Vielleicht kann eine Band wie The Audience nur in einer Stadt wie Hersbruck zu dem werden, was sie jetzt ist. Jener Fleck im Großraum Nürnberg ist von tiefen Gegensätzen geprägt, von Attributen, die einer gepflegte Schizophrenie gut zu Gesicht stehen würden.

Kleines Beispiel gefällig? Die bisher prominentesten Söhne von Hersbruck hören auf die klangvollen Namen Günther Beckstein und Robocop Kraus, noch Fragen? Im steten Kampf gegen erzkonservative Mächte – Beckstein ist der einzige Ehrenbürger der Stadt – muss die ortseigene Musikszene wohl zwangsläufig ein gerüttelt Maß an Innovationskraft an den Tag legen.

Es verwundert also nicht, wenn sich die Hintern der Audience-Mitglieder gerne zwischen den Stühlen platzieren. Bernd Pflaum (Gesang), Michael Arnold (Bass), Sebastian Wild (Gitarre), Johannes Preiß (Orgel) und Florian Helleken (Schlagzeug) heißen die Besitzer jener verlängerten Rücken mit dem Mut zur Lücke, die mit “Dancers And Architects” dieser Tage ihr zweites Album vorlegen. Selbiges ist ein ähnlich bewusstseinsgespaltener Brocken Musik geworden, wie es die Herkunft der fünf Freunde vermuten lässt, denn The Audience präsentieren sich darauf als Mittler zwischen den Welten, vereinen Sperrigkeit und Tanzvergnügen, Hysterie und Entspannung zu einem harmonischen Ganzen. Die Kategorisierung des musikalischen Outputs fällt also schwer, schrecken die Franken doch vor keinem Grenzgang zurück und verbauen Punk, Disko, New Wave, Garage und Pop wie kleine bunte Legosteine zu einem Freizeitpark für experimentierfreudige Hörer. Natürlich kann man den Akkord nicht neu erfinden, aber The Audience haben das Talent Bekanntes so zusammenzusetzen, dass es unerhört frisch klingt. Zackige Gitarren treffen auf wabernde Orgeln, die mit filigranem Schlagzeug und melodieverliebten Refrains über eine bunte Blumenwiese hüpfen.

The Audience – Bond (live Immergut Festival 2008)
Die geballte Kraft von The Audience erschließt sich allerdings erst im Live-Setting. So verwundert es nicht, dass die Band allerorten als Highlight des Festivalsommers abgefeiert wurde. Die fünf Mitglieder rotieren auf der Bühne als gäbe es kein morgen, im Zentrum stets die imposante Erscheinung von Sänger Bernd Pflaum. “The Audience sind originell und authentisch, wild und eigenwillig. Und eine unglaublich gute Liveband!” schwärmt auch Tobias von The Robocop Kraus, wer sollte es besser wissen?

Und in dieser Diskrepanz zwischen filigranem Studiosound und brachialer Gewalt eines Audience-Konzerts manifestiert sich die programmatische Schizophrenie des süddeutschen Quintetts. The Audience sind unberechenbar und gerade deshalb eine der spannendsten Bands, die die Republik zur Zeit zu bieten hat.

Timo Richard

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