Die Liebe ist eine anstrengende Sache. Zwischen Hoffen, Bangen, spontanem Jubelgeschrei und tieftrauriger Unglücksmiene ist alles möglich – und das schlimmstenfalls sogar innerhalb von 24 Stunden.
The Rain halten sich mittlerweile seit sieben Jahren wacker im Rennen. Und da Liebe ja glücklicherweise nur blind und nicht taub macht, haben sie nach all der Zeit auf der emotionalen Berg- und Talfahrt durch die ermüdende Maschinerie des Musikbusiness noch immer nicht die Leidenschaft für ihren Traumberuf verloren. Schnallt euch an für eine Geschichte über wahre Zuneigung zu Saiteninstrumenten und dem, was man damit bühnenwirksam produzieren kann. Es ist die Geschichte zweier Männer, die auszogen, heldenmutig für ihre Ideale zu kämpfen.
Romantischer kann man fast nicht zueinander finden. Als grundsolide Vertreter der Pre-Casting-Show-Ära lernten sich die Gründerväter von The Rain in der guten alten Schülerband kennen. Diese ersten musikalischen Annäherungsversuche liegen jedoch mittlerweile auch schon wieder zwölf Jahre in der Vergangenheit, und da ein ehrgeiziges Schulkapellenmitglied artig nach Weiterentwicklung strebt, gründeten Carlos Bruck und Lorenz Theuer im Jahre 2000 ihre aktuelle Bühnenformation. Auch wenn die beiden Bass-, Gitarren- und Gesangs-Aufgaben seither brüderlich untereinander verteilen, bedarf es für eine gut funktionierende Klangbeziehung aber zumeist noch eines Dritten im Bunde. Und so kommt man schneller, als es einem vielleicht lieb sein mag, zu der zermürbenden Erkenntnis, dass es bei weitem nicht leicht ist, den Richtigen zu finden.
Acht ist eine stolze Zahl – jedenfalls wenn sie einen Wert beschreibt, der sich auf den bandinternen Drummer-Verschleiß bezieht. Nachdem Carlos und Lorenz alle Variationen von Ausreden zum Thema “Bandausstieg” mittlerweile im Schlaf beherrschen dürften, haben sie momentan mit Schlagzeugsternchen Chris einen hochtalentierten Aushilfs-Drum-Fisch an der Angel. Als Außenstehender kann dieser nun wohl besonders objektiv hinter die Kulissen blicken und so darf er jetzt ruhig auch einmal zu Wort kommen, wenn es um die Frage geht, was The Rain denn musikalisch alles auszeichnet: “The Rain sind gewissenhafte Instrumentalisten, die weitaus mehr Energie auf die Bühne bringen, als man das von anderen Kapellen gewohnt ist. Es gibt unendlich viele Bands, die alle irgendwie gleich klingen. Bei The Rain merkt man aber, dass hier ‘Musik passiert’. Es ist ein Zusammentreffen von drei komplett verschiedenen Persönlichkeiten und davon profitiert das Arrangement der Songs.”
Beim Hören ihres Zweitwerks ‘Involver’ wird man jedoch trotz gut gemeinter Eigenbrötelei nie mit neuartigem Klang-Schnickschnack versorgt. Poppige Rock-Gebilde wie ‘Big Lie’, ‘Everyday’ und ‘It Feels Like’ funktionieren eher durch grazile Eingängigkeit und dichte, ungemein Energie-gespickte Instrumentalführung. Auch fühlt man sich nicht zwangsläufig genötigt, sogleich eineindeutige Inspirationsquellen aus Vergangenheit und NME-gepriesener Gegenwart herunterzubeten. Dennoch dürfte sich ein klares Abheben vom gitarrenzupfenden Einheitsbrei für The Rain wohl ziemlich schwierig gestalten – vor allem in der neuen Heimat.
Die Kölner Jungs sind – natürlich nicht ohne die obligatorische rosarote Brille im Gepäck – dem Jobangebot ihrer Plattenfirma hinterher gezogen und leben seit nunmehr einem Jahr im schönen und Band-verschlingenden London. Hier sind die Sitten noch ein wenig rauer. Wenn man seit 365 Tagen auf zwölf Quadratmetern zusammengedrängt in einer überfüllten Wohngemeinschaft hausen und sich stets und ständig von den viel zu leeren Versprechungen einer Plattenfirma enttäuschen lassen muss, ist es schwer, den langen Atem zu bewahren. Wer nicht senkrecht durchstartet, hat dieser Tage ein Problem. Und ein deutscher Akzent ist bei einer inner-englischen Mission sicher auch nicht allzu förderlich.
The Rain: Big Lie
Doch trotz aller Opfer, die es auf dem harten Weg zum medialen Ruhm zu bringen gilt, planen Carlos und Lorenz keineswegs, Bass und Gitarre an den Nagel zu hängen. Im Krieg und in der Liebe ist ja bekanntlich alles erlaubt und so werden sie sich auch weiterhin durch die harsche Musiklandschaft zu boxen wissen und dabei das Festklammern an den ewigwährenden Strohhalm nicht vergessen. Nach dem schlimmsten Regenschauer muss sich die Wetterlage schließlich irgendwann auch wieder in Richtung Sonnenschein verbessern. So hat das bislang immer funktioniert. Letztlich war es sogar Supermodel Eva Herzigova, die die grauen Gewitterwolken eigenhändig aus dem Wege räumte, um beim Videodreh zu ‘Big Lie’ ihr strahlendes Aussehen kameratauglich zum Einsatz zu bringen. Mit dieser optischen Unterstützung, der richtigen Grundeinstellung und den gewissen Live-Qualitäten in der Hinterhand dürfte die Reise der beiden weiter gehen, bis auch noch der letzte Musik-Konsument verstanden hat, dass es bei allen Rückschlägen immer gut ist, auf die Liebe zu vertrauen – egal, wie viel Zeit das kostet.
Christine Stiller
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