Es dauert sicher noch bis nächstes Jahr, bis das neue Album von Element of Crime erscheinen wird. Aber die Band und vor allem ihr Kopf Sven Regener sind bereits jetzt in aller Munde. Für den Regisseur Leander Haussmann haben sie Musik und Songs zu seiner neuen Komödie „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“, die am 28.8. in die Kinos kommt, geschrieben. Und Anfang September erscheint auch noch Regeners neuer Roman „Der kleine Bruder“, in dem es ein drittes (und vorerst letztes) Mal um Herrn Lehmann geht.

Herr Regener, Leander Haußmann hat gesagt, Sie hätten seinen Film gesehen und gesagt: „Den mach ich Dir noch besser“…
Solche markigen Worte soll ich gesagt haben? Ich bin doch eigentlich viel zu vorsichtig, um so etwas zu sagen. Wahrscheinlich hatte ich da schon ein paar Biere getrunken. Aber es ist ja logisch: wenn man nicht das Gefühl hätte, dass der Film durch das eigene Dazutun besser werden würde, dann könnte man es auch bleiben lassen. Es ist schließlich nicht so, dass Element of Crime nicht noch anderes zu tun oder wir uns gelangweilt hätten.

Womit waren Sie denn gerade beschäftigt, als „Robert Zimmermann“ Ihren Weg kreuzte?

Wir ließen es eigentlich gerade locker angehen und machten noch ein bisschen Pause, bevor wir jetzt demnächst mit der Arbeit an einem neuen Album beginnen wollten. Aber es war gar nicht schlecht, dass uns dann der Film passierte, denn so kam man in die Songschreibe-Sause rein, ohne dass man sich schon mit eigenen Themen befassen musste. Genauso ist es manchmal nach einer langen Pause auch ganz gut, einfach mal ein paar Songs zu covern, um wieder reinzukommen und sich nicht sofort etwas ausdenken zu müssen.

Und dann waren Sie direkt wieder drin und haben sofort das neue Element of Crime-Album geschrieben?
Nein, das nicht. Wir brauchen immer ziemlich lange, bis wir so ein Album mal fertig haben. Am Anfang machen wir zwei Songs, die wir dann auch innerhalb von ein paar Tagen gleich aufnehmen. Und dann warten wir, bis wir wieder zwei Songs haben. So kann es sich über anderthalb Jahre hinziehen, bis man 12 Songs zusammen hat. Dann gehen wir noch mal zehn Tage am Stück ins Studio und gucken, was noch nicht stimmt oder was wir noch hinzufügen können. So läuft das in etwa, aber das ist eben ein durchaus langwieriger Prozess. Früher haben wir natürlich auch innerhalb von zwei, drei Monaten Songs über Songs geschrieben und sind dann für fünf Wochen am Stück ins Studio. Aber das können wir heute gar nicht mehr. Das ist doch dann wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“, da werde ich rammdösig.

Was war es denn nun aber, das Sie an dieser Filmmusik reizte?
Ich fand es als Texter der Band reizvoll, wirklich Themen aus dem Film für die Songs zu nehmen. Leander wollte, dass wir explizit die Handlung des Films besingen. Das finde ich stark, so wie bei Bob Dylan und „Pat Garrett and Billy the Kid“. Das wird nur noch selten gemacht, aber ich mag so etwas. Vorgegebene Themen hat man sonst ja nie. Nur als wir vor Jahren die Musik zu Leanders „Peter Pan“-Inszenierung am Schauspielhaus Bochum geschrieben haben, war das eine ähnliche Erfahrung. Das ist inspirierend.

Wollte Leander denn auch, dass Sie sich von Bob Dylan inspirieren lassen, auf den immerhin der Filmtitel verweist?
Das war eher mein Ding. Bei dem „Robert Zimmermann“-Lied klingt das eindeutig durch, das hat einen dylanesken Einschlag. Vor allem durch das Ende, das ist in seiner Phrasierung ein typisches Bob Dylan-Ende. Ohne dass das natürlich in irgendeiner Weise justiziabel wäre, was schließlich auch nicht nur wichtig, sondern vor allem eine Frage der Ehre ist. Wir wollte ja nicht Dylan kopieren, sondern trotzdem so’n Element of Crime-Kram machen! Aber es hat eben diese Anmutung – und das hat mir tierischen Spaß gemacht. Da konnte ich nicht an mich halten, ein solches Lied wollte ich gerne haben.

Titeltrack – Robert Zimmermann

Was war Ihr Ziel bei den Songs, die Sie für den Film geschrieben haben?
Natürlich sollten sie in erster Linie gut klingen, außerdem sollte man Elemente des Films wieder entdecken. Alles bekommt ja einen Glanz, wenn man es in der Kunst gefunden hat. Das ist schon bei kleinen Kindern so: wenn die noch nie ein Pferd gesehen haben und man zeigt ihnen eines während einer Autofahrt, dann finden die das uninteressant. Aber wenn sie vorher schon eins in ihrem Bilderbuch gesehen haben und man kann dann sagen: „Guck mal, da draußen ist ein Pferd, genau wie in deinem Buch“ – dann ist das für sie sofort viel interessanter. Das es eine Entsprechung gibt zwischen der Kunst und dem echten Leben, das ist das Reizvolle. Ein Pferd, das blöd auf einer Weide herumsteht, hat sofort eine andere Aura, wenn es in einem Buch abgebildet war. So ist das immer, und deswegen bekommt auch der Hotdog unten am Hafen auf der Leinwand einen anderen Glanz, wenn wir ihn besingen. Der letzte Scheiß bekommt einen Glamour, wenn man darüber singt oder man ihn im Film sieht. Ein totaler Volltrottel von nebenan wird doch am nächsten Morgen von den Leuten angesprochen, wenn er abends im Publikum einer Talkshow saß und in die Kamera gewinkt hat. Er ist eigentlich der gleiche Langweiler wie vorher, aber plötzlich hat er einen neuen Glanz. Ich kann gar nicht genau sagen, warum das so ist, aber genau das ist die Aufgabe der Kunst. Da hat man ihre Definition in der Nussschale: man gibt den Dingen neuen Glanz!

Um mal etwas abstrakt ein Thema des Films aufzugreifen: glauben Sie, dass Männer mit der Liebe anders umgehen als Frauen?
Ach, keine Ahnung. Ich weiß noch nicht einmal, wann man mit der Liebe umgeht und wann es nicht vielleicht doch um etwas anderes geht. Natürlich geht es immer irgendwie um die Liebe, aber es geht eben auch immer noch um etwas anderes. Das darf man nicht vergessen, die Sachen durchdringen sich gegenseitig. Ich habe ein Problem mit „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“. Nicht mit Leanders Film, den finde ich lustig. Aber mit dieser speziellen Sichtweise auf die Dinge, dieses Ratgeber-Gender-Ding, denn das finde ich absurd und grotesk. Mein Blick liegt darauf, das Unterscheidende herauszufinden, nicht die Gemeinsamkeiten. Mich interessiert, wie Heribert Schluckebier letzten Mittwoch um halb 10 über die Liebe gedacht, nicht was Männer an sich darüber denken. Das ist etwas für Frauenzeitschriften.

Dieser Tage erscheint auch Ihr neues Buch…
Ja, „Der kleine Bruder“. Es schließt direkt an „Neue Vahr Süd“ an und handelt davon, wie sich Frank Lehmann in Berlin innerhalb allerkürzester Zeit ein neues Leben aufbaut. Die ersten beiden Romane beschrieben, wie sein Leben in die Trümmer geht, aber hier zeige ich, dass es auch eine andere Phase gab. Er ist plötzlich der richtige Mann zur richtigen Zeit – wobei er mitunter sehr groteske Methoden anwendet, um dieses neue Leben aufzubauen. Es geht dieses Mal nur um nicht einmal 48 Stunden. Hat mir sehr großen Spaß gemacht, das zu schreiben.

Ist das Kapitel Lehmann damit dann abgeschlossen?
Erstmal ja, denn das waren die drei Bücher, die ich geplant hatte. Herr Lehmann ist schließlich nicht Winnetou, der ewig weitermachen kann. Irgendwann nervt es dann auch.

Der Soundtrack zum Film:
Robert Zimmermann Wundert Sich Über Die Liebe

: 22.08.2008

Label: Vertigo

Tracklist:
01 / Ein Hotdog unten am Hafen
02 / Polizeiwachen Blues
03 / Der Boxer
04 / Robert auf der Jagd
05 / Robert und Monika
06 / Weißer Walzer
07 / No More Trouble
08 / Trash Like Us
09 / I Can’t Stop My Feet
10 / Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe
11 / Über dir der Mond
12 / Jennifer Juniper
13 / Habe Mut
14 / Robert Zimmermann

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