Fang so an, wie Du auch weitermachen willst. Auf alle Fälle eine gesunde Einstellung für jede neue Band, doch für The Longcut aus Manchester ist diese Absichtserklärung zu einer Art Ehrenkodex geworden. Bereits die ersten Live-Gigs – und sogar die erste Probe – zeigten, dass diese Band etwas ganz Besonderes ist. Nun haben sie ihr Debütalbum abgeliefert: “A Call And Response“ demonstriert ein gesundes Level an Selbstsicherheit und steckt ein Territorium im Indierock-Kosmos ab, das ihnen allein gehört. Mit “A Call And Response“ beweisen Sänger und Schlagzeuger Stuart Ogilvie, Bassist Jon Fearon und Gitarrist Lee Gale (alle 24 Jahre alt und aus Manchester), dass The Longcut eine Band mit einer einzigartigen Identität ist, zugleich aber auch den Mut besitzt, dem eigenen Urteilsvermögen zu vertrauen. In Anbetracht des Erstlings, der sich zwischen Dancefloor-prädestiniertem Post-Rock und eher grüblerisch-atmosphärischen Parts bewegt, lässt sich ohne größeres Risiko sagen, dass man dieses Jahr wohl nichts Vergleichbares mehr zu hören bekommen wird. „Wie jede Band wollten wir das beste Album machen, das möglich ist“, sagt Lee, „Wir wollten, dass es zeigt, wie sehr wir uns entwickelt haben…“ „Keiner von uns hat jemals gesagt, dass er eine tolle Idee für einen Song hat, wie er sich anhören soll oder wie unser Image auszusehen hat“, erklärt Stuart, „Wir haben uns einfach getroffen und fingen an zu spielen, und das ist alles, was wir seitdem gemacht haben.“

“A Call And Response“ wurde in einer vierwöchigen Isolationsphase mit Produzent Johnny Dollar (Massive Attack) aufgenommen, von Dave Sitek (Mastermind von TV On The Radio) abgemischt und enthält neue Aufnahmen der bisher veröffentlichten Singles: der Debütsingle “Transition“ und des Follow-Ups “A Quiet Life“. „Das Album trägt den Titel ‘A Call And Response’, weil es eine Reaktion auf unser Umfeld ist und auf die Musik, die uns gefällt“, erklärt Stuart, „Wir mussten nicht lange darüber nachdenken – es war eine ganz natürliche Reaktion.“ Dieses instinkthafte Verhalten hatte auch einen wesentlichen Einfluss auf die Art und Weise, wie The Longcut am Anfang ihrer Karriere bestimmte Dinge angingen. Obwohl sie sich bereits 2001 zusammengefunden hatten, als sie alle noch an der Universität von Manchester studierten, ließen ihre ersten Live-Performances noch bis zum Jahr 2003 auf sich warten: eine Spontanentscheidung, wie Stuart erklärt: „Unser erster Gig fand im ‘Star and Garter‘-Club in Manchester statt“, so der Frontmann und Schlagzeuger. „Wir wollten uns dort eine Band ansehen, und dann haben sie diese Anmeldeformulare für einen Band-Wettbewerb verteilt. Wir überlegten: „Wollen wir das machen? Wir sind wahrscheinlich noch nicht bereit dafür, aber wir müssen ja auch nur zwei Songs spielen…“ Also haben wir es einfach gemacht.

Der erste Live-Auftritt des Trios, das sich übrigens nach einer Textzeile aus der Feder der einflussreichen Country-Rock-Formation Uncle Tupelo benannte, präsentierte zum einen eine frühe Version von “Transition“ und zum anderen erstmals Stuarts Angewohnheit, seinen Platz hinter dem Schlagzeug zu verlassen und vorne zu singen. Von dieser Zwei-Song-Performance an seien die Leute zu ihnen gekommen, um ihnen zu sagen, dass ihnen gefällt, was sie machen, erzählt der Sänger. Nach einem Haufen ähnlicher Komplimente konnten The Longcut an sich selbst beobachten, dass sie immer mehr an Selbstvertrauen gewannen. Aus einer Laune heraus besorgten sich die drei einen „Dr. Groove“-Drumcomputer, der seitdem seinen festen Platz in ihren Arrangements hat. Und schließlich, nachdem sie ein Jahr lang in ihrer Umgebung aufgetreten waren, bekamen Mitarbeiter des Labels Deltasonic (The Coral, The Zutons) ein The Longcut-Demo von einem Freund der Band zugeschickt und besuchten sie bei ihren Proben; am Ende waren sie von der jungen Band beeindruckt genug, sie unter Vertrag zu nehmen. Resultat dieser Zusammenarbeit ist die Single “Transition“, die mit ihrer catchy Synthese aus Schlagzeug, Bass und Stuarts beeindruckender Stimme einen Vorgeschmack auf das enorme Talent der Band bietet.

In den zwölf Monaten zwischen Single-Release und der Veröffentlichung von “A Call And Response“ hat das Trio indessen weitere Erfolge eingefahren. „Unsere letzte Tour, die wir mit Nine Black Alps machten, war besonders gut, weil wir vor einem deutlich jüngerem Publikum als sonst gespielt haben, und die Leute sind dabei richtig abgegangen“, sagt Lee, „Wir haben uns gar nicht als eine Support-Band gefühlt.“ Viele seien zu ihnen gekommen und sagten, dass ihnen gefällt, eine Band zu sehen, die etwas anderes macht als das, was gerade angesagt ist, erinnert sich Stuart. Aus dem tendenziell unübersichtlichen Brei britischer Rock-Produktionen ragt “A Call and Response“ ohne Zweifel weit heraus. Und im Unterschied zu einem reinen Pop-Album, wünscht sich The Longcut, ist es die Art von Longplayer, die beim Hören immer besser wird. „Ich hoffe einfach, dass es ein Album ist, an dem man hängen bleibt und das man sich richtig anhört und nicht nur im Hintergrund laufen lässt“, sagt Stuart.

Auf jeden Fall jedoch ist das Album zu gut, um es als schnödes musikalisches Hintergrundgeriesel zu missbrauchen. Und was vielleicht noch wichtiger ist: es ist auch eine Bestätigung für die Art und Weise, wie die drei aus Manchester bisher die Dinge in Angriff genommen haben. Neulich wurde ich gefragt: „Warum singt denn Euer Schlagzeuger?“ erzählt Lee, „Warum holt Ihr Euch keinen Schlagzeuger oder einen Sänger?“ Und ich hab einfach darauf geantwortet: „Das ist, was alle machen. Aus welchem Grund sollten wir so sein wollen wie alle anderen?“

The Longcut “A Call And Response” – Track-by-Track:

“A Last Act of Desperate Men” Jon: Das war unser Versuch, einen Pop-Song zu schreiben, als Plattenfirmen zum ersten Mal Interesse an uns gezeigt haben. Aber wie Du bereits an der Länge sehen kannst, hat es nicht ganz hingehauen.

“Gravity In Crisis“ Stuart: Wir haben diesen Song einmal aus Langeweile bei einem Soundcheck gespielt. Da dachten wir, dass wir ihn vielleicht doch etwas ernster nehmen sollten. Auf den Keyboard-Sound bin zufällig gekommen, als ich mal betrunken war. Keine Ahnung, wie ich das gemacht habe.

“Transition“ Lee: Die Idee für den instrumentellen Part in der Mitte ist mir unter der Dusche gekommen, als ich bei meinen Eltern war. Ich habe aber keine Ahnung, wie der Rest des Songs entstanden ist. Stuart: Der Song hatte mal ein schreckliches Riff, der in einem Prog-Psycho-Durcheinander endete. Aber den haben wir schnell wieder aufgegeben.

“Holy Funk“ Stuart: Eigentlich sollte das ein Intro für “Tried and Tested“ (bzw. “A Tried And Tested Method“) werden, aber es wurde immer länger, und wir haben immer mehr reingepackt, weil wir ihn zu sehr mochten. Vielleicht ist das mein Lieblingsstück auf dem Album.

“A Tried And Tested Method“ Stuart: Ich erinnere mich, dass ich wegen dieses Tracks total aus dem Häuschen war. Wir schrieben ihn, als ich noch gearbeitet habe, und ich habe in meiner Bank allen davon erzählt. Das war auf jeden Fall unser „Machen wir einen Popsong!“-Augenblick.

“A Quiet Life“ Lee: Wir haben gerade einen langen Jam gespielt und mittendrin wurde er plötzlich zu “A Quiet Life“, und wir sagten einfach: „Das nehmen wir!“ Die Version auf dem Album hört sich übrigens völlig anders als auf der EP.

“The Kiss Off“ Lee: Das ist ein alter Song, der auf unserem allerersten Demo war und der sich komischerweise immer noch auf unserer Website befindet.

“Lonesome No More“ Jon: Der Titel stammt aus einem Buch von Kurt Vonnegut, “Slapstick“. In dem Buch sind die Menschen bestimmten Familien zugeteilt, damit sie gegenseitig auf sich aufpassen können. Und der passende Slogan dazu ist „Nie wieder einsam sein!“

“Vitamin C“ Lee: Dieser Song war ein Vorwand dafür, einen Loop zu verwenden, den ich eigentlich für ein anderes Stück gemacht habe, was ich aber richtig vermasselt habe. Ich habe mir angehört, was ich aufgenommen hatte, und es endete als riesiger Krach. Mit einer Bass-Spur von Jon passte es aber gut zusammen.

“Spires“ Lee: Ich bin mal aus einer Schulband ausgetreten, weil keiner eigene Songs schreiben wollte und ich es leid war, immer nur Coversongs zu spielen. Ich habe das Stück ganz laut in meinem Schlafzimmer aufgenommen, als alle bei der Arbeit waren.


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