In Rente wird Neil Hannon niemals gehen, dass klärt er in unserem Interview ein für alle mal. Er bekommt einfach nicht genug – auch nicht von unseren Fragen.

Die nordirische Band The Divine Comedy gibt es nun schon seit über 20 Jahren und trotzdem gilt sie außerhalb der Insel noch immer als Insider-Tipp. Aus diesem Grund sind die Auftritte auf dem Festland auch an einer Hand abzuzählen. Hinter The Divine Comedy steckt der Sänger und Komponist Neil Hannon, der schon mit Größen wie Yann Tiersen, Tom Jones und Charlotte Gainsbourg zusammenarbeiten durfte. Das neue und damit bereits zehnte Album von The Divine Comedy “Bang Goes The Knighthood” erscheint am 28. Mai auf dem deutschen Markt. Für einen exklusiven Auftritt auf der Leipziger Musikmesse PopUp wurde Hannon – zwischen Gigs in Dublin und Edinburgh – extra eingeflogen. Wir haben uns diese Chance natürlich nicht entgehen lassen und den charismatischen und gut gelaunten Briten zum Interview gebeten.


motor.de: Allein ob der Titel deiner ersten Platte „Fanfare Comic Muse“ und der letzten „Victory For The Comic Muse“, dachten Einige, dass die musikalische Reise des Neil Hannon beendet wäre. Dem hast du bereits wiedersprochen…

Neil Hannon: Allerdings. Ich habe manchmal das Gefühl, dass viele Leute wollen, dass ich meine musikalische Reise beende. (lacht) Ständig werde ich gefragt: “Wann gibst du endlich auf? Willst du nicht langsam in Pension gehen?” Und ich sage nur: “Nein! Ich kann doch nichts Anderes.” (lacht) Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich von Album zu Album besser werde. Also werde ich weiter und weiter Musik machen…

motor.de: In einem Interview hast du gesagt, dass du ein eigenes Label gründen würdest, um das vergriffene „Fanfare For The Comic Muse“ wieder auf den Markt zu bringen. Wie weit sind die Pläne?

Neil Hannon: Ich sage viel, wenn der Tag lang ist. (lacht) Nein, das wird nicht passieren. Die Platte ist Mist. Ich habe auch mittlerweile akzeptiert, dass es meine erste Platte ist und das sie schlecht ist, aber das ist okay, schließlich waren das meine ersten musikalischen Gehversuche und die liegen auch schon 20 Jahre zurück.

motor.de: Nervt es dich nach so vielen Jahren im Geschäft manchmal, dass du außerhalb Großbritanniens noch immer als Geheimtipp giltst?

Neil Hannon: (grinst) Nein, das stört mich nicht. Viele Leute, die in den Neunzigern mit mir im Geschäft waren, sind mittlerweile von der Bildfläche verschwunden und ich kann immer noch auftreten, darüber bin ich sehr glücklich. Ich hab Fans in ganz Europa, ich kann nur nicht so oft vor ihnen auftreten, weil es nicht genug sind. (lacht)

The Divine Comedy – “Everybody Knows (Except You)”

motor.de: Wie unterscheidet sich dein neues Album von seinem Vorgänger?

Neil Hannon: „Victory For The Comic Muse“ zusammenzustellen war wirklich hart, da ich kein spezielles Konzept für dieses Album hatte. Deshalb ist es ein Mischmasch der verschiedensten Dinge geworden. Bei dem aktuellen Album ist das anders: Ich würde nicht sagen, dass es ein Leitmotiv hat, aber ein gewisses Grundgefühl, dass die Songs untereinander verbindet.

motor.de: Scott Waker und Burt Bacharach sind zwei deiner größten Vorbilder. Du bist selbst Komponist. Was gefällt dir mehr: im Hintergrund zu komponieren oder deine Songs auf der Bühne zu performen?

Neil Hannon: Ich bin gern auf der Bühne, aber das ist nur so ein Ego-Ding. Ich liebe es, wenn mich die Leute bejubeln. (lacht) Nein, es ist schon schön, die Leute zu sehen, für die man die Musik macht. Ich muss aber gestehen, dass ich am zufriedensten bin, wenn ich am Klavier sitze und schreibe. Da kann mir keiner reinreden und niemand urteilt über mich.

motor.de: Ben Folds ist ein guter Freund von dir…

Neil Hannon: …den ich leider viel zu selten sehe…

motor.de: …und ihr habt auch schon miteinander gearbeitet. Er hat Dr. Dre gecovert und du die Queens Of The Stone Age. Sein Song schien eher als Persiflage gedacht, war das bei dir ähnlich?

Neil Hannon: Der Song ist in jedem Fall nicht völlig ernsthaft. Ich mochte ihn einfach und dachte, er würde gut klingen, wenn man ihn in eine Art „Deutsches Kabarett der 20er Jahre“ einbettet – vielleicht war das auch der Grund für den Namen der Platte: „Bavarian EP“. Wenn man sich so einen Heavy-Rock-Song vornimmt und ihn in ein komplett anderes Genre einfügt, wirkt das immer etwas amüsant.

The Divine Comedy – “No One Knows”

motor.de: Du hast schon mit den verschiedensten Künstlern kolaboriert. Welche Zusammenarbeit war am produktivsten?

Neil Hannon: Ich denke, die produktivste Arbeit war die an dem Charlotte-Gainsbourg-Album „5:55“ mit Nico und JB von Air. Sie haben mich dazu gebracht, die Texte zu schreiben, die Charlotte später eingesungen hat. Da kamen viele gute Sachen heraus… (überlegt) …und als mir dann nichts mehr einfiel, haben sie mich gegen Jarvis Cocker ausgetauscht. (lacht)

motor.de: Du hast den Namen deiner Band eher zufällig ausgesucht, ohne das Buch von Dante Alighieri gelesen zu haben. Hast du es inzwischen geschafft?

Neil Hannon: (verzieht das Gesicht) Nie so richtig: Ich hab es wirklich mehrfach versucht, aber es ist soooo langweilig. (lacht) Selbst das Hörbuch hab ich nach nicht einmal der Hälfte aufgegeben. Es ist so moralisch und schwerreligiös… das interessiert mich nicht.

motor.de: Passt der Name nach all der Zeit trotzdem noch immer?

Neil Hannon: Ja, ich mag den “spin” des Namens. Er fasst ziemlich gut zusammen was ich tue: Mal wunderschön, mal total langweilig…

motor.de: Das war die letzte Frage…

Neil Hannon: Ach komm schon, noch eine… (lacht) Was ist meine Lieblingsfarbe?

motor.de: Okay, was ist deine Lieblingsfarbe?

Neil Hannon: Das ist eine gute Frage. Ich habe keine Ahnung…


Interview + Photo: Christoph Berger