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Richard Ashcroft spricht. Über seine Rolle als Chef im Ring, das neue Album „United Nations Of Sound“ und seine gleichnamige Backingband – die mehr als nur ein Projekt sein soll.
Vor zehn Jahren waren sich Presse wie Fans einig: „Urban Hymns“, das ist das finale Statement eines ganzen Genres. The Verve nannten sich die Macher dahinter, lieferten mit „Bitter Sweet Symphony“ die letzte Hymne des Britpops und erreichten mit drei Alben in zehn Bandjahren einen Legendenstatuts wie die Kollegen von Oasis. 1999 kam es trotzdem zur Trennung – nachdem Frontmann Richard Ashcroft die Band bereits vier Jahre zuvor auflösen wollte.
Im Anschluss veröffentlichte der exzentrische Chef drei mehr oder weniger gelungene Soloalben: 2000 sein Debüt „Alone With Everybody“, gefolgt vom zwei Jahre später aufgenommenen „Human Conditions“ und dem eher mauen „Keys To The World“ aus dem Jahre 2006. Kurze Zeit später reaktivierte er The Verve wie aus dem Nichts heraus und mit „Fourth“ brachte man einen neuen Longplayer auf den Markt. Allerdings: Ashcroft stellte schon beim Release der Platte klar, dass er zu keinen weiteren Kollaborationen mit den ehemaligen Kumpels fähig sei, „ich komme mit Bands langfristig nicht klar“, so seine lapidare Begründung.
Trotzdem oder vielleicht genau deswegen kehrt er nun mit einer frisch zusammengestellten Backingband namens The United Nations Of Sound zurück und erklärt im motor.de-Interview, warum die Jungs gerne nach seiner Pfeife tanzen, er sich mehr als Rapper denn als Rocker fühlt und warum das neue Studiowerk trotz Mithilfe unzähliger Musiker ein Soloalbum ist.
motor.de: Im Vorfeld der Veröffentlichung von „United Nations Of Sound“ gab es Gerüchte, die Platte wäre dem HipHop zugewandt – wie kam es dazu?
Richard Ashcroft: Die englische Presse hat wohl gedacht, dass afroamerikanische Musiker nicht in der Lage seien, E-Gitarren der härteren Gangart zu spielen und haben solche Vermutungen in die Welt gesetzt. Doch The United Nations Of Sound sind kein Funkadelic-Verschnitt, sondern vier Typen, die ich deshalb zu mir ins Studio holte, weil eine gewisse Abstraktionsgabe vorhanden war: Sie sind in der Lage, urbane Elemente mit westlicher Musik zu kombinieren.
motor.de: Dein zweites Comeback mit The Verve ist bereits wieder Geschichte – welche Konsequenzen hast du aus der Reunion gezogen?
Richard Ashcroft: Ich kann mit ziemlicher Sicherheit behaupten, kein echter Bandtyp zu sein. (lange Pause) Selbst wenn das verrückt klingt, denn aktuell bin ich ja auch mit einer unterwegs – bei den United Nations Of Sound aber gibt es keine langen Diskussionen, ich bin der Chef im Ring und die Jungs haben von Anfang an akzeptiert, dass es nur so oder gar nicht geht. Das klingt resolut, doch eine Band braucht einen klaren Anführer. Einer, der sagt, wo es lang geht.
motor.de: Warum hast du diesen Tipp nicht deinen Kumpels von Oasis gegeben?
Richard Ashcroft: (lacht) Noel hat seinen Führungsanspruch zu Beginn deutlich gemacht und mit den ersten beiden Alben Mitte der Neunziger eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Danach setzten bei Oasis die üblichen Machtkämpfe ein, die letzten Endes zeigen, ob eine Band zusammengehört oder nicht. Ich finde, dass Noel und Liam für ihre Verhältnisse recht lange einen gemeinsamen Weg fanden.
motor.de: „United Nations Of Sound“ überrascht stellenweise mit sehr urbanen Einflüssen. Steckt in Richard Ashcroft ein größerer Kanye West als vermutet?
Richard Ashcroft: Für mich waren afroamerikanische Künstler schon immer wichtiger als beispielsweise die Stone Roses. Ich bin weiterhin der Überzeugung, dass „Bitter Sweet Symphony“ ein HipHop-Song gespielt von einer Rockband ist. Deswegen sind die neuen Songs nichts komplett Neues, vielmehr ein Ausdruck meines Musikverständnisses.
motor.de: Du wirkst überraschend ausgeglichen und es scheint, als hättest du nach all den Jahren deine innere Ruhe gefunden.
Richard Ashcroft: Ganz so ist es nicht, das Feuer brennt noch. (lächelt) Ich will dir ein Beispiel nennen: Letztens schrieb ein englischer Journalist einen Konzertverriss über einen meiner ersten Gigs mit den United Nations Of Sound – nur weil ich ihn nicht Backstage ließ. Danach bin ich zu ihm gegangen, habe lautstark meine Meinung verkündet und gemeint, wenn er sich mit mir anlegen will, dann bitte sofort.
motor.de: Richard Ashcroft ist also kein Schmusekater geworden, der es allen Recht machen will?
Richard Ashcroft: Klares Nein, selbst wenn inzwischen Dinge wie Familie oder mein Privatleben im Allgemeinen wichtiger geworden sind, als die Musik es ist. Ab und an vergesse ich diese Tatsache jedoch und dann kommt der wilde Frontmann der Verve-Anfangstage in mir durch – was nicht das Schlechteste ist, wie ich finde. Sometimes you have to fight with the devil to win the game.
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