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The Airborne Toxic Event

Alkohol, Geigen und ein schier unendlich leidender Sänger – The Airborne Toxic Event feiern auf ihrem unbetitelten Debüt den Herzschmerz.

Ein von einem Pfeil durchbohrter Vogel, dessen Blut der einzige Farbklecks auf dem ansonsten trostlos schwarz-weißen Albumcover darstellt und Songtitel wie „Happiness Is Overrated“ lassen zunächst Dunkles erahnen. Und tatsächlich: Sänger Mikel Jollett hat den Schmerz erlebt. Das kann man seiner Biografie entnehmen und auch den Lyrics: Mit einer Stimme, die viel eher an durchzechte Nächte in verqualmten Bars erinnert, als an die sonnigen Straßen der Bandheimat L.A., kämpft er sich durch fast 40 Minuten Herzschmerz. Mal quietschend, fast schreiend, oder mit sich überschlagender Stimme berichtet Jollett, was so alles schief gehen kann in der Liebe und im Leben.

Doch weit gefehlt, wer jetzt düsterste musikalische Untermalung erwartet: The Toxic Airborne präsentieren das Leid im Gewand gefälliger Uptempo-Stücke, deren griffige Gitarrenriffs einen interessanten Kontrast zu Jollets markantem Gesang bilden. Zeilen wie “You’re too drunk to notice that everyone is staring at you” offenbaren, dass dieser ohnehin ein großer Fan alkoholischer Zerstreuung zu sein scheint und so klingen auch die Songs wie ein Abend, an dem man sich ordentlich mit seinen besten Freunden besäuft, um dem Liebeskummer für ein paar Stunden zu entfliehen. Da kann man tanzen, jauchzen, in die Hände klatschen und zu späterer Stunde immer ein wenig zusammenbrechen, wie Jollet es tut: “I might be all right, I guess. If I wasn’t such a mess“, singt und schreit er am Ende von “Papillon” und man glaubt ihm sofort.

Nach einer Weile wirkt dieser eingängige Garage-Rock mit seinen wohl platzierten Hooklines jedoch zu abgerundet, zu gesichtslos. The Airborne Toxic Event scheinen nichts falsch machen zu wollen, und das ist wohl ihr Problem. Man könnte das Album fast in die Kategorie “unterhaltsame Nebenbeschallung” einordnen, wären da nicht die Stücke, auf denen TATE schrammelige Gitarrenpassagen hinter sich lassen, um sich dem zu widmen, was sie offensichtlich am besten können: Großen Indie-Hymnen. Der Opener „Wishing Well“ verbreitet mit druckvollem Tempo zu epischen Lyrics melancholische Aufbruchsstimmung, während die von Geigen eröffnete und wunderbar dicht instrumentierten Ballade „Sometime Around Midnight“ wohl das Herzstück des Albums darstellt. Das abschließende „Innocence“ bietet Jollett mit Akzente setzendem Keyboard und einer dem sich beharrlich steigernden Tempo trotzender Geige eine passende Bühne für seinen finalen Gefühlsausbruch.

The Toxic Airborne Event – Sometime Around Midnight (live)

Der in der Musikpresse so hoch gepriesene Vergleich mit Arcade Fire mag hier seine zaghafte Berechtigung finden. Doch was das große Vorbild aus Kanada hat – eine verschrobene Einzigartigkeit, die sie zu einer der aktuell besten Indiebands der Welt macht – genau das fehlt The Airborne Toxic Event. Vielleicht kann man sagen: Noch. Die großen Gefühle sind da – jetzt fehlt nur noch der Mut zu Ecken und Kanten.

Sarah Schaefer

VÖ: 10.7.
Label: Island (Universal)

Tracklist:
1. Wishing Well
2. Papillon
3. Gasoline
4. Happiness Is Overrated
5. Does This Mean You’re Moving On?
6. This Is Nowhere
7. Sometime Around Midnight
8. Something New
9. Missy
10. Innocence

The Airborne Toxic Event – Does This Mean You’re Moving On?

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