Die New Yorker Math-Rocker Plus/Minus gehören zuhause schon fast zum alten Eisen. Im motor.de-Interview sprechen sie über ihre Chancen auf dem deutschen Markt.

Plus/Minus schaffen mit jedem Album ein Kunststück. Die New Yorker machen aus Komplexität große Songs. Wie? James Baluyut und Chris Deaner haben es uns am Rande ihrer Europa-Tour verraten.

Wie ist eure Tour durch Europa gelaufen?

Baluyut: Es ist großartig. Denn in fast allen Städten kamen wirklich viele Leute zu den Konzerten. Sie schienen die Musik gut zu kennen und sich einfach auf uns zu freuen. Das ist wunderbar. Als wir vor zwei Jahren hier spielten war das noch anders. Uns kannte kaum jemand. Es hat sich also einiges geändert.

Das hört sich nach einem Erfolg an. Seht ihr das auch so, oder ist diese Veränderung eher der Anfang des Weges zu einem noch größeren Erfolg irgendwo in der Zukunft?

Baluyut: Es scheint so, als ginge es, zumindest hier in Europa, erst richtig los. Das ist interessant, denn in den USA haben wir bereits vier Alben in acht Jahren veröffentlicht. Hier in Europa kam zuerst unser drittes Album „Let’s Built A Fire“ heraus, kurz danach wurde unser zweites Album re-released und seit Oktober ist „Xs on your Eyes“ draußen. Das heißt hier kamen drei Alben in zwei Jahren. Die Aufmerksamkeit war also viel geballter und hatte kaum Zeit abzuebben. Ich habe das Gefühl, dass es jetzt erst richtig losgeht, denn wir sind ja noch keine große Band und das ist aufregend.

„Xs On Your Eyes“ ist euer viertes Album. Ist ein neues Album für euch eine richtig große Sache oder vielmehr ein neuer Grund wieder auf Tour zu gehen? Das scheint euch ja sehr viel Spaß zu machen.

Baluyut: Nein! Ein Album ist das was du kreierst. Niemand wird sich an die vielen Konzerte erinnern. Klar, sie machen Spaß, aber ein Album besteht noch Jahrzehnte, oder vielleicht sogar Jahrhunderte. Konzerte zu spielen ist toll, aber eben nur für den Moment. Ich denke Alben zu machen ist das Wichtigste. Vielleicht brauchen wir dafür deshalb oft länger als andere Bands.

Wie muss man sich den Entstehungsprozess eines Plus/Minus Albums vorstellen? Schreibt ihr kontinuierlich Songs, und wenn ihr zehn zusammen habt geht’s ins Studio? Oder ist zum Beispiel „Xs On Your Eyes“ nur eine Momentaufnahme der letzten Monate?

Baluyut: Oft haben wir über Monate circa 30 bis 40 Ideen gesammelt und die, die sich im Studio als die besten herauskristallisieren, kommen auf die Platte. Textlich ist es eher so, dass sie von dem handeln, was uns in den zwei oder drei Wochen vor dem Studio beschäftigte. Der Gesang kommt also erst zum Schluss. Für ein Album brauchen wir dann vielleicht ein Jahr, aber für die Texte nur den letzten Monat.

Plus/Minus – Snowblind

Euer Sound wird nicht selten als Math-Rock bezeichnet. Diese Bezeichnung klingt irgendwie als impliziere der Schreibprozess rationale Entscheidungen. Entscheidet ihr über die Güte eurer Idee mit dem Bauch oder Kopf?

Baluyut: Ich denke es ist beides. Uns ist es vor allem wichtig, dass die Leute unsere Songs singen können. Trotzdem haben wir manchmal etwas von Math-Rock. Nämlich dann, wenn man dem Song schwer folgen kann, alles etwas konfus ist und es wohl eher schwer fällt mitzusingen. Aber eigentlich wollen wir greifbare Songs schreiben.
Deaner: Wenn wir zusammen spielen und schreiben gibt es Momente, in denen der Bauch sagt: „Oh, das fühlt sich gerade gut an“. Diese Ideen halten wir dann fest und arbeiten später daran weiter. Vor allem bei unserem neuen Album entstand vieles aus dem Bauch heraus.

Seid ihr auf der Suche nach dem perfekten Song?

Deaner: Ich denke, der perfekte Song ist wie ein perfektes Essen. Ob es wirklich perfekt ist, hängt von vielen Faktoren ab, wie der Situation, dem Zeitpunkt oder dem Ort. Es ist also nicht nur der Geschmack entscheidend und es kann für den Moment perfekt sein. Wir versuchen immer die Songs so gut zu schreiben wie wir nur können, und vielleicht ist irgendwann sogar ein ewig perfekter Song dabei.

Da wir gerade bei perfekt sind – Eure Heimatstadt New York scheint fast täglich neue tolle Bands hervorzubringen. Was macht gerade den Big Apple zu musikalisch so fruchtbarem Boden?

Baluyut: Ich würde sagen, es sind seine Energie und die Menschen, die sich dazu entscheiden in dieser Stadt zu leben. Wenn du nach New York gehst, um einen Traum zu verfolgen, Kunst oder Musik zu machen, musst du einfach stark sein.

Hättet ihr eure Alben auch an einem anderen Ort schreiben können?

Baluyut: Dann würde es bestimmt nicht so klingen. Außerdem habe ich die anderen Jungs dort kennengelernt. Aber vielleicht hätte ich woanders auch noch bessere Leute kennengelernt (lacht). Aber es ist gut so wie es ist! Oder Chris? (beide lachen)

Interviewer: F.Sievers