Soundgarden und Alice In Chains sind reaktiviert, Pearl Jam waren nie weg vom Fenster und Nirvana sind es für immer. Halt, fehlt da nicht noch eine Band? Die Antwort lautet: Ja und Nein.

Lange ist es her. Neun Jahre, um genau zu sein. “Shangri-La Dee Da” hieß das letzte Album-Lebenszeichen der San Diegoer Antwort auf den Seattle-Sound und war ein psychedelisch angehauchtes Post-Grunge-Pastiche. Danach suchte Sänger Scott Weiland sein Seelenheil in einer zum Scheitern verurteilten neuen Formation namens Velvet Revolver und wie noch zuletzt einem zweiten Soloalbum, während seine ehemaligen Mitstreiter, das Brüderpaar DeLeo sowie Schlagzeuger Eric Kretz gemeinsame und getrennte musikalische Wege verfolgten.

Doch nun sind sie nach ausufernder US-Tour und neuem gleichnamigen Album unter jenen drei Worten wieder vereint, die einst für millionenschwere Albumabsätze standen. Das Ergebnis ist eine gelungene, entspannte und gar nicht nach Scheinwerfer-Aufmerksamkeit, Drogen-Skandalen oder dicken Hosen schreiende Wohlfühl-Platte, die stärker als je zuvor die wahren musikalischen Vorlieben und Vorbilder der Band bemüht. Klassischer Rock mit fluffigen Powerpop-Zusatz könnte man es nennen. Zumindest scheint die West-Coast-Rock-Sonne auf diesem Album ziemlich stark durch. Und auch am großen pophistorischen “B” kommt man dieser Tage nicht vorbei. “Natürlich ist jeder Vergleich mit den Beatles als Kompliment zu verstehen. Auch wenn ich persönlich jetzt nicht so viel Beatles in den Songs höre”, winkt Gitarrist Dean DeLeo ab, ” ‘Dare If You Dare’ hat vielleicht so einen gewissen Beatles-Touch. Zumindest, wie wir den Song letztendlich aufgenommen haben. Ich hatte zunächst eher so einen Mountain-Sound im Ohr, aber der Ansatz hat sich durch den Einsatz des Wurlitzer Electic Pianos wieder etwas geändert.” Okay, also schon ein bisschen Beatles.

Dazu Spät-Sechziger Hard Rock und ein klassischer Klimperkasten – die Pilots steuern dieser Tage ganz klar eher in Richtung Classic Rock als in die Alternative Zukunft. “Ich werde dieses Jahr 49 Jahre alt und die Siebziger werden immer mein Rock-Bezugsrahmen sein”, weiß DeLeo um seine schlechten Karten in Sachen trendbildender jugendlicher Hipster.

Ich bin froh in diesem Zeitalter groß geworden zu sein, denn diese Zeit war echt eine sehr gute Ära für die Musik. Selbst die Popmusik in dieser Zeit hatte richtig Substanz. Ich hab einen weiteren Bruder, der jetzt um die 60 ist und ich erinnere mich noch genau daran, wie ich als kleines Junge von sieben Jahren Hendrix aus seinem Zimmer heulen hörte. Meine Schwester spielte immer die Doors und Crosby, Stills, Nash And Young. Und meine Mutter war großer Andy Williams- und The Mamas And The Papas-Fan. Es gab also immer viel Musik in unserem Haus. Du konntest alle musikalischen Facetten hören, abhängig davon, in welchem Teil des Hauses du dich gerade befindest. Von Burt Bacharach bis Zeppelin. So bin ich aufgewachsen.”

Das hört man. Und seien wir mal ehrlich: Richtig Grunge waren die Stone Temple Pilots ja noch nie.

Frank Thießies

VÖ: 21.05.2010

Label: Atlantic

Tracklist:
1. Between The Lines
2. Take A Load Off
3. Huckleberry Crumble
4. Hickory Dichotomy
5. Dare If You Dare
6. Cinnamon
7. Hazy Daze
8. Bagman
9. Peacoat
10. Fast As I Can
11. First Kiss On Mars
12. Maver