Ich kann nicht mehr.
Wo soll denn das hinführen?
All die ganze Mühe.
Zigtausende von Musikern sitzen in einsamen Räumen auf Stühlen und schreiben Lieder. Selbst das schlechteste Lied wird aus einer Inspiration gewonnen, ist in Form gebrachte menschliche Energie, ist Kunst und Hoffnung.
Wie viel Kraft verschwindet in dem Moloch Pop?
Das macht doch alles gar keinen Sinn.
Und nur weil wir keine Ausbildung haben?
Wie viel Leid muss man erfahren um eine gute Platte machen zu können? Bei Gott, ich schwöre, ich habe gelitten. Auf meine spezielle Weise. 4 Stunden Ruhe pro Nacht. Dann bohren sich die Würmer des Zweifels in meine Träume und Bilder brechen ein, wie Diebe, die mir den Schlaf rauben. Wälzen mit den Schatten in einem verkrampften Ringkampf. Schwarze Gedankenspiralen. Das erste Licht des Tages vertreibt langsam die Angst und Traurigkeit. Dann kommen Worte. Und Töne. Ich brauche einen Stift und ein Diktafon. Kein Instrument. Um 5.43 Uhr ist das Lied fertig. Meine ganze übernächtigte Zerstörtheit ist darin wie in Kunstharz gegossen.
Kunst ist ein Selbstverdauungsprozess. Die widerwärtigste Form aller Prostituierungen.
20 Jahre arbeite ich nun im Populärmusikalischen Sektor. Ich habe das Gefühl, dass es vorerst reicht. Zuviel Kraft landet in etwas, das wie eine Billigpizza konsumiert wird.

– Ja aber das ist es doch grade- dieses Unmittelbare, Schnelle, Flüchtige.
Für Dich vielleicht, Du bist jung, ich hab davon die Schnauze voll, das Medium reicht mir nicht mehr aus.

– Ach nein, was darf es denn nun sein für den feinen Herren?
Ich möchte mit allem aufhören. Ich möchte den Rest meiner Zeit mit der Welt verbringen und nicht in dem verdammten Kompressorraum in dem ich mich auswringe um zu überleben.

– Immer dieses übertriebene Pathos.
Ich sagte es ja bereits – halts Maul.
Drei Musiker, ein Produzent, ein Tontechniker, Zehn Lieder, ein Schlagzeug, ein Bass, drei Gitarren, ein Synthie, ein Rhodes, ein Wurlitzer, ein Flügel und ein Melotron. Ein Jahr Vorbereitung, elf Probetreffen, vier Probekonzerte, vier Wochen im Studio, vier Wochen zu Hause im Schnitt. Drei Fototreffen, zehn Treffen mit dem Grafiker, dreißig Telefonate mit dem Label. Unendlich viele Worte, Getränke, Zigaretten, all der Streit, die Diskussionen, die Eingeständnisse, das Ringen. Lagern sich in Schichten ab- wie Sedimente auf dem Meeresgrund- und verdichten sich, kriegen Masse und Druck, werden zu einer Schallplatte. Zu der besten die uns unser Wissen, unsere Erfahrung und unser Alter schenken konnte.
Zum letzten Mal.
Vielleicht.

Little Machine:
Tex (Matthias Strzoda/Schlagzeug)
Jones (Jonas Landerschier/Tasteninstrumente)