Es ist früh am Morgen in der Weltmetropole New York, als Matt Dublin gähnend den Telefonhörer abnimmt und erst einmal feststellt, dass es schweinekalt “da draußen” sei. Das hört man gerne, da freut man sich gar diebisch – schließlich ist Mitteleuropa in diesen Tagen auch nicht der schönste Flecken Erde. Warum sollte es ausgerechnet dem Bassisten der Wahl-New Yorker von Ambulance Ltd. auch noch beim Wetter besser ergehen?
Im Vegan-Mekka mit Discokugel-Firlefanz, zwischen dem Hipster ‘DFA’-Label, das bewiesen hat, dass Indie-Rock sehr wohl tanzbar sein kann, und dem Anti-Folk, der wiederum zeigte, dass man auch heutzutage noch Bohème sein kann und ein glaubwürdiges, kollektives ‘Anti’ jenseits aller Punkrock-Abziehbildchen möglich ist, stehen Ambulance Ltd. ein bisschen verlassen da. Als Teil einer New Yorker Szene verstehen sich Matt und seine Band keineswegs. Er stellt lieber klar, dass in New York “sicherlich viel passiert”, und die Jungs von Ambulance Ltd. “mit der Zeit auch andere Bands kennengelernt haben”, aber es gäbe im Big Apple “keinen kollektiven Anspruch, sondern vielmehr machen wir unsere Musik, ohne das als ‘große Kunst’ zu betrachten.”
Kritikerlob für genau diese spektakuläre Unspektakulärtheit gab es seit der Veröffentlichung des Debüt-Albums ‘LP’ zuhauf. Als “urban country” oder als Hommage an die britischen Shoegazer-Bands werden Ambulance Ltd. seitdem gehandelt, an jene Bands der ausgehenden Achtziger- und frühen Neunzigerjahre, die live lieber ihre Instrumente bedienten und dabei ihre Schuhe anstarrten, als die große, jaggeresque Rock-Kommunikation mit dem Publikum aufzufahren. Doch Matt zeigt sich wenig begeistert vom Vergleich: “Ich habe keine Ahnung, warum wir als “Shoegazer-Retro-Wasauchimmer-Ding” gelten. Ich stehe nicht auf der Bühne und starre meine Füße an.” Stimmt. Aber wenn es ein New Yorker Ding ist, kann man auch das Füße-Anstarren zur großen Kunst erheben. Obwohl da “urban country” natürlich aufregender klingt – Stallgeruch und Johnny Cash-Appeal am Times Square. Apropos “urban country”: Wohl auf einem schwarzen Schimmel alkoholfreien Korn getrunken? New York – du bist wahrhaftig außergewöhnlich.
Text: Heiko Reusch
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