“Ter Haar” – bei dem Namen denkt man schnell an Holland, oder? An eine Stadt am Ijsselmeer, vielleicht, oder auch an den in Hilversum geborenen Kinderbuchautoren Jaap ter Haar zum Beispiel. Ob sich Ter Haar – die Band – nach dem immerhin mit Auszeichnungen wie dem “Goldenen Griffel” und dem “Buxtehuder Bullen” bedachten Schriftsteller benannt hat, weiß ich nicht. Vielleicht fanden die drei Jungs auch nur den Klang der Worte gut. “Ter Haar”. Denn aus Holland kommen Philipp Koller, Jonathan Saal und Hannes Kaschell keineswegs. Sondern – natürlich? – aus Berlin. Genauer gesagt: aus Karlshorst! Das sollte ruhig mal erwähnt werden, schließlich kann sich der ansonsten eher periphere Bezirk nun neben Ilja Richter noch einen weiteren gewichtigen Beitrag zum Unterhaltungsgeschäft aufs Wappen sticken.

Aber mal im Ernst: Natürlich hat der Sound von Ter Haar nichts mit DISCO zu tun. Statt nach den Siebzigern oder nach Holland klingt die Musik des Trios vielmehr nach dem Chicago der Neunziger und allem, worauf sich diese Szene dann im Folgenden ausgewirkt hat. Auch wenn sie kürzlich von last.fm-User “gudule6” als “german” getaggt wurden – “Deutsches” gibt es bei Ter Haar höchstens als Re-Import. Denn schließlich wurden Bands wie Tortoise, The Sea & Cake und Califone ja nicht gerade wenig von den sogenannten Krautrock-Pionieren, allen voran Can und Neu!, beeinflusst. Und so schließt sich ein Kreis, wenn sich Bassist Jonathan, Gitarrist Philipp und Drummer Hannes dann wiederum bei den Postrock-Bands wie Tortoise inspirieren lassen, ohne zu klauen.

Seit sie am 26. Januar ihr Live-Debüt im Berliner “Rosi’s” gaben, haben die drei kontinuierlich an ihrer musikalischen Vision gefeilt. Und die beinhaltet nicht notwendigerweise Gesang: “Vier Songs eröffnen die vorhersehbar fesselnde Discographie von Ter Haar aus Karlshorst”, schreiben sie selbst nicht gerade selbstzweiflerisch aber dennoch nicht unbegründet auf ihrer Website, anlässlich der 2007 veröffentlichten Debüt-10″ (Vinyl!). “Sie bringen Rhythmus-Theoretiker zum Lächeln und die Welt im Allgemeinen dazu, instrumentale Lieder zu singen. Schlagzeug, Bass und Gitarre scheuchen Ideen über die Tanzfläche – direkt in die Herzen der Menschen. So bewegen sie diejenigen, die dachten, die Welt der Instrumente sei abgefrühstückt dazu, das Büffet zu überdenken.”

Ihr 17. Konzert war die Record-Release-Party der eben erwähnten, selbstbetitelten Debüt-EP; seitdem sind fast 30 Auftritte dazu gekommen, in denen wie in unzähligen Proberaumstunden die Karlshorster ihren Sound verfeinert. Und tatsächlich: Songs wie “Pif Paf Poltrie” sind extrem eingängig ohne auf so schnöde Dinge wie Hooklines und Refrains zurückgreifen zu müssen, “Harry Me” becirct durch die Leichtigkeit, die Tortoise seit “TNT” (also seit zehn Jahren) vermissen lassen, und am 16. August gibt es die nächste Gelegenheit die “sechs Hände und sechs Ohren” von Ter Haar in Person dabei zu erleben, wie sie ihre “real-time overdubs and live loops” beim Populario Festival in Hoyerswerda entfesseln werden. Und ein Buchtitel vom eingangs erwähnten Jaap Ter Haar könnte, auch wenn es wirklich keine weitere Verbindung gibt, leicht abgewandelt ganz gut als Motto für “unsere” Ter Haar herhalten: “Behaltet die Musik lieb!”

Ralph Schlegel