Über Probleme mit der Mafia, Geld und Lamborghinis ein Interview mit ganz normalen Rockstars.

Trotz sieben Stunden im Stau und Verspätung nahmen sich Sänger Joel Stoker und Luke Crowther, Gitarrist der Rifles, vor der Show in Leipzig Zeit für ein Interview mit motor.de. Sichtlich müde aber ganz die britischen Gentlemen sprachen sie mit uns über die Trennung von Oasis, den MySpace Hype und die Verbindung zwischen Fußball, Musik und schlechten Noten.

motor.de: Wie ist die Tour bisher gelaufen?

Joel: Super. Heute ist die fünfte Show in Deutschland und wir hatten dazwischen nur einen Tag frei. Die ersten beiden Shows haben wir in Städten gespielt, die wir noch nicht kannten. Mannheim und Erlangen. Und dann Hamburg und Köln, da waren wir schon vorher.

motor.de: Schaut ihr euch die Städte in denen ihr spielt auch an?

Luke: Wir versuchen es zumindest.
Joel: Ja, wenn wir Zeit haben auf jeden Fall.
Luke: Joel geht immer eine Runde joggen und checkt das für uns aus.
Joel: Ja und hinterher kann ich euch dann sagen was man innerhalb dieser zwei Kilometer so machen kann [lacht].

motor.de: Haben euch irgendwelche Orte besonders gefallen?

Joel: Gent war toll. In Holland.
Luke: Belgien!
Joel: Ach ja, richtig. Belgien. Da war eine Stanley Kubrick Ausstellung als wir dort waren. Die haben wir uns mal angekuckt und das war ein ziemlich komischer Ort. Wirklich sehr sehr seltsam.
Luke: Wir mögen seine Filme „The Shining“ oder „Full Metal Jacket“. Das war interessant. Aber man muss nur raus gehen und es auch sehen wollen, dann hat eigentlich jede Stadt etwas zu bieten.
Joel: Gutes Essen zum Beispiel.

motor.de: Vermisst ihr das Essen von zu Hause oder seid ihr zufrieden hier?

Joel: Wir werden hier eigentlich immer sehr gut versorgt. Ich vermisse das Essen zu Hause schon, aber nicht das Essen, das wir dort auf Tour bekommen.
Luke: Ja, das Essen das wir dort bekommen ist nicht besonders. Hier dagegen schon. Gestern hat sogar jemand vor uns in unserem Dressing Room gekocht. Das war toll!


motor.de: Ihr werdet immer als ziemlich bescheidene und normale Typen beschrieben – wie kommt es, dass ihr nicht zu den typischen arroganten Rockstars geworden seid?

Joel: [lacht] Da haben wir nur nicht genug Geld dazu!
Luke: Wenn wir dann mal genug Kohle machen und den dicken Lamborghini fahren, dann vielleicht!
Joel: Jaja, das kommt hoffentlich noch!
Luke: Aber ich denke, dass wir immer am Boden bleiben werden. Unsere Freunde werden uns schon zurückholen.

motor.de: Aber den typischen Rockstar/Indie Stil habt ihr ja schon…

Luke:
Wir mögen Klamotten! Aber wir haben auf der Bühne die selben Sachen an, wie sonst auch.

motor.de: Stimmt es, dass der Anfang eurer Band beim Oasis Konzert in Knebworth war?

Joel: Ein bisschen. Luke und ich waren beide da, aber wir kannten uns noch nicht. Wir haben uns erst einen Monat später wirklich kennengelernt.
Luke: Es hat uns aber beide ganz individuell inspiriert. Es war das erste Mal, dass ich bei so einem großen Gig war. Es waren so viele Leute, ganz normale Menschen, die aber so begeistert von der Musik waren. Das war cool.

motor.de: Denkt ihr, dass ihr die selbe inspirierende Wirkung auf eure Fans habt?

Joel: Es wäre schön, aber ich denke, es ist heutzutage schwer, mit einer Show so eine Hysterie auslösen zu können. Im Internet kann man sich ja schon alles anschauen und anhören. Damals waren die Shows noch was besonderes.
Luke: Ja, ich denke auch, dass die Fans nicht so zu unserer Band aufsehen, wie wir das bei Oasis gemacht haben. Wir machen schon gute Songs, aber eben nicht so viele [lacht]. Die Zeit verändert sich ja auch. Die Kultur und die Gesellschaft verändern sich und man weiß nicht, was der Auslöser dafür ist, dass eine bestimmte Musikrichtung oder eine Band so groß wird. Auch Oasis wussten nicht, warum sie auf einmal so berühmt waren, die hatten keine Ahnung. Manchmal hält sich eine bestimmte Art von Musik sehr lange. Und dann sind auf einmal alle Leute gelangweilt. Vorher war Dance-Musik ganz groß, immer und überall, und dann explodierte auf einmal diese Band-Musik, wie es bei Oasis der Fall war. Davor wurde in den Clubs immer nur Dance gespielt.

motor.de: Seid ihr denn dann traurig darüber, dass Oasis sich aufgelöst hat?

Luke: Das ist uns egal!
Joel:
Nein, nicht besonders. Sie würden sowieso nicht mehr dahin kommen, wo sie mal waren. Sie könnten noch zehn Jahre weitermachen und es wäre nicht mehr so gut wie damals.
Luke: Sie haben ihren Job gemacht und jetzt ruhen sie sich halt mal aus. Man muss den Leuten ja auch Zeit zum durchatmen geben. Oasis haben sieben Alben veröffentlicht. Und auch genug Geld und genug vom Rockstar Leben mitbekommen.


motor.de: Habt ihr auch Angst, dass die Band oder das viele Touren eure Freundschaft gefährden könnte?

Joel: Wir sind ja jetzt schon eine ganze Weile unterwegs, und bis jetzt läuft es gut.
Luke: Man muss glücklich sein bei dem was man macht. Und auch mit der Band glücklich sein. Wenn wir nicht auf Tour sind, sehen wir uns auch nicht so oft. Da lebt jeder sein Leben weiter.
Joel: Naja. Grant ist ein Albtraum [lacht].
Luke: Ja, außer Grant sind alle toll.

motor.de: Joel, du hast mal bei der Jugendmannschaft von West Ham United gespielt. Denkst du, die Verbindung von Rockmusik und Fußball ist in England größer?

Joel: Ja doch das glaube ich schon.
Luke: Wenn man nicht gut in der Schule ist, oder schlechte Noten hat, dann versucht man sich entweder mit Musik oder Fußball abzulenken. Um davon wegzukommen.

motor.de: Deshalb seid ihr also Musiker geworden? Weil ihr schlecht in der Schule wart?

Luke: Ein bisschen. Ich könnte einen normalen Job nicht durchstehen. Musik ist ja kein richtiger Job, es ist mehr ein Witz [lacht]. Wir haben gerade sieben Stunden im Stau gestanden. Das ist doof, aber wenn man arbeitet, würde man sich wahrscheinlich über sieben Stunden Nichtstun freuen. Ich bin mir sicher dass Noel Gallagher mit seiner ganzen Kohle zu Hause rumsitzt und sich einfach nur denkt: „Mir ist langweilig!“

motor.de: Ich habe gelesen, dass ihr eure Tour in Italien abbrechen musstet, weil ihr Probleme mit der Mafia hattet?

Luke: Das war Grant! Wie immer! Den kann man einfach nirgends mit hinnehmen.

motor.de: Ihr wollt also nicht darüber reden?

Joel: Wir wollen nicht erschossen werden!

motor.de: Die britische Musikszene ist zur Zeit ein wenig uninspiriert, die kreativeren Sachen kommen aus anderen Richtungen, wie MGMT oder Vampire Weekend. Denkt ihr es gibt eine Krise bei den britischen Gitarrenbands?

Luke: Nein, das denke ich nicht. Das verändert sich ja auch über die Zeit. Aber mir kommt es so vor, als wird alles irgendwie ein bisschen obskur, weg vom Mainstream. Je verrückter, desto besser. Die Musikindustrie hat sich ja auch verändert. In England hatten wir immer viele tolle Bands. Es ist zur Zeit alles wieder ein bisschen in die Achtziger zurückgefallen. Es dreht sich immer im Kreis. In ein paar Jahren ist das wieder anders. Die Dinge verändern sich ein klein wenig, aber im Grunde bleibt es ähnlich. Wie kann man denn auch komplett original sein und was vollkommen Neues raus bringen? Man muss doch von irgendwas beeinflusst oder inspiriert sein um etwas Anderes zu schaffen.

motor.de: Habt ihr zur Zeit irgendwelche Lieblingsmusik?

Joel:
Ich weiß nicht. Wir sind nicht so up to date. Ich hab neulich La Roux gesehen, das war eine tolle Show. Besser als die Platte.
Luke: Und vor zwei Tagen waren wir bei Muse. Das war fett. Und sehr anders. Aber wenn man auf Tour ist, will man eigentlich als allerletztes nochmal raus gehen und sich andere Konzerte ansehen. Wenn, dann schauen wir uns unsere Supports an, die sind ja auch gut. Die suchen wir uns auch selber aus.

motor.de: Empfehlt ihr anderen Bands, eher den Weg den ihr gegangen seid, mit vielen kleinen Shows am Anfang, oder den zur Zeit häufig vorkommenden Erfolg durch MySpace?

Joel: Naja, das kann man sich ja nicht aussuchen.
Luke: Wenn man gleich viel Presse bekommt wird man dazu ja nicht nein sagen. Wir haben uns unsere Fanbase eben erspielt. Und uns nicht aufgedrängt. Die Fans haben uns aufgebaut und sind Teil der ganzen Sache, deshalb ist sie auch so stark. Aber ich denke, dass viele Bands darunter leiden. Wenn man so gehyped wird und die Fans über die Presse bekommt, kann die Presse dir diese Fans auch wieder wegnehmen. Man muss schon richtig gut sein um da zu bestehen.

motor.de: Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Joel: Wir wollen erstmal ein neues Album aufnehmen.
Luke: Ja, wir schreiben auch auf Tour an neuen Songs. Diesmal soll es schneller gehen als beim letzten Album. Wir haben manchmal sogar schon den Backstage Bereich in ein Studio umgewandelt und da aufgenommen
Joel: Ja, es gibt schon ein paar neue Songs.

motor.de: Noch eine Frage…wie lerne ich am besten Paul Weller kennen?

Luke: [lacht] Ich geb dir seine Nummer, dann kannst du ihn anrufen! Gründe eine Band und mach Musik die ihm gefällt. Er ist so ein netter Kerl. Wir haben ihn schon immer bewundert, und dann lernt man ihn kennen und er ist noch mehr als du erwartest. Er hat sogar seinen Ankleideraum mit uns geteilt! Er ist einfach ein toller Typ.

Interview: Eric Bauer & Juliane Sondermeyer
Fotos: Juliane Sondermeyer