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Eine der meist verkannten Indiebands der 90er schöpft trotz diverser Rückschläge neue Kraft und meldet sich mit „Blood/Candy“ eindrucksvoll zurück.
„Frosting On The Beater“ hätte 1993 mehr Aufmerksamkeit verdient und vielleicht sogar als Referenzalbum des amerikanischen Alternative in die Geschichte eingehen müssen: The Posies lieferten zu einem Zeitpunkt sagenhaft großen College-Rock als an Nada Surf & Co noch nicht zu denken war. Dabei handelte es sich beim missachteten Meisterwerk bereits um ihren dritten Longplayer, der dank des großartigen Sängergespanns Jon Auer und Ken Stringfellow nie im Mittelmaß hätte landen dürfen.
Leider zerstörten interne Querelen regelmäßig die Erfolgsspur und warfen die Band kommerziell zurück. Mit Ex-Drummer Mike Musburger kam es 1994 gar zu einer (von offizieller Seite dementierten) Schlägerei. Der Grund: Eifersüchteleien und falsche Eitelkeiten, die Auer und Stringfellow dazu bewegten, den sich immer mehr ins Songwriting einmischenden Musburger kurzerhand auf die Straße zu setzen. Nur eine von vielen Stories rund um ihre bewegende Bandhistorie, doch zur Trennung kam es nie. Auch wenn es ordentlich krachte, riss sich die Combo immer wieder zusammen und konzentrierte sich auf das Wichtige: Die Musik.
So entstanden sechs gemeinsame, durch und durch famose Platten und obwohl Ken Stringfellow und Jon Auer zuletzt Solo unterwegs waren, kehren die beiden nun mit der Band im Schlepptau zurück. Ihr neues Werk haben The Posies auf den Namen „Blood/Candy“ getauft und freilich passt der Titel wie die Faust auf’s Auge – Gegensätze ziehen sich an, ergänzen sich manchmal und wenn alles gut läuft, kommt etwas sehr Schönes dabei heraus, meinen The Posies im Gespräch mit motor.de
motor.de: Viele sind überrascht, dass ihr beide immer wider über eure Schatten springt und gemeinsame Sache macht – wer hat diesmal den Stein ins Rollen gebracht?
Jon Auer: Es ist ein weit verbreiteter Mythos, dass wir nur alle Jubeljahre miteinander abhängen. Allein durch Spanien sind wir zuletzt drei Mal getourt.
Ken Stringfellow: Zudem spielten wir die letzte Platte „Every Kind Of Light“ in einer Woche ein und ich möchte behaupten, dass dies kaum möglich wäre, wenn wir nur ein Gelegenheitsprojekt wären.
motor.de: Für die Sessions zum neuen Album „Blood/Candy“ habt ihr zehn Tage in einem Haus nahe der spanischen Südküste verbracht – war das Zusammenleben schwierig?
Ken Stringfellow: Ich wohne mit meiner Familie in Frankreich und Jon in den Staaten – da muss man schauen, wie man die Aufnahmen für eine neue Platte koordiniert. Spanien mögen wir an sich sehr und deswegen war ich begeistert von der Idee dort aufzunehmen.
Jon Auer: Wir sind ja keine 20 mehr und in den vergangenen 23 Jahren mit The Posies unglaublich gereift. Ken und ich hatten zwischenzeitlich sehr schwere Phasen, verstehen uns inzwischen aber bestens.
motor.de: Gab es früher diese Momente, in denen ihr beide dachtet, was für einen Mist tue ich mir hier eigentlich an – besser nichts wie weg von The Posies!
Ken Stringfellow: Wenn der Erfolg eintritt und du völlig grün hinter den Ohren bist, suchst du innerhalb deiner Band Halt und in gewisser Weise auch Verständnis. Es ging mir in den 90ern oftmals darum, zu verstehen, warum das alles passiert und immer wenn ich Jon in diese Überlegungen einweihte, vergaß ich vollkommen, dass er ebenfalls ein Teil des großen Rätsels ist und keine Antworten liefern kann. Das war unbefriedigend für mich.
Jon Auer: Klingt kryptisch, stimmt aber. Das Stichwort ist Kontrolle: Du willst die Sache im Griff haben – also versuchst du alles unter deine Fittiche zu bekommen, überall die Hände drauf zu haben und ja niemanden wichtige Entscheidungen treffen zu lassen, von denen du glaubt, sie selbst besser treffen zu können.
The Posies – “Conversations”
motor.de: Ist die Stimmung innerhalb The Posies entspannter geworden?
Jon Auer: Wie gesagt, jeder von uns hat dazugelernt und die Zusammenarbeit ist leichter geworden. Natürlich kann niemand ganz aus seiner Haut, aber die Sturköpfigkeit und das Konkurrenzdenken hat sich auf ein gesundes Maß heruntergeschraubt. Gewisse Spannungen braucht man schließlich, um gute Songs zu schreiben.
motor.de: „Blood/Candy“ klingt nicht nach einer Platte von vier Männern, die bereits seit 25 Jahren Musik machen, sondern kraftvoll wie ein Debüt: Rock und E-Gitarren dominieren die Songs.
Ken Stringfellow: Wir sind verdammt glücklich mit dem Ergebnis und jeder Tag der Aufnahmen hat sich gelohnt. Für mich war die Dynamik im Studio deutlich spürbar und ich verließ unser Haus während der Sessions fast gar nicht – nur am Anfang, um Lebensmittel einzukaufen, das war es.
motor.de: Auf eure letzte Platte „Every Kind Of Light“ mussten wir lange warten und diesmal gingen erneut fünf Jahre ins Land – geht es beim nächsten Album schneller?
Ken Stringfellow: Bei mir stehen ein paar Produzentenjobs an und Jon plant sein zweites Soloalbum.
Jon Auer: Ich will es spätestens im kommenden Frühjahr veröffentlichen. Soll heißen, wahrscheinlich wird 2011 kein neues Material von The Posies kommen, 2012 ist aus meiner Sicht aber realistisch.
Ken Stringfellwow: Wir beeilen uns, versprochen.
Marcus Willfroth
Vö: 01.10.10
Label: Ryko/ADA/Warner Music
Tracklist:
01. Plastic Paperbacks
02. The Glitter Prize
03. Licenses To Hide
04. So Caroline
05. Take Care Of Yourself
06. Cleopatra Street
07. For The Ashes
08. Accidental Architecture
09. She’s Coming Down Again!
10. Notion 99
11. Holiday Hours
12. Enewetak
Tourdaten:
13.10. Münster – Gleis 22
14.10. Berlin – Comet Club
15.10. Hamburg – Silber Club
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