Die neue Seriosität der deutschen Indie-Legende: Besonnener, feinsinniger und eleganter denn je – aber irgendwie auch sterbenslangweilig.
Unverdrossen, so scheint es, produziert Phillip Boa seine Alben, nicht ganz im Zwei-Jahresrhythmus aber doch verlässlich und jetzt gleich ganz ohne Stammlabel, was sicher eher für Boa, als seine diversen Ex-Partner spricht. Es reißt sich aber auch keiner mehr um einen, der schon lange nicht mehr im Fokus irgendeines Trends steht und es schon vor fast zehn Jahren langsam wieder aufgegeben hat, zeitgenössische Sounds kooptieren zu wollen. Boas Medium ist und bleibt der Gitarren-Pop-Song, mal – immerhin so etwas wie sein Markenzeichen – zornig rumpelnd, mal hymnisch-flirrend, mal schier unverschämt poppig. Oder sich auch einfach breitflächig dahinergießend.
Phillip Boa – Lord Have Mercy With The 1-Eyed
Dass es auf „Diamond Falls“ mehr fließt und nie rumpelt, ist Stärke und Schwäche des Albums zugleich. Auf dem Weg zum „seriösen Songwriter“ sei er, lässt Boa verlauten und hat sich dafür immerhin interessante Leute ins Studio geholt. Tobias Siebert ist sonst bei den schrammeligen Delbo und den weit weniger schrammeligen Klez.E zugange. Und das immer noch tadellos agierende Can-Urgestein Jaki Liebezeit ist als Drummer wahrscheinlich einfach nur umgänglicher als eine echte Rhythmusmaschine.
„Diamond Falls“ ist sorgsam inszenierter, breitwandig schwelgerischer Gitarrenpop mit dem unbedingten Willen zum Tiefgang. Was den titelgebenden Opener noch ungemein adelt, wird im Laufe des Albums allerdings zunehmend zur Last: Jeder Song wird in aller Ruhe ausgeführt, ausproduziert, soundlich und melodisch feingeschliffen und – natürlich, es ist Boa! – intellektuell aufgeladen. (Bescheidenheit sollte man ohnehin nicht erwarten, da darf dann auch gleich mal Keats als Referenz herhalten.) In seiner Gesamtheit klingt das dann in der Tat alles sehr ergreifend und ist in seiner Logik der gewollten Schönheit und ausgerufenen Seriosität auch einigermaßen unangreifbar – nur eben auf Dauer genauso ermüdend wie jedes Bessermacher- und Gutmenschentum.
Laut muss man es hören, wie immer bei Boa, dann bekommt das Album einen kräftigen Schub Dynamik, der ihm gut tut. Was aber am Grundprinzip nichts ändert: „Seht her“, scheint es aus jedem einzelnen Song-Subtext zu hauchen, „ich kann sogar so unkonventionell sein, dass ich alle Alterswerk-Konventionen erfülle.“ Eine kleine Überraschung ist das schon. Ein bisschen normal grimmiges Rumpeln hätte aber auch ganz gut getan.
Augsburg
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VÖ: 13.02.2009
Label: Rough Trade
Tracklist:
01. Diamonds Fall
02. Valerian
03. Fiat Topolino
04. The World Has Been Unfaithful
05. Lord Have Mercy With The 1-Eyed
06. The Race Is Over
07. Jane Wyman
08. Coppergirl
09. 60’s 70’s 80’s 90’s 10
10. The Ballad Of Pia And Toett
11. DJ Baron Cabdriver
12. Black Light
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