The Crookes sind ein weiteres Beispiel für den musikalischen Tatendrang in Sheffield. Sie sind zwar nicht sehr „Sheffield“, dafür aber umso mehr „Crookes“.
Crookes ist ein Vorort der englischen Stadt Sheffield und liegt auf einem Hügel. Sheffield kennt man als „Steel City“, die Metropole entwickelte sich ab dem späten 18. Jahrhundert zu einer wichtigen Industriestadt. Crookes befindet sich nahe des Sheffielder Zentrums, vor allem Studenten und Lehrer wohnen hier. Der Bezirk ist sehr „bohemian“ und „arty“, mit einer Reihe an Buchläden, Galerien, Parks und Cafés. Hier leben die Mitglieder der Indiepop-Band The Crookes, benannt – man ahnte es schon – nach ihrem Wohnort. Kennen gelernt haben sich die vier beim Literatur-Studium an der Sheffield University. Ihre Songs klingen nostalgisch und die britische Musikpresse feiert sie als „Indie-Poeten“. Die Mittelklasse-Variante der Arctic Monkeys eben.
Ziemlich energisch diese Sheffielder. Doch mit den populären Nachbarn von den Arctic Monkeys haben die Crookes kaum etwas zu tun. Ihre Musik ist viel weicher, folkiger und erinnert eher an staubige Schrankwände und Blümchenvorhänge, als an laute Pubs und Stahlindustrie. Aber die vier sind ja auch nur zugezogen, um hier zu studieren. Ihre EP versprüht einen altmodischen Charme mit den acht gitarrenlastigen, swingenden Songs und den romantischen Geschichten. Sänger George Waite erzählt Märchen über ihr Leben, über Crookes und über Mädchen. „If I took you by the hand/ It was ’cause you could hardly stand/ And I could hardly stand still“, singt Waite mit klagender Hingabe in „A Collier’s Wife“. Man sieht die Mädchen mit zu viel Haarspray und 70er Jahre-Klamotten förmlich vor den Herren mit zugeknöpften Hemden und zu hoch sitzenden Gitarren auf der Bühne herum hüpfen.
The Crookes – “Bachstreet Lovers”
The Crookes geben sich mit dem einfachen Gitarrenpop aber nicht zufrieden und nutzen eine Reihe an außergewöhnlichen Instrumenten: Mundharmonikas, Banjos und Spielzeuggitarren gibt es hier zu hören, „uuuh“s und „aahs“ und vor allem viel Klatschen. Waites Stimme lässt auch den Vergleich mit den Smiths aufleben, wobei die Crookes als Einflüsse eher die Soulpop-Damen The Supremes oder die britische New Wave-Band Icicle Works angeben. Ab und zu rumpeln die Songs aber doch dahin und lassen den Twee in den Hintergrund treten. Nein, wie die Arctic Monkeys klingen The Crookes nicht. Eher wie Noah And The Whale, eine ruhigere Version der Londoner von Larrikin Love oder in ihren polternden Parts, zum Beispiel auf dem Opener „Backstreet Lovers“, wie die schottischen The Fratellis.
Und da ergibt sich auch schon das Problem. Die Crookes, so sympathisch sie auch sind, kommen mit ihrer Musik ein wenig zu spät. Ihr Indiepop erinnert an eine längst vergangene Zeit. Es war wohl 2006 als scheinbar wöchentlich im UK neue Indie-Bands aus dem Boden schossen und sich an den Erfolg ihrer Vorreiter The Strokes und Franz Ferdinand anschlossen. The View, The Kooks, Milburn, The Fratellis, The Rifles, The Rakes und so weiter. Von diesen Bands hört man jetzt kaum noch etwas. Ihre Hoch-Zeit ist vorbei. Aber dafür können die Crookes ja auch nichts. Vielleicht lassen sie den Hype neu aufleben. Mal sehen.
Laureen Kornemann
VÖ: 08.10.2010
Label: Fierce Panda/Cargo Records
Tracklist:
01. Backstreet Lovers
02. Somewhere Over At The Bus Stop
03. Yes, Yes, We Are Magicians
04. A Collier’s Wife
05. Two Drifters (feat. Little Glitches)
06 More Blitz Than Ritz
07. Born Under A Bad Sign
08. Mrs Porter (secret track)
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