Die Sportfreunde Stiller spielten diesen Sommer etliche Festivals. Warum sie wieder da sind und wie sie zum aktuellen Musikgeschehen stehen, erzählt Sänger Peter Brugger im motor.de-Interview. 

(Foto: Gerald von Foris) 

Das Foto mag täuschen, die Sportis waren in diesem Jahr nicht nur auf dem Hurricane und Southside zu sehen. motor.de hat die sympathischen Bayern bei diesjährigen Highfield Festival abgefangen, auch wenn das Trio vor fünf Jahren ihr letztes Studioalbum veröffentlicht hat. Nach dem Wind um ihre Live-Platte “MTV Unplugged in New York” zogen sich die Sportfreunde erst mal zurück ins Familienleben und planen nun, sich wieder ins Songwriting zu stürzen. Mit den Jahren sind sie bärtiger geworden und gleichzeitig reicher an Lebenserfahrung, von der die kommende Platte profitieren soll. Trotz Pause führt natürlich kein Weg vorbei am Musikmarkt und so fragen wir Sporti-Sänger Peter Brugger im Highfield-Festival-Backstage nach seiner Meinung zum Thema Gema und den Protesten um die Verurteilung von Pussy Riot.

motor.de: Trotz ein paar Jahren Pause beobachtest du ja sicherlich noch das Geschehen auf dem Musikmarkt. Wie stehst du denn zur aktuellen GEMA-Diskussion? Schließt du dich den Gegnern an?

Peter: Das ist mir zu einseitig. Die GEMA vertritt schließlich uns als Künstler und unsere Urheberrechte. Die bemühen sich so zu tun, als würden die Gelder, die sie einnehmen, gerecht verteilt werden. Das Problem daran ist, die GEMA ist so ein riesiger, komischer Laden, den keiner so richtig durchschaut und ihre Öffentlichkeitsarbeit ist mehr als schlecht. Aber im Grunde würde ich sie nicht so verteufeln, weil sie eigentlich etwas Gutes machen. Also, dass die Künstler, die ihre Ideen da unter die Leute werfen, auch Geld dafür kriegen. Und das ist okay. Diese ganze komische Diskussion mit den Erhöhungen der Tarife für kleine Clubs – das ist natürlich problematisch, wenn es damit einhergeht, dass Clubs zugrunde gehen. Aber das ist auch etwas populistisch, was da so teilweise kommuniziert wurde. Dass sie jetzt das Zehnfache abgeben müssen als zuvor stimmt so auch nicht, zumindest habe ich das so mitbekommen. Ich habe mich da ein bisschen informiert. Und man kann auch reden mit diesen Menschen von der GEMA. Es wird ein wenig hoch gekocht und das schwierigste ist, dass die GEMA eben so ein undurchsichtiger, großer Laden ist. Bürokratisch, steif und sie verkaufen sich ein bisschen schlecht.

motor.de: Apropos steif: Die Strukturen der GEMA sind ziemlich verkrustet, bist du der Meinung, das Urheberrecht sollte an das digitale Zeitalter angepasst werden?

Peter: Ein Urheberrecht ist ein Urheberrecht und das kann jetzt nicht alt oder neu sein. Wenn jemand etwas erfindet, dann hat er das Recht darauf und dann muss das irgendwie auch gewährleistet sein, dass dem jeweiligen Künstler dieses Recht zusteht. Wenn es um das digitale Zeitalter geht, ist da ja nicht nur die GEMA schwierig, da sind auch die Labels schwierig. Jeder versucht einen Schlupfwinkel zu finden, wie er eben günstiger raus kommt und das ist auch eine große Problematik. Ich denke, das kam eben alles etwas schnell und sowohl große Plattenfirmen als auch die GEMA waren darauf nicht vorbereitet und konnten damit nicht umgehen. Also ich möchte den jungen Leuten jetzt keinen Vorwurf machen, wenn die sich irgendwelche Sachen runterladen, weil wir haben früher auch Kassetten aufgenommen und wollten auch das Zeug haben und hatten kein Bewusstsein dafür, dass da Kosten dahinter stecken und dass da irgendwer gerade geprellt wird um sein Geld, das ihm zusteht. Aber dennoch möchte ich das gern ins Bewusstsein rücken, dass es ein Aufwand ist, Musik aufzunehmen und dass den Künstlern auch da ihre Kohle natürlich zusteht, da die natürlich auch Geld hinein investieren.

motor.de: Nicht nur die GEMA ist gerade ein großes Thema im musikalischen Tagesgeschehen, auch die Verhaftung beziehungsweise Verurteilung von Pussy Riot kursiert durch sämtliche Medien. Hast du den Prozess verfolgt?

Peter: Also da haben wir uns jetzt nicht engagiert, aber ich fühle mit diesen Mädels mit. Ich find es unglaublich mutig, was die machen. Es ist auf der anderen Seite wahnsinnig bitter, was denen jetzt widerfährt und was Russland da abzieht. Das ist wirklich echt bedenklich, dass es das gibt, überhaupt nach wie vor so furchtbar ungerechte Sachen. Umso mehr muss man die Taten von Pussy Riot anerkennen und dass die eine bei der letzten Verhandlung während ihres Plädoyers auch noch mal dieses krasse Statement raus gehauen hat. So mutig und so toll und so wichtig auch, dass die dafür kämpfen. Ich schicke ihnen aus der Ferne jede Menge Power und Energie hinüber und hoffe das kommt an und hoffe, dass sie alles gut überstehen.

motor.de: Um mal auf weniger harten Tobak umzulenken: Schaust du dir manchmal den deutschen Musikmarkt an? Derzeit sind Künstler wie Kraftklub und Casper hoch im Kurs.

Peter: Die Burschen da drüben? (zeigt auf Kraftklub, die unweit von uns sitzen) Die find ich toll. Wir waren die Tage auf dem Frequency in Österreich und da habe ich auch Kraftklub gesehen und die machen echt sehr geile Sachen. Eine sehr gute Band. Casper mag ich auch gern. Die neuen Bewegungen auf dem deutschen Markt sind wirklich interessant und ich find’s toll, was da so nachkommt.

motor.de: Ist denn zwischen den derzeitigen Trends noch Platz für Bands wie euch? Beziehungsweise seht ihr da einen Druck auf euch lasten, der es einem neuen Album schwer macht?

Peter: Wir haben gerade wieder begonnen mit dem Lieder schreiben und wollen im Herbst mit den Aufnahmen beginnen. Und unsere Hoffnung ist, dass nächstes Jahr eine Platte von uns raus kommt. Wann auch immer das sein wird, also wir arbeiten daran.

motor.de: Hast du schon eine Ahnung, in welche Richtung sich das bewegen wird? Schließen die neuen Songs an die letzte Platte an oder habt ihr euch in eurer längeren Pause stark verändert, sodass sich das vielleicht auch musikalisch und textlich niederschlägt?

Peter: Wir haben uns schon verändert. Zum Beispiel dieses Unplugged war eine wichtige Erfahrung für uns, weil wir da einfach live eine Platte aufgenommen haben. Das war toll. Auch zu sehen, dass man mit Proben tatsächlich besser werden kann, war eine schöne Erfahrung.

motor.de: Na dann hat sich das ja gelohnt.

Peter: (lacht) Ja, doch, irgendwie schon. Wir haben früher auch nie gemeinsam aufgenommen, jeder hat so sein Instrument eingespielt und dann ist es so zusammen gewachsen und das war eine tolle Erfahrung, dass man während des Spielens auch mal mitbekommt, was der andere so spielt. Einfach um festzustellen: ‘Ah okay, das spielst du. Na dann passt ja das, was ich spiele gar nicht dazu’ und so. Und diese Erfahrung wollen wir mit hinein nehmen in die Aufnahmen unserer neuen Studioplatte und vielleicht auch einen Song zusammen live einspielen. Und klar, wir sind älter geworden, wir kratzen jetzt an die 40 langsam ran. Da wir es eben davon hatten: Es ist schön junge Bands zu sehen, die da einfach ganz anders rangehen, die so diese Anfangsenergie haben und völlig befreit aufspielen. Das verliert man leider mit der Zeit so, wenn man dann länger dabei ist. Auch zwangsläufig natürlich, weil man schon viele viele Lieder geschrieben hat und merkt man setzt sich hin und schreibt irgendwas und denkt sich so ‘Hmm, irgendwie kommt mir das bekannt vor, das hab ich doch schon mal so ähnlich so geschrieben’. Klar, man hat halt seine Themen, die einen bewegen, und dann kommt eben manchmal was ähnliches dabei raus. Deswegen war es uns total wichtig, Pause zu machen, mal wieder so ins normale Leben einzutauchen, Familienleben zu führen. Ein Alltagsleben zu führen, tatsächlich. Mit Freunden Dinge erleben, reisen… Also im Backstage abzuhängen und sobald wieder ein leichtes Gefühl von Hunger aufkommt sich den Teller aufzuladen, ist irgendwie tatsächlich nicht so inspirierend. Und nach Beziehungen, Konflikten, Probleme lösen, war es uns jetzt wichtig, mal wieder auf der Bühne zu stehen und zu schauen, wo wir jetzt eigentlich so stehen. Zu sehen, ob es uns noch Spaß macht. Scheinbar geht das noch alles.

Interview: Elisabeth Eberhardt