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Categories: Konzertbericht

Erlebnisse einer James Blunt – Vorband

Eigentlich sollte an dieser Stelle ein Video-Interview und topaktuelle Livemitschnitte der Bishops zu finden sein. Aufgrund von schlechten bzw. fehlenden Absprachen stehe ich aber am gestrigen Sonntag, dem 19.10. nur mit Freikarte vor der Leipziger Arena, die sich langsam mit James Blunt-Fans füllt. Ohne Akkreditierung, mit Aufnahmegerät und Videokamera – kein Vorbeikommen an den Sicherheitskräften. Also doch nochmal nach Hause, das Equipment sichern und schnell wieder zurück, um die Vorband „The Bishops“ zumindest spielen zu sehen.

Pünktlich um 19.30 Uhr fangen die drei Briten an. Etwas überrascht werden sie von den rund 6500 Blunt-Jüngern empfangen. Auf den Tickets stand ja nichts von einer Vorgruppe. „Ist das ne Beatles-Coverband?“, höre ich es aus der Reihe hinter mir, noch bevor ein Ton von der Bühne kommt. „Guten Abend Leipzig. Wie geht’s? We are the Bishops.“, die akzentgetränkte Antwort von der Bühne. Eins, zwei, drei, vier Mal treffen sich die Sticks von Drummer Chris und es wird losgerockt.

Mike Bishop gibt live alles

Im Gegensatz zum Headliner brauchen die „Geistlichen“ lediglich 16 Quadratmeter und ihre drei Instrumente. Sänger und Gitarrist Mike gibt sichtlich Alles, schüttelt sich, rennt auf und ab, springt in die Luft, lädt zum Mitsingen und -klatschen ein. Bruder und Bassist Pete geht es ein Hauch ruhiger an und Chris übt sich gänzlich in Zurückhaltung.

Ein typischer Auftritt der Bishops also. Musikalisch heißt das Rockmusik, die den 60er bis 70er Jahren entliehen scheint. Irgendwo zwischen den Beatles und den Ramones mit einer Idee Surfmusik – da haben die Bishops ihren Sound angesiedelt.

So ziemlich jeder Song beginnt mit Chris‘ Sticks und endet mit einem luftgesprungenen Akkord von Mike. Regelmäßig erfolgt der Appell sich den Namen der Band zu merken. Kurze Ansage zum aktuellen „City Lights“, eins, zwei, drei, vier und ab dafür. Der Folgetitel verlangt, dass die E-Seite der Gitarre mit einem Handgriff zwei Töne runtergeschraubt wird. So kann Mike mit Barré-Griffen zur Höchstform auflaufen.

Der Auftritt der Bishops dauert insgesamt knapp 45 Minuten, scheitert aber ein wenig an den Hauptact-fixierten Fans. Trotz der Energie, die insbesondere Mike Bishop versprüht, springt der Funke nicht ganz auf die Masse über. Höflich wird geklatscht und mit den Füßen gewippt. Die größte Resonanz gibt es aber bei der Ansage zum letzten Song und das jetzt gleich Mr. Blunt die Bühne betreten wird.

Wie es weiterging?
Das penetrante Licht der Arena geht an. Eine reichliche halbe Stunde Umbaupause folgt, in der ich ein Best Off von „Wir warten auf die Hauptband“ erlebe. Zwischen jedem Umbaupausen-Song wird die Hoffnung der Fans lauter, dass dies das Zeichen für den Beginn der Show sein könnte. Ein Roadie, der den Schlagzeugsound testet, animiert mit nur zwei Bass-Drum-Kicks zum Massen-Mitklatschen. Ein Weiterer sieht James Blunt ähnlich und sorgt verfrüht für erste weibliche Schreie. Nebenbei outet sich der Mischer mit seiner musikalsichen Überbrückung (Slade, CCR, Stones, etc.) als echter 70er Fan.

Plötzlich hat das Warten doch noch ein Ende. Das Licht geht wieder aus, die Videoleinwände an und James springt die Stufen der imposanten Bühnenkonstruktion hinunter. Die Masse ist endlich aus dem Häuschen. Schon im ersten Song säuselt der Star was von „I’m Tired“ und spricht mir irgendwie aus der Seele. James’ Gesicht, dass mich aus fünf Meter Entfernung von der Leinwand anspringt, wirkt dabei zeitweise irgendwie wahnsinnig. Sein für Sekundenbruchteile geisteskranker Blick war mir so noch nie aufgefallen. Letztlich halte ich aber nur zwei Evergreens aus der TV-Werbung und einen neuen Song aus, bevor ich mich auf den Heimweg begebe.

Blunt on Stage in Leipzig

Beim Rausgehen stolpere ich über das handbeschriebene Schild, das für die Autogrammstunde der Bishops nach dem Konzert im Foyer wirbt. Jedoch noch zwei Stunden warten, um zu sehen, wie die drei von der aufbrechenden Masse überrollt werden, konnte mich nicht zum Bleiben bewegen. Becherpfand zurück. Licht ans Rad. Eins, zwei, drei, vier…

Kai-Uwe Weser

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