Die Hellacopters werden sich in Kürze verabschieden, Gluecifer haben schon vor zwei Jahren die Grätsche geübt und auch die neuseeländische Garage-Punk-Fraktion The D4 hat schon lange fertig. Last men standing sind nun The Datsuns, die mit “Head Stunts” einem leichengepflasterten Genre die dringend nötige Infusion verpassen.

Datsuns-Gitarrist Phil Buscke wohnt jetzt in Berlin-Kreuzberg, gleich um die Ecke vom “Wild at Heart”, der Rock’n’Roll Kultgruft, die in den Neunzigern allabendlich die Cream oft he Crap der Rock- und Punk-Szene begrüßen durfte. Und heute? Gefährlich verwaist, der geschichtsträchtige Ort, dessen Wände ähnlich viel Rauch und Schweiß gesogen haben, wie einst das CBGB’s in New York oder das Whiskey in L.A. Auch Phil war noch nie im “Wild at Heart”, obwohl er in den letzten drei Monaten allabendlich hier vorbeischlenderte und er durchaus als Fan handgemachten Rock’n’Rolls durchgehen dürfte. Seine Helden lesen sich wie 40 Jahre Musikgeschichte: Cheap Trick, The Saints, AC/DC, Radio Birdman, Hives, Hellacopters. Phils Umzug nach Berlin war nicht zuletzt die Flucht vor der ländlichen Idylle im westfälischen Gütersloh, wo die Datsuns fast das gesamte letzte Jahr an den Songs ihrer neuen Platte geschraubt haben – nur selten unterbrochen durch Besuche in den ortseigenen Kleinstadtpinten. Hier, fernab der neuseeländischen Heimat, experimentierten die Datsuns mit ihrem über drei Alben filigran entwickeltem Sound aus Retro-Rock, Punk und sphärischen Psychedelic-Klängen und wechselten zur Abwechslung auch mal die Instrumente. Das Ergebnis klingt beeindruckend durchdacht, und trotzdem spontan.

Phil nimmt uns mit in die Vergangenheit: “Wenn man vier Typen aus Neuseeland, die sich seit 15 Jahren kennen, neun Monate in einem Haus in Gütersloh einsperrt, dann passieren die seltsamsten Dinge. Um den omnipräsenten Lagerkoller zu vermeiden, entwickelt man zum Beispiel einen sehr ‘individuellen’ Humor, der sich in extrem schlechten Witzen, nicht immer sehr schlauen Texten und nicht ganz ernst gemeinten Songs entlädt. Gutes Beispiel dafür ist unser Lied von den ‘Highschool Hoodlums’, das diese Stimmung in unserer Hütte ganz gut einfängt.” Neben dieser sehr gelungenen (Selbst-)Parodie ist der Rest von “Head Stunts” relativ seriös, aber nicht minder mitreißend ausgefallen. Davon zeugen drogenfreie Psycho-Balladen wie “Eye Of The Needle” genauso wie Power-Pop-Hits wie “Hey, Paranoid People” oder zukünftige Klassiker wie “Pity Pity Please”. Damit wären die Datsuns wie prädestiniert für einen lauten und mit dampfendem Moshpit ausgestatteten Abend im “Wild at Heart”. Das wäre mal ein Zeichen!

Text: Arne Wecker
Foto©Rickard Eriksson