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Konzert ist, wenn es kracht und brennt. Rammstein live sind ein Erlebnis der ganz eigenen Art. Sag ja zu Feuer, Gleichschritt und teutonischem Dada-Wortwitz!
Unheilschwanger dröhnt es von der tiefdüsteren Bühne, bis sich plötzlich grelles Licht durch die Wand bohrt. Zwei Menschen – wie sich gleich herausstellt sind es die Gitarristen Paul Landers und Richard Kruspe – hacken sich mühsam durch zur Bühne. Sänger Till Lindemann hat es einfacher, er zieht einen Kreis mit dem Schweißbrenner. Man sieht nur den roten Glühpunkt wandern, dann kracht die ganze Platte heraus und im grellen Gegenlicht stehen die drei und erwarten ihre Ovationen bevor es an die Arbeit geht: „Ramm … Stein!“
Rammsteins Arbeit ist es, 12.000 nicht mehr jugendlichen Besuchern eine Show zu bieten, die 70 oder 80 Euro Eintritt und mindestens nochmal 25 für ein T-Shirt wert ist, auf dem so etwas wie „Stacheldraht im Harnkanal“ steht. Man weiß seit jeher, dass Rammstein gut in ihrem Job sind, daran hat sich 2009 nichts geändert. Ihre Bühne ist ein riesiges Actiontheater, bei dem auch die kleinen Dinge wichtig sind. Kleine Dinge sind bei Rammstein, wenn Lindemann den Mund aufreißt und dämonisches Licht herausquillt. Oder die zugegebenermaßen ziemlich gute Idee, Flake Lorenz während des fast kompletten Konzerts auf ein Laufband zu stellen, was ihn zum world’s hardest working keyboard player machen dürfte und nicht nur einen besonderen Moment Irrwitz beschert, sondern dem Konzert auch eine ganz eigene Marsch-Taktung vorgibt.
Es wird viel marschiert bei Rammstein, besonders natürlich im Klarstellungskracher „Links 2 3 4“, der – so ist das mit der Dialektik bei Rammstein – das im Handumdrehen verführte, willige Publikum zu Gleichschritt-Ekstase und im Takt erhobenen Händen hinreißt. Heil Rammstein. Der Rest ist Feuer. In allen erdenkbaren Variationen wird es eingesetzt, man wird nicht heruntergelassen von diesem Pyrotrip, wo an allen Ecken irgendetwas – dann aber auch ordentlich krachend – explodiert oder in Flammen aufgeht. Immerhin auch für Rammstein-Verhältnisse bemerkenswert ist es dann aber doch, wenn ein echter Mensch brennt – von Lindemann mit dem Flammenwerfer angesteckt. Am Ende hat alles und jeder auf der Bühne mal gebrannt oder wenigstens Feuer gespuckt.
Die Höhepunkte des Abends ergeben sich angesichts der Dauerbeballerung dann doch nach anderen Kriterien. Mit der terminlich punktgenauen Indizierung der bei genauer Betrachtung eigentlich recht lustigen Sadomaso-Hymne „Ich tu dir weh“ hat diese schon ewig ausverkaufte Tour plötzlich noch einmal Brisanz bekommen. Als Lindemann nüchtern auf das Textverbot hinweist, werden so viele Fotohandys gezückt, wie sonst nur in den wildesten Momenten der Bühnenshow. Natürlich kann nahezu jeder im Saal singen, was die Band nicht darf, die heute mal gemütlich in den Leipziger Zoo einlädt und lieber Kuschel- statt Nagetiere einführt.
„Pussy“ ist der andere Song, auf den alle warten, die Single, die Rammstein mit einem Schlag ins Jahresgeschehen katapultiert hat und der die deutsche Sprache zwei neue bewundernswerte Ausdrücke für teutonischen Geschlechtsverkehr verdankt: „Steck Bratwurst in dein Sauerkraut, Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr“. Es ist der Abschluss des Hauptblocks und Lindemann ejakuliert mit einer riesigen Schaumkanone in die ersten Reihen. Die zwei Zugaben sind reguläres Rammstein-Geschäft, noch ein paar Explosionen mehr, Lorenz reist im Schlauchboot über die Menge, Engelsflügel brennen. Dann ist die Band endgültig weg, es ertönen noch ein paar Pianoklänge, das Licht geht an und man ist ein bisschen betäubt von der Dauerdröhnung. „Das hat sich doch gelohnt“, denkt es ungefähr 12.000 mal und wo das Volk Recht hat, hat es Recht.
Augsburg
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