Who the hell is Bianca? Die Baseler Art-Popper von The bianca Story sprechen im motor.de-Interview über weiße Blätter, Heimat und ihre persönlichen Highs und Lows.

Nach BOY, Bonaparte und We Invented Paris kommt nun ein weiterer Schweizer Export in deutsche Gefilde. The bianca Story aus Basel veröffentlichen am 27. Januar ihr zweites Album “Coming Home”, das sie in den Abbey Road Studios in London aufnahmen. Darauf präsentiert das Quintett ausgetüftelten Art-Pop oder “New Wave Rock’n’Roll”, wie sie es nennen. Ein Album über das nach Hause kommen und gleichzeitig überall zu Hause sein, über die Höhen und Tiefen, durch die die Band gehen musste – vom Tod ihres früheren Managers bis zum Finden eines neuen Labels. Durch das Zusammenspiel der Stimmen von Anna Waibel sowie Elia Rediger und den melodiösen Songs mit Streichern und Bläsern, wird das Album auch in seiner Stimmung zur Auf- und Abfahrt. In Berlin sprach motor.de sowohl mit Leadsänger/”Entertainer” Elia als auch mit Frontfrau/”Muse” Anna. 

motor.de: Das muss ich einfach fragen: Wer ist Bianca und welche Geschichte gibt es da zu erzählen?

Elia: (lacht) “Bianca” bedeuted ja “weiß” auf Italienisch. Und “bianca Story” ist dann wie das weiße Blatt, das man immer wieder neu beschreiben darf. Das ist so ein kleiner Reminder an uns, dass wir uns die Freiheiten nehmen dürfen, wieder etwas Neues oder eine neue Geschichte zu schreiben.
Anna: Für mich ist es nicht the white story, weil bianca auch die Summe der Geschichten und Menschen ist, über die wir reden. Und auch von uns selbst.
Elia: Bianca kann also auch eine schöne Frau sein. Oder ein schöner Mann mit Frauennamen.

motor.de: Wie kamt ihr fünf zusammen?

Elia: Wir kennen uns vom Musikmachen in verschiedensten Formen. Getroffen haben wir uns beim Studieren. Einige von uns haben Kunst studiert. Anna studiert gerade noch Musik. Sie kenne ich schon seit dem Mittagstisch, wir haben in der Schule immer zusammen Mittag gegessen. Dann haben wir uns getroffen und The bianca Story gegründet.

motor.de: Wie sieht der Songwriting-Prozess bei euch aus?

Elia: Mühsam, absolut mühsam (lacht). Irgendwer wirft eine Idee rein und dann wird die zusammengemixt.
Anna: Jeder gibt seinen Senf dazu und probiert was aus.
Elia: Klar, wenn einer eine Idee hatte, dann gibt es gewisse Stoßrichtungen, aber normalerweise wird das alles urdemokratisch durchdiskutiert – wie in der Schweiz.

motor.de: Ihr wohnt alle noch in der Schweiz?

Elia: Ja, aber mit einem halben Bein in Berlin. Was sehr praktisch ist, weil wir gerade viel unterwegs sind. Aber das Stückchen Heimat bewahren wir uns und das ist nun einmal die Schweiz.

motor.de: In letzter Zeit wird vermehrt von einer neuen Schweizer Musikszene berichtet mit Bands wie BOY, Navel usw. Wie nehmt ihr das wahr? Kennt man sich?

Elia: Ja, mit Leuten wie Bonaparte oder Sophie Hunger haben wir tollerweise zu tun. Da wird’s bestimmt auch noch Kooperationen geben. Mit verschiedenen Künstlern aus der Schweiz machen wir auch das Coming Home-Festival in der Schweiz, wo wir das Thema Heimat besprechen. Heimat ist ja ein etwas verstaubter, kritischer Begriff, auch in Deutschland. Wir wollen dem noch mal eine Chance geben, weil der Begriff in unserer heutigen Easy Jet-Generation gar nicht so abwegig ist. Wir fliegen herum und sind überall ein bisschen zu Hause. Aber Heimat ist dort, wo der Ali dem George als Nachbar hilft.

The bianca Story – “Coming Home”

motor.de: Euer Ende Januar erscheinendes zweites Album heißt “Coming Home”. Befinden sich darauf elf Songs über Basel oder warum die heimatliche Überschrift?

Elia: (lacht) Nee nee, das geht eher um den Universalgedanken. Klar, wir haben ein Stück Heimat in Basel, Anna hat ihn in Österreich. Überall steckt ein bisschen Heimat von uns drin. Wenn wir auf Tour sind, freuen wir uns natürlich auch in die jeweilige Heimat zu gehen, in der das Publikum zu Hause ist.
Anna: Bezogen auf die Texte, fragen die Songs auch was für dich eigentlich Heimat ist. Da sind ganz verschiedene Geschichten drin.

motor.de: Was ist für euch Heimat?

Anna: Das können verschiedene Sachen sein.
Elia: Für mich ist das dort, wo man sich das Kostbarste und Teuerste aufbewahrt. Und wo man weiß, wenn man zurückkehrt, wird einem geholfen. Eben wo der Ali dem George hilft. Wenn man das verliert, ist man ein bisschen ein streunender Hund. Auf Tour kann einem das sehr schnell passieren, dass man die Wurzeln ablegt und ein streunender Hund wird.

motor.de: Wie können wir uns das vorstellen, seid ihr in der Schweiz Superstars?

Elia: Absolut! (lacht) Wir können da nicht mehr auf der Straße lang laufen. Wir gehen da immer hoch zu Ross.

motor.de: Habt ihr Tipps, welche tollen Schweizer Künstler noch nicht zu uns herübergeschwappt sind?

Elia: Ja, vielleicht Lia Sells Fish. Das ist eine Kollegin und Singer/Songwriterin, die macht sehr spannende Sachen.

motor.de: Kommen wir noch einmal auf das Album zurück. Wie ist das entstanden und wie kam es vor allem dazu, dass ihr in den Abbey Road Studios aufgenommen habt?

Anna: Wir wurden mit der Idee überrumpelt und waren natürlich sofort dabei, in die Abbey Road Studios zu gehen. Das ist dann auch ziemlich schnell passiert. Wir hatten die Demos schon fertig und die Ideen waren klar – also welche Instrumente für welchen Song verwendet werden sollten, wo wir Streicher und Bläser haben wollen.
Elia: Das ging ruckzuck.
Anna: Ja, war eine ziemlich impulsive, interessante Zeit.
Elia: Im Ganzen waren wir zweieinhalb Monate in England, die Aufnahmen gingen natürlich schneller. Die Songs hatten wir innerhalb von drei, vier Monaten geschrieben. Das ging auch ziemlich schnell.

motor.de: Was unterscheidet das neue Album vom Debüt “Hi Society!”?

Elia: Mmh, Zeit? (lacht)
Anna: Mut zu großen Melodien, Mut zum Pop, Mut zum Duo. Ich habe vorher im Verhältnis weniger gesungen. Und mehr Streicher und Bläser sind dabei.

The bianca Story – “Afraid Of The World”

motor.de: Im Video zu “Afraid Of The World” sieht man ein Bodybuilder-Kind Gewichte stemmen. Dazwischen werden Bilder von Naturkatastrophen und Explosionen geschnitten. Inwiefern hängen diese Sachverhalte zusammen, auch mit der Aussage des Songs?

Elia: Es ist ja eigentlich grauenhaft, was dieses Kind da macht, was da gezüchtet wird. Es soll so ein bisschen den Anfang und das Ende zeigen, welche Folgen so was hat.
Anna: Wir sprechen das Bewusstsein an, dass man sich allgemein nicht nur auf das neueste iPhone konzentriert, sondern auch darauf, was in der Welt abgeht und nebenbei mit den Menschen und in den Köpfen der Menschen passiert.

motor.de: Das neue Jahr hat gerade erst begonnen. Wie war 2011 für euch?

Elia: Das war spannungsvoll. Höhen und Tiefen. Den Tod unseres ehemaligen Managers Nigel mussten wir erstmal verkraften. Dann hat Tim Renner angeklopft. Im Internet gibt es auch eine Dokumentation über uns, die heißt “High & Low”.

motor.de: Ihr habt eurem ehemaligen Manager auch den Titelsong “Coming Home” gewidmet. Im Video sitzt ihr alle in einem Auto. Ist er bei einem Autounfall gestorben?

Elia: Nein, er ist freiwillig aus dem Leben geschieden. Das war krankheitshalber, aber ein relativ tragischer Schritt. Wir sind sehr dankbar für alles, was wir mit ihm erlebt haben. Das war für uns ein Low. Nach allem was wir erlebt haben, ist das auch ein gewisser Trost, dass wir die Platte so machen konnten – in seinem Gedenken und weil Musik heutzutage ja auch Trost spenden darf. “I’m Afraid Of The World” – das muss einfach mal ausgesprochen sein, das ist der erste Schritt, zu erkennen, dass man vor Sachen Angst hat. Wenn das so eindeutig kommt – der Satz wird im Song bestimmt 20 Mal wiederholt – kann man dem Satz nicht ausweichen. Das war die Idee von dem Song – das Trost spenden und das Heimkehren dürfen.

motor.de: Was erwartet ihr vom neuen Jahr? Hoffentlich nur Highs?

Anna: Wir freuen uns riesig auf das Album und dass es endlich herauskommt. Und auf die Tour und die ganzen Gigs und hoffen, dass wir ein bisschen Wellen schlagen können. Dann wollen wir auch bald wieder neue Songs schreiben.
Elia: Wir haben ein relativ volles Jahr vor uns und da freue ich mich drauf.

Laureen Kornemann

Die ersten Teil der Dokumentation “High & Low” ihr »hier.

motor.de präsentiert The Bianca Story – Live 2012

07.03. München – 59to1
08.03. Stuttgart – Merlin
09.03. Freiburg – Waldsee
10.03. Frankfurt – Nachtleben
11.03. Köln Studio – 672
13.03. Hamburg – Übel & Gefährlich
14.03. Dresden – Scheune
15.03. Berlin – Comet
16.03. Bielefeld – Bunker Ulmenwall
19.03. Heidelberg – Häll
20.03. Oberhausen – Zentrum Altenberg
21.03. Leipzig – Moritzbastei
26.03. A-Innsbruck – Weekender