Im motor.de-Interview sprachen die The Drums-Gitarristen Jacob Graham und Adam Kessler über die Schnelllebigkeit der Begeisterung und ihr Dasein als Kontrollfreaks.
Hypes und Trends sind nicht totzukriegen. Sie häuten sich nur in regelmäßigen Abständen, um dann in neuem Glanz zu erstrahlen. Heute im Rampenlicht: The Drums, der heißeste Export aus dem trendüberzuckerten Brooklyn. Doch auch wenn die Uhr im Musikzirkus heutzutage schneller tickt als jemals zuvor, stehen die vier New Yorker momentan mit sicheren Füßen nicht nur auf der Sonnenseite des Lebens, sondern auch auf den Titelblättern zahlreicher Musikzeitschriften. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum könnte also zu keinem bessern Zeitpunkt veröffentlicht werden.
motor.de: Ihr werdet momentan überall ordentlich abgefeiert. Ist das für so eine junge Kapelle nicht ganz schön irritierend?
Jacob: Als der Hype, vor allem in Großbritannien, losging, waren wir mit den Aufnahmen zu unserem Album schon fertig. Deshalb konnten wir entspannter an die Sache ran gehen. Die ganze Begeisterung ist schon okay. Wir wissen, wir sind gerade die Band der Stunde und nächste Woche ist das wieder eine andere Kapelle.
Adam: Das Wort „Hype“ ist ja eher negativ konnotiert. Ich würde eher von Interesse oder Begeisterung sprechen. Wir sind selbstbewusst, was unsere Songs angeht. Die Band haben wir ja nicht gegründet, um berühmt zu werden, sondern um gute Songs zu schreiben. Ebbt die Begeisterung ab, werden wir trotzdem weitermachen.
motor.de: Adam, haben du und Connor (Schlagzeug) euch je ausgegrenzt gefühlt, weil John (Gesang) und Jacob die Band gegründet haben?
Adam: Sie haben die Band zwar ins Leben gerufen, aber als wir dann alle zusammen kamen, haben wir zwei sofort verstanden, worum es den beiden ging. Es schien so, als wären Connor und ich die einzigen Menschen auf der Welt, die das so gekonnt hätten. Wir haben einfach so einen ähnlichen Musikgeschmack. Außerdem wäre es gar nicht möglich, sich ausgegrenzt zu fühlen, wir leben alle Tür an Tür in Brooklyn.
motor.de: Brooklyn – momentan ebenfalls schwer im Trend – gilt ja als ein extrem kreatives Umfeld…
Jacob: Das mag für einige Leute gelten, doch nicht zwangsläufig für uns. Wir finden nicht, dass wir Teil der Szene sind, die mit dem sogenannten „Brooklyn-Sound“ assoziiert wird, wie zum Beispiel: MGMT, Grizzly Bear oder Dirty Projectors. Die sind so experimentell und seltsam. Das ist nicht unser Ding. Wir sind schon mit einigen Kapellen aus Brooklyn befreundet und mögen ihre Musik etwa von The Pains Of Being Pure At Heart, doch wir zählen uns nicht zu einer Szene.
Adam: Es is ja nicht so, dass wir Inspiration daraus ziehen würden, dass wir uns die Brooklyn Bridge beim Sonnenuntergang ansehen. Wir könnten auch in irgendeinem kleinen Zimmer irgendwo auf dem Erdball kreativ sein. Aber es ist schon toll, in Brooklyn auf so viele Konzerte gehen zu können.
motor.de: Die “Summertime!”-EP habt ihr ja in Eigenregie aufgenommen. War das auch beim Album der Fall?
Jacob: Das stimmt. Wir hatten die Häfte der Platte zur selben Zeit wie die EP eingespielt und das ohne Produzenten. Album und EP haben wir selbst produziert und abgemischt. Wir sind richtig besessen davon, uns von niemandem reinquatschen zu lassen. Auch wenn es um so simple Sachen wie das Abmischen geht, wir möchten nicht, dass unsere Vision vewischt. Das würde sie nur in ihrer Nachhaltigkeit schwächen. Wir wissen ganz genau, was wir wollen.
motor.de: Das hat man auch in Bezug auf eure Fotos gemerkt. Ihr habt ja einen kleinen Regelkatalog angelegt, den sich die Fotgrafen vor dem Shooting zu Gemüte führen sollen.
Jacob: (lacht) Da dachtest du sicher gleich: ‘Die sind aber anstrengend!’ Die meisten Fotografen wollen dem Bild mit aller Gewalt ihren Stempel aufdrücken. Wir haben schon echte Kämpfe mit Fotografen ausgetragen, weil wir manche Sachen einfach nicht machen wollten. Warum sollten wir nicht in alles, was die Band betrifft, involviert sein?! Viele Bands interessieren sich nicht für sämtliche Bereiche des Business und behaupten, es sei ihnen egal, wie sie auf den Bildern aussehen. Doch ich sage, auch das gehört mit dazu. Darum sollte man sich kümmern, schließlich gibt das Artwork jemandem, der die Musik noch nie gehört hat, einen ersten Eindruck. Wir haben jedenfalls viel Arbeit in den Entwurf unseres Plattencovers gesteckt. Wir sind Kontrollfreaks.
motor.de: Seid ihr Nostalgiker?
Jacob: Ich persönlich bin eine sehr nostalgische Person. In Bezug auf die Musik mag ich es einfach nicht, sich auf Zwang weiterzuentwickeln – also herrlich altmodische Dinge hinter sich zu lassen, die von der Sache her gut sind, bloß um ‘modern’ und zeitgenössisch zu wirken. Wenn etwas gut ist, bleib dabei!
motor.de: Meint ihr, euer Sound wird sich nie wirklich ändern?
Adam: Genau! Ich denke, wir haben unseren Sound gefunden. Wir alle mögen Bands, bei denen die erste Platte genauso wie die letzte klingt. Das ist nicht undynamisch, hier geht es um die Eigenständigkeit eines Stils.
Jacob: So daher gesagt klingt das vielleicht langweilig. Aber die Realität sieht doch so aus: Wenn du eine Band und ihren Sound wirklich liebst, soll sich doch nichts ändern. Wenn es zum Beispiel heißt, ein neues Interpool-Album kommt raus, weiß man genau, wie es klingen wird. Und das ist gut so!
Christine Stiller
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