“First you have to trust me” sind die ersten Worte, die der Sänger der schwedischen Band Streetwaves mit belegter Stimme und verschlafenem Timbre in den Raum döst. Vertrauen sollte man diesen Jungs – zuhören will man sowieso -, aber am besten folgen wir ihnen auf eine der Bühnen – ob groß oder klein – denn ihr transatlantischer Rock-Mix sorgt für ordentlich Endorphinausstoß.

Voids Of Charm

Mit einer an Okkervil River erinnernden Melodie tapsen Streetwaves durch die ersten zwei Minuten ihres Albums “The Pleasure To End All Pleasure”, die Gitarren klirren wie Glasperlenspiele und wenn der Chor am Ende des schnurrigen Albumopeners “Whatever Is Available Will Be Your Next Step” kurz aufblitzt, öffnen sich die Himmelstore einige Millimeter und lassen Streetwaves in Arcade Fire-Manier erstrahlen. Dabei ist überschwänglicher Pathos dem schwedischen Quartett ansonsten eher suspekt. Klar, um ein Debütalbum zu eröffnen, kann man schon mal in die glitzernde Trickkiste greifen, doch im folgenden “Dark Years” ballern sie jegliche folkige Erinnerung mit viel Verve an die nächste Hauswand – auf der mit schlammigem Graffiti The Cure und The Hives steht.

Doch bevor wir das fulminante Debüt der Schweden weiter preisen – Wie ging das eigentlich los mit den Streetwaves? Klar, Schweden – das Möbel-Mekka und das Land der Rock’n’Roll Highschools, wo einem schon zur Einschulung die erste E-Gitarre in die kleinen Hände gelegt wird. Die Biographie der vier Jungs ist nämlich ein schwarzes Loch. Wirklich. Nach stundelanger Recherche ist nicht einmal der Name des Sängers auf dem Bildschirm aufgetaucht. Absicht oder Geheimtipp? Egal.

Was wir wissen: Im Februar 2006 wurden die Streetwaves erstmals über die schwedischen Grenzen hinaus wahrgenommen. Sie spielten in einigen deutschen und österreichischen Clubs. Mitte 2007 veröffentlichten sie ihr Debütalbum, welches jedoch von so ziemlich jedem übersehen wurde. Zu Unrecht wie auf der letztjährigen Popkomm bewiesen wurde. Dort teilten sie sich die Bühne mit Friska Viljor und den Shout Out Louds.

Zurück zur Musik.

“Death Of Excitement” und “Voids Of Charm” paaren die rockenden New York-Attitüden der üblichen Verdächtigen – den Strokes und Interpol – mit schizophrenem Stolper-Gesang. Julian Casablancas auf Droge lässt grüßen. Das Schlagzeugpedal wirft mit Herzrhythmusstörungen à la Arctic Monkeys um sich, drückt ordentlich aufs Gas und transportiert Großstadt-Coolness in eine ungeheizte Blockhütte. Arme und Beine ergeben beim Warmtanzen eine rotierende Scheibe, und so mancher Holzsplitter verfängt sich in den Wollsocken. Das hat Drive und dürfte beim allwöchentlichen Indie-Zappeln zu unkontrollierten Zuckungen animieren.

Live collection from Sandslån, northern Sweden@youtube

Auf “The Pleasure To End All Pleasure” beweisen Streetwave jedoch nicht nur Partytauglichkeit. In “Love Was Never Young” und “Holy Stranger” lehnen sie sich entspannt zurück, zupfen an den Fasern des verranzten Lounge-Sessel und beobachten das adoleszente Treiben im Club. Die musikalischen Weiten des schwedischen Raumes überraschen einen immer wieder. Diesmal bitte nicht verpassen.

Text: Steffen Meyer