ein paar Sachen leisten kann, ohne irgendwie dumm dazustehen.
Jasmina: Ja oder sich Sorgen zu machen.
Christian: Und deshalb hab ich auch schon öfters überlegt, ob es jetzt Musik sein muss und was man jetzt alles dafür reißen muss. Aber im Endeffekt ist es ja doch ’ne sehr krasse Liebe, die …
Jasmina: Du hast mal gesagt, du würdest gerne was mit deinen Händen machen!
motor.de: Also Handwerker.
Christian: Handwerk… Da steckt auch wieder so eine Romantik hinter. Ich mag Werkstätten sehr gern, schon in der Uni. Ich war auf einem Kunstcampus wo Leute Skulpturen, Woodworks, Zeichnungen, Illustrationen und alles Mögliche gemacht haben und fand es schon immer schön da reinzuschnuppern und zu riechen: Farben, Holz und das alles. Und bei der Arbeit dann schön Mucke hören – fand ich immer sehr cool.
motor.de: Das konntest du dir dann direkt vorstellen oder?
Christian: Ja, das könnte ich mir vorstellen. Eigentlich habe ich immer gehofft, dass ich so eine Ruhe in mir aufbauen werde. Dass du irgendwo bist und du hast so dein Projekt, machst irgendwas und stehst auf, baust und weißt am Ende des Tages: das hast du heute gemacht. Und deswegen ist so Büroarbeit, was ich auch schon gemacht hab, halt irgendwie… da hast du halt vielleicht n fettes Konto, aber gefühlt musst du dreckige Hände haben, wenn du abends nach Hause kommst. Und das dann in erster Linie für dich und dann eben auch noch davon leben können.
(Foto: Motor Entertainment)
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