Die Schwesternfestivals Hurricane & Southside gehören auch 2010 wieder zu den Highlights der Konzertsaison. Natürlich lässt auch motor.de sich das nicht entgehen…

Sonne kann sehr kostbar sein, trockene Füße sind ebenfalls Gold wert und ein Dach über dem Kopf wurde am Donnerstagabend wohl zum Unbezahlbaren aufgewogen. Das Southside-Festival präsentierte sich in seinen Anfangsstunden nicht gerade von seiner besten Seite. Regen, mehr Regen, noch mehr Regen…


und nach dem Regen kommt der Matsch…

…und nach dem Matsch die Erinnerungen an den Woodstockfilm, amüsanten Schlammgestalten, oder auch an Mudhoney auf ihrem Cover von “Superfuzz Bigmuff”. Ja sie alle hätten sich am Donnerstagabend sehr wohl gefühlt, doch für alle anderen fiel der Festivalstart im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Bleibt nur, das beste draus zu machen:

Fotos: DASDING

Festivalpublikum ist ja bekanntlich erfinderisch und so werden Müllsäcke zu Socken degradiert…


…und als Poncho zurecht gefaltet.


Fotos: DASDING

Erste Hürde überstanden, dann kann er ja kommen – der Southside-Freitag.

Der Wolkenbruch stoppt pünktlich zum Aufstehen. Freitag 10 Uhr, für einige ein böses Erwachen, für andere ein hervorragender Anlass, sich ans Vernichten der Bierpalletten zu machen, um sich pünktlich zum Anpfiff Deutschland-Serbien schon in reinster Glückseeligkeit zu wissen.

Foto: DASDING

Dass das Spiel leider nicht zu Gunsten der meisten Festivalbesucher ausfällt, ist bei Konzertstart schon fast wieder vergessen. Von der eigens für das Spiel eingerichteten Fanmeile, tingeln die Massen erstmals aufs Bühnengelände.

Foto: Alex Beyer

Die Green- und die Blue-Stage werden anvisiert -The Black Out und Local Natives beginnen gegen 16 Uhr als die ersten Bands des Southside. Die Stimmung kann sich sehen lassen, wird aber selbstverständlich noch weiter ausgebaut. Während die ersten Umbauten stattfinden, unterhält sich motor.de mit den quietschvergnügten We Are Scientists, denen auch schlechtes Wetter nichts anhaben kann – wie sie jedenfalls behaupten.

Dem Interview folgt eine ausgedehnte Runde Flunky-Ball, bei der sich Keith Murray und Chris Cain ausgibig amüsieren. Einen Gewinner wollen sie nicht küren und einigen sich auf unentschieden. Sehr witzig Jungs, vielen Dank dafür!

Fotos:DASDING

Für uns geht es weiter. Während sich Ignite lautstark vor dem Fernseher äschovieren,
während die USA von Slowenien im Fußball eine auf den Deckel bekommt, trifft sich motor.de mit Frittenbude und plaudert über Dorfdiskos, Katzengold und Remixes.

Nach einem energiegeladenen und schweißtreibenden Liveerlebnis, das Frittenbude auf der White Stage gut gelaunten und hochmotivierten Fans bescheren, quälten wir uns durch den Matsch zurück zur Blue Stage, um uns mit Massive Attack zu treffen. Kurz vor ihrem Gig hatte Robert Del Naja noch ein paar Minuten Zeit für uns, um über die Musikszene in Bristol, ihre Genrekollegen Portishead und das Geheimnis ihrer einzigartigen Livegigs zu schwatzen.

Foto: Alex Beyer

Trotzdem die wummernden Bässe von The XX unsere Konversation ein wenig schwierig gestalteten, war es eine Freude, seinem euphorischen Berichten von den musikalischen Anfangszeiten im “fuckin’ ugly” Bristol zu folgen. Das Interview lest ihr in Kürze, hier schonmal die Impressionen vom Gig:


Fotos: DASDING

Zweifelsfrei waren Massive Attack ein wahrer Höhepunkt des Freitagabends. Mit der wohl gelungensten Bühnenatmosphäre gelang es ihnen, gesamten Massen in ihren Bann zu ziehen. Selbst bei den ruhigsten Passagen, in denen Zerbrechlichkeit und Melancholie Einzug hielten, um im Anschluss von Bassmassagen zersprengt zu werden, hielt das Publikum inne. Viele Momente des Eineinhalbstundensets werden den Festivalbesuchern wohl noch lange in Erinnerung behalten.
Doch auch The Strokes, die eine Stunde zuvor den Raum vor der Green Stage bis zum Bersten füllten, boten tausenden Fans eine phenomenale Show mit einer Setlist, die kaum zu wünschen übrig ließ. “You wanna hear ‘Someday’ – okay guys, let’s play!” im stilechten Rockergewand war Julian Casablancas bester Laune. Die Menge dankte es ihnen mit großartigem Feedback. Den Dezibelcontest haben sie wohl an diesem Abend gewonnen. Dieser endet in mittlerweile gewohntem Nieselregen, der jedoch keine Auswirkung auf die Stimmung hatte.

Samstag – 12 Uhr Mittags.

Der Tag beginnt mit Regen – mal etwas Neues. Doch mittlerweile ist die Hemmschwelle soweit gesunken, dass man sich von mangelden Sommer-Wetterlagen nicht mehr demotivieren lässt. Somit haben bereits The Get Up Kids und auch La Brass Banda eine dankbare Meute vor ihren Bühnen. Nach dem Gig hatte Hans von den Brassfunkern aus Bayern noch Zeit für einen kleinen Plausch. Er, seineszeichens Frontmann von La Brass Banda, erzählte uns von den ausgedehnten Touren quer durch die Welt. Sei es mit Holzskiern durch die Alpen oder mit der Transsibirischen Eisenbahn ins russische Hinterland – diese Band hat schon einige erlebt. Nur Amerika und Australien fehlen noch in ihrer Tourhistorie, doch das, so erzählte er uns, werde bald nachgeholt.

Wenig später statten wir Danko Jones einen Besuch ab und konfrontieren ihn mit dem, was er am liebsten tut – musikalischen Fachsimpeleien. Was Danko von akustischen Slayer-Imitaten und Radiohead hält und was er in seinem jugendlichen Plattenschrank so alles zu stehen hatte, lest ihr in Kürze bei uns.


Von Danko Jones geht es zu The Gaslight Anthem. Die vier Jungs haben das große Glück, die erste Band des Tages zu sein, der Sonnenstrahlen den Gig versüßen und natürlich auch ihren Fans, die zahlreich erschienen sind und sich im vorderen Bereich eine wahre Schlammschlacht liefern. “I bought the  sun for you, only for you” – wenn man es auch Frontmann Brian Fallon nicht so richtig abnehmen möchte (er war ohnehin sehr zum Scherzen aufgelegt), dankt es ihm die Menge mit tosendem Beifall.

Im Anschluss geht es zu Dendemann. Mit fetten Beats und bester Laune feiern er und unzählige Fans das schöne Wetter und überhaupt ein überaus spannendes Festival. Die Vorfreude steigt: das Abendprogramm füllen die Beatsteaks, The Prodigy und Deichkind. Man darf also durchaus gespannt sein.

Fotos: DASDING

Alle Erwartungen werden erfüllt. Während des Samstagabends explodiert das Festival. Scheinbar alle Besucher sind während der späten Abendstunden auf dem Festivalgelände unterwegs, um sich den Headlinerabend nicht entgehen zu lassen.

The Prodigy rocken die Blue Stage – zelebrieren eine Setlist der Extraklasse, die kaum Wünsche offen lässt. Die Bühne platzt aus alle Nähten, die Euphorie auch. Wenn die Herren Flint und Reality natürlich extrem abgeklärt wirken und sich aus Menschenansammlungen diesen Ausmaßes nicht mehr allzuviel zu machen scheinen, sind sie dennoch begeistert und stellenweise sichtlich Mühe, ihr Understatement zu wahren – die Menge ist außer Rand und Band. Parallel dazu feiern die Beatsteaks mit ebensovielen Fans und geben eine Perle nach der anderen zum Besten. Selbst “Hey Du”, gesungen von Gitarrist Peter und Klavierbegleitung, steht auf dem Programm. Beatsteaks auf dem Southside 2010 und somit ein weiterer Beweis:
die Beatsteaks haben sich endgültig zur Stadionband entwickelt – ein weiterer findet sich auf ihrem Tourplan für Frühjahr 2011. Als letzter Act des Samstagabends wartet eine ganz spezielle Performance: Deichkind. Eine Bühnenshow der Superlative: Alle Songs mit nahtlosen Übergängen versehen mit großem Schauspiel: die Musiker schweben über die Bühne, fahren im Schlauchboot über ihre Fans und geben während dessen alles zum Besten, was gewünscht wird. “Aufstand im Schlaraffenland”, “Bon Voyage” und natürlich “Remmidemmi”, bei dem sich die fünf Jungs keiner einzigen Silbe mehr bemühen müssen – die vielen Tausend vor der Bühne waren lückenlos textsicher. Deichkind live – ein echtes Erlebnis! Nach einem grandiosen Abend geht der Samstag zu Ende und das ausnahmsweise mal ohne Regen.

Sonntag – der letzte Teil der Southside Triologie 2010.

Als eine der ersten Acts spielt der britische Singer/Songwriter Frank Turner mit seiner Band auf der Blue Stage. Ein gelungener Start in den Tag, versprüht er genau wie der ausbleibende Regen durch seine Gelassenheit und Freude am Spielen jede Menge Motivation. Es folgt noch sichtlich mitgenommen vom Vortag Jennifer Rostock: “Scheiße, ich bin immer noch besoffen”, so die Sängerin. Gerockt wird trotzdem – jedoch mit harter Konkurrenz.
Die Deftones bespielen die Green Stage. Für Chino Morino ist dieser Gig etwas besonderes. “It’s my birthday today.” Die Fans danken es ihm mit tosendem Applaus und einem Geburtstagsständchen. Nach den Deftones gehört die Bühne Skunk Anansie, die ein wahrlich perfektes Konzert spielen. Sie glänzen mit unheimlicher Energie, Motivation und Spielfreude. Frontfrau Skin springt unaufhaltsam von einer Ecke der Bühne in die andere, lässt sich ins Publikum fallen und beweist mit ihren drei Mitmusikern, dass diese Reunion bitternötig gewesen ist. Nach ihnen stehen Porcupine Tree auf dem Plan. Steven Wilson präsentiert sich in gemütlichem Jogging-Dress und barfuß. Genauso entspannt wie sein Äußeres, ist auch sein Auftreten und die Ausstrahlung der ganzen Band. Keine unnötigen Bühnenrequisiten, keine großen Ansprachen – dafür aber eine grandiose Liveband. Auf die Progressiverocker folgen die Stone Temple Pilots. Ein zwar leicht neben der Spur wirkender, dafür aber stimmlich unheimlich stark auftretende Scott Weiland serviert mit seinen drei Musikerkollegen eine Setlist, die quer durch die gesamte Geschichte der Band führt. Beinahe alle Klassiker sind vertreten, sowie auch vier neue Songs ihres aktuellen Albums. Trotzdem bleibt zu sagen, dass auch Rock’n’Roller älter werden. Somit haben die Pilots leider einiges von ihrer Bühnenenergie eingebüßt. Musikalisch hingegen gibt es wenig zu mäkeln. Im großen und ganzen eine schöne Liveerfahrung.
                                                             Fotos: DASDING

Das Southsidefestival 2010 verabschiedet sich mit zwei weiteren großen Headlinern – Billy Talent…

und Mando Diao…

…spielen den Rausschmeißer, danach werden die Festivalisten ein letztes Mal in den Matsch entlassen.

Diese drei Tage werden allen Besuchern wohl noch lange im Gedächtnis bleiben. Trotz Regen, Kälte und den kleinen und großen Campingkatastrophen war das Southside 2010 ein voller Erfolg. In der Sonne campen und im Staub tanzen, kann schließlich jeder. Im Matsch schlafen und im selbigen vor der Bühne stecken bleiben, ist da doch echt mal etwas erfrischend anderes. In diesem Sinne: bis zur nächsten Schlammschlacht!

Wir danken den freundlichen Kollegen von DASDING für die visuelle Unterstützung unseres Blog-Artikels.

Fotos zu jeder Band des Southside 2010 findet ihr »Hier.

Besucherfotos des Festivals findet ihr »Hier.

Zu den Live-Konzertmitschnitten geht es »Hier.

Vom Southside-Festival 2010 berichtete für Euch Alex Beyer.