(Fotos: Oktober Promotion)
Seit über zwanzig Jahren stehen Pro Pain an der Spitze der Hardcore-Metal-Nahrungskette. Dabei stets im Gepäck: bitterböse Protest-Lyrics und ein Sound, bei dem Freunden chilliger Klänge regelmäßig Angst und Bange wird.
Ein Ende des meskilschen Feldzugs gegen all das Böse auf dieser Welt ist noch lange nicht abzusehen. Auch anno 2013 schwingt der glatzköpfige Bandchef immer noch die dickste Keule im Haus. Mit ihrem neuen Album „The Final Revolution“ geben die Amis ein weiteres Mal Vollgas und hinterlassen dabei am Ende reichlich Rauch und Geröll. Wir verabredeten uns mit Ober-Schmerzbringer Gary Meskil und plauderten ein bisschen über Hackordnungen, alte Zeiten und globale Missstände
motor.de: Hi Gary, euer neues Album ist nahezu komplette auf deinem „Mist“ gewachsen. Würdest du dich als Kontrollfreak bezeichnen?
Gary: Nein, eigentlich nicht. Das klingt mir irgendwie zu negativ. Wer die Geschichte der Band kennt, der weiß, dass ich schon immer für den Großteil des kreativen Inputs verantwortlich war. Das hat sich einfach von Anbeginn so abgezeichnet. Insofern würde ich mich nicht als Kontrollfreak bezeichnen, sondern eher als jemanden, der gerne an Dingen festhält, die sich als positiv erwiesen haben.
motor.de: Wie sieht’s denn bei euch hinter den Kulissen aus? Kommt es da in punkto Hackordnung nicht manchmal auch zu Reibereien untereinander?
Gary: Nein, gar nicht. Jedes Schiff braucht nun mal einen Kapitän. Außerdem ist es ja nicht so, dass ich die Jungs nur für die Foto-Shootings brauche. Pro Pain sind eine Band, in der der Kapitän auch jederzeit ein offenes Ohr für seine Matrosen hat. Ich bin keiner, der auf Durchzug schaltet, wenn Ideen von außen an mich herangetragen werden. Was gut ist und passt, kommt mit an Deck – ganz einfach. Was nicht passt, bleibt halt im Hafen.
motor.de: Mit an Bord sind diesmal vor allem unzählige Erinnerungen an alte Zeiten. Für mich klingt das neue Album sehr Oldschool-lastig, aber zu keiner Zeit altbacken. Ich hatte beim Hören auch das Gefühl, als wäre es dir diesmal verstärkt um einen besonderen „Album-Charakter“ gegangen. Kein Song fällt aus dem Rahmen. Würdest du dem zustimmen?
Gary: Nun, ich hatte eigentlich keinen expliziten Masterplan, als ich mit dem Songwriting anfing. Das Einzige, was mir wichtig war, war ein stimmiges Paket zu schnüren. Irgendwie hat sich das Ganze dann in eine Richtung entwickelt, die auch bei mir viele Erinnerungen weckte.
motor.de: Die berühmten zwei Schritte zurück, um den einen vorwärts zu kommen?
Gary: Ja, so in etwa.
motor.de: Wie stehst du denn heute zu eurem letzten Album „Straight To The Dome“? Da gab es ja – vor allem wegen der Thrash-Anleihen – einige Fans, die auf die Barrikaden gingen.
Gary: Ich denke, dass jedes Album immer auch ein Spiegel der jeweiligen Zeit ist. Damals wollten wir diesen Sound. So ist das einfach. Wir versuchen immer das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Beim letzten Album waren drei Leute am Songwriting-Prozess beteiligt. Das fühlte sich gut an – also haben wir es durchgezogen. Diesmal haben wir uns darauf geeinigt, dass nur ich mich um die Entstehung der Songs kümmere. Das hatte aber nichts damit zu tun, dass wir rückblickend mit den letzten Arbeiten unzufrieden waren, sondern einfach mit einem vorhandenen Grundgefühl innerhalb der Band. Das Wichtigste ist immer, dass jeder am Ende des Tages das gleiche Kreuzchen setzt. Dabei spielt es dann keine Rolle, auf welchen Weg man sich geeinigt hat. Wichtig ist nur, dass alle an einem Strang ziehen. Das haben wir damals getan und so sind wir auch diesmal verfahren.
motor.de: Zwanzig Jahre Pro Pain bedeuten auch zwanzig Jahre Anrennen gegen Mauern. Auch auf eurem neuen Album prangerst du wieder diverse nationale und internationale Missstände an. Läuft deiner Ansicht nach immer noch so viel aus dem Ruder, oder kommt man irgendwann aus dieser Protest-Schlaufe einfach nicht mehr raus?
Gary: Ich bin einfach ein Fan dieser Welt. Leider wird sie aber überall mit Füßen getreten. Das kotzt mich an. Mir ist es wichtig meinen Frust und meine Unzufriedenheit über gewisse Dinge, die sich auf unserem Planeten abspielen, über meine Musik nach außen zu tragen. Die Leute sollen wissen, was mich stört – und das ist leider Gottes immer noch eine ganze Menge.
motor.de: Dort wo man heutzutage die meisten Kids erreicht, wird allerdings nur selten der Zeigefinger gehoben. Nervt dich das?
Gary: Es wäre sicher hilfreicher, wenn es mehr Künstler geben würde, die konkret Stellung beziehen. Ich kann aber auch verstehen, dass es Leute gibt, die mit ihrer Musik einzig und allein Spaß und Freude vermitteln wollen. Das ist – in Maßen – ja auch völlig in Ordnung. Mein Ziel war es nie, mir durch die Musik irgendwann einmal die Schlüssel zu irgendwelchen Ruhmeshallen zu verschaffen. Darum ging es mir nicht. Ich nutzte die Musik als persönliches Sprachrohr. Das tue ich auch heute noch.
motor.de: Was stößt dir denn im Allgemeinen derzeit am meisten auf?
Gary: Es gibt so viele Ungerechtigkeiten auf dieser Welt. Ich denke, wenn ich die Möglichkeit hätte, einen Wunsch zu äußern, dann würde ich mir als erstes wünschen, dass der Zugang zu den großen Quellen dieser Welt in erster Linie den Leuten gewährt wird, die auch dort beheimatet sind. Ich meine, guck dir doch nur die Situation in Afrika an. Dieser Kontinent wird schon seit Jahrzehnten ohne Ende gemolken – auf Kosten der Einheimischen, versteht sich.
motor.de: Glaubst du, dass du heute ein politisches Amt bekleiden würdest, wenn du damals nicht den Weg zur Musik gefunden hättest?
Gary: Nein, auch wenn es vielleicht nahe liegt. Ich glaube eher, dass ich in der Werbung arbeiten würde. Ich stehe auf kreative Prozesse.
motor.de: Es gibt Leute, die dich nicht für sonderlich kreativ halten. Wenn ich mir so einige Pro Pain-Rezension angucke, dann ist da häufig von Stagnation die Rede.
Gary: Wir sind, wer wir sind. Pro Pain waren noch nie eine Band, die sich gehypten Experimenten unterzogen hat. Mit Stagnation hat das aber nichts zu tun.
Text: Kai Butterweck
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