Ängstlich schlotternde Currywürste und umherfliegende Lammfleischdreiecke: Aktivistengewalt beim Monsterbash? Rise Against-Basser Joe Principe mimt das Schaf im Wolfspelz.

(Foto: Starkult Promotion)

Wer während des diesjährigen Monsterbash-Festivals auf dem Berliner Columbia-Gelände mit einer saftigen Currywurst durch die Gegend stolzierte, der hatte nichts zu lachen. Zwischen Merch-Ständen von Sea Shepherd, Peta und diversen anderen Vegan-Aktivisten ging es nicht selten hoch her. Es wurde nicht nur argwöhnisch beobachtet und sondiert, sondern mitunter auch auf etwas rabiatere Art und Weise Überzeugungsarbeit geleistet. So traf ich beispielsweise auf meinem Weg zum Rise Against-Backstagebereich auf einen Alternative-Twen im RATM-Shirt, der sich gerade die Hälfte seines reingeschmuggelten Döners von der Hose kratzte: „So ein Scheiss hier! Sollen sie mich doch essen lassen, was ICH will“, hörte ich ihn fluchen. Gewalt auf einem Festival, das mit massenhaft Bands aufwartet, die sich permanent gegen körperverletzende Aktivitäten aussprechen? Das kann nicht sein. Wahrscheinlich konnte einer der zahlreich anwesenden Fleischgegner nur nicht schnell genug zur Seite springen, als sich der De La Rocha-Jünger seinen Weg durch die Massen bahnen wollte. Etwas irritiert bin ich aber dennoch, also frage ich beim Rise Against-Basser nach.

Mit Gewalt wolle der Co-Founder einer der erfolgreichsten HC-Punk-Bands der letzten Jahre nichts zu tun haben: „Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich als erstes sinnlose Gewalt abschaffen“, so der sympathische Hüne. Kurzer Einwand meinerseits: Gibt es denn sinnvolle Gewalt? Joe reißt die Augen auf: „Nein, natürlich nicht. Gewalt ist nie eine Lösung. Wir sehen zwar alle aus, wie Typen, die sich den halben Tag nur an die Gurgel gehen und anderen Leuten ans Bein pissen – aber das täuscht natürlich. Ich habe noch nie einen Menschen geschlagen.“ Nicht einmal ein gewiefter TV-Clown wie Stefan Raab habe den Vierer Anfang des Jahres während ihres ersten TV-Auftritts aus der Reserve locken können: „Der Typ war völlig in Ordnung. Die ganze Show war ok“, berichtet Joe.

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Dass es trotz Kollektiv-Rehearsal am Nachmittag, zum Showdown nur zu einer akustischen Solo-Einlage von Sänger Tim McIllrath kam, hatte andere Gründe, wie uns Joe verrät: „Wir hatten bis kurz vor der Show eigentlich auch vor komplett aufzutreten. Bei den Proben lief alles noch reibungslos. Dann merkte Tim aber, dass sich seine Stimme zunehmend belegte. Wir wollten aber keinesfalls komplett absagen, also entschieden wir uns für den Song „Swing Life Away“ in einer Akustik-Version.“ Mittlerweile haben sich die Stimmbänder des Sängers aber zum Glück wieder von sämtlichem überflüssigen Ballast befreien können, so dass einem Komplett-Inferno am Abend nichts im Wege steht. Bevor die Mannen aus Chicago aber die Bühne entern, dürfen nicht minder etablierte Bands wie Pennywise, Millencollin und Less Than Jake aus allen Rohren feuern. Kommt es bei einem derartigen Auflauf von Alpha-Tieren im Backstagebereich nicht zwangsläufig zu Territorialkämpfen? Joe schüttelt vehement den Kopf: „Die meisten Bands hier sind schon so lange unterwegs, da kommt es nur ganz selten zu Auseinandersetzungen. Viele Combos haben auch schon oft miteinander gespielt, sodass man bei dem ganzen familiären Gewusel manchmal gar nicht mehr so richtig weiß, wer denn jetzt zu wem gehört. Das kann bisweilen auch anstrengend werden – vor allem immer dann, wenn bestimmte Termine eingehalten werden müssen.“

Demnach herrschen Friede, Freude und Eierkuchen im tattooübersäten Krachmacher-Mob? Kaum zu glauben, aber es ist wohl so: „Es läuft alles ohne Probleme. Es ist vergleichbar mit einem Familientreffen. Ich habe heute schon Bands und Musiker getroffen, die ich schon seit Jahren kenne, aber lange Zeit nicht mehr gesehen habe. Da müssen wir erst extra nach Berlin fliegen“, winkt Joe zum Abschluss unseres Treffens schelmisch grinsend ab. Harald Juhnke – Gott hab ihn selig – hätte jetzt wahrscheinlich gesagt: „Siehste! Sowat passiert dir eben nur in Berlin.“

Kai Butterweck