Ebbot Lundberg: Vocals
Kalle Gustavsson: Bass
Martin Hederos: Keyboards
Fredrik Sandsten: Drums
Ian Persson: Guitar
Mattias Bärjed: Guitar
Seit einigen Monaten schon brodelt die Gerüchteküche. Immer wieder angekündigt, mit Spannung erwartet und schließlich doch noch fertig geworden: Origin Volume I, das brandneue The Soundtrack Of Our Lives (OEOC)-Album.
Schon die erste Single Big Time, ein ungewöhnlicher Uptempo-Song mit einer nahezu Beatlesken Melodieführung, ließ Großes ahnen. Die opulenten Soundflächen bekommen unwiderstehlichen Druck aus der tighten Rythmussektion, die die Soundorgie aus mehreren Gitarren und mindestens zwei Orgeln gekonnt zusammenhält. Kein Zweifel besteht a) an der überragenden Souveränität, mit TSOOL ihre Arrangements auf den Punkt bringen, und b) an dem traumwandlerischen Melodiegefühl, das Track für Track für Mitsing-Motivation sorgt. Das ganze ist durchaus angereichert mit gezielten Stößen ins Herz.
Mit der für The Soundtrack Of Our Lives (OEOC) ungewöhnlich geringen Anzahl von nur 12 Songs – nichtsdestotrotz allesamt Meisterklassen des balls-to-the-walls-Psychrock-Songwriting – melden sich die Schweden auf ihrem vierten Album zurück. Verhältnismäßig bescheiden, denn die Gesamtzahl der aufgenommenen Songs beträgt satte 45 Tracks. Das war natürlich zuviel für nur ein Album, und so kann man sich voraussichtlich im nächsten Jahr auf Origin Volume II freuen. Doch bleiben wir bei dem, was sich uns bietet.
Origin Volume I beschreibt die Kunst des klassischen Rocksongs in anthropologischer Form, wie ja auch das Cover nahelegt. Präsentiert von 5 aus 6 Seelen – Drummer Fredrik Sandsten ist das einzige Bandmitglied, das keinen eigenen Song beigetragen hat, dafür ist er derjenige, der nach einem Gig zumeist von anderen Bands um Unterrichtsstunden gebeten wird.
Die anthropologische Lehrstunde über die Ursprünge beginnt mit Believe I’ve Found, einem wahren Gunslinger-Track, auf dem die Gitarristen Ian Persson und Mattias Bärjed mit lassowerfenden Riffs das Spektrum der Band ins Breitwand-Format schleudern. Anschließend geht’s dann TSOOL (OEOC)-klassisch weiter mit dem Sechseinhalbminüter Transcendental Suicide, der sich von einem pastoralen Mini-Epos zu einer full-power TSOOL (OEOC)-Startbahn morpht. Nummer drei ist die Single Bigtime – ein Monster von einem Song, der auf einem voranpreschenden Basslauf und einem fliegenden Guitar-/Keyboard-Riff abheben lässt. Heading For A Breakdown setzt da an, wo Nevermore von Behind The Music aufhört und bietet sich als grandioser Singalong als zweite Single an. Mit Mother One Track Mind mischten die Jungs bereits die letzten Sommerfestivals auf. Der Song wurde zu einem echten Live-Überflieger, der sich auch als Soundtrack zu einem Route 66-Roadmovie eignet.
Zu Midnight Children (Enfants de la Nuit), das von Bassmann Kalle Gustafsson Jerneholm geschrieben wurde, sagt Ebbot: “Das ist ein typischer Kalle-Song. Wir hörten seine Melodie und ich schrieb den Text. Wir wussten, dass es ein Duett werden musste. Ich war ungefähr vier Jahre alt, als ich das erste Mal Serge Gainsbourgs und Jane Birkins ‘Je t’aime… Mon non plus’ hörte. Mein Daddy musste die Platte schließlich zerschlagen, das hat mir echt Angst gemacht.” So jedenfalls kam es dazu, dass Ebbot Midnight Children nicht allein bestreiten muss, sondern mit eben jener, der Jane Birkin zusammen sang. Nicht nur, dass dies der Traum jedes in den 70ern adoleszierenden jungen Mannes ist, sondern Jane verwandelt die Psychedelic-Hymne in einen sagenhaft femininen Song voller Erotik.
Voll mit kalifornischem Sonnenschein steckt Lone Summer Dream, eine akustische Zeitmaschine in den Summer of Love, dessen Traumblase vom Rocker Royal Explosion II zum Zerplatzen gebracht wird. Wheels Of Boredom ist eine Parabel über Desillusionierung, verkleidet in eine schöne Melodie, ausgerüstet mit dem klassischen Piano Martin Hederos, bevor sich mit Borderline ein Song mit Indie-Hit-Qualitäten anschließt. Dabei geht es inhaltlich um das Gegenteil von dem, was die Melodie verspricht, nämlich um ein Ego, das sich zu sehr aufgebläht hat. Der Macciavellistische Drang zum Erfolg endet in der tragischen Erkenntnis, dass alles umsonst war. Allerdings nicht für Origin Volume I, denn das bittersüße Song For The Others und das auf den zweiten Blick vertrackte Age Of No Reply, das einen bombastischen vorläufigen Schlusspunkt setzt bilden die Höhepunkte zum Ausklang. Aber die Geschichte ist hier nicht zu Ende, denn schließlich gibt es noch weitere 33 Songs, von denen einige wert sind, gehört zu werden…
Mit Origin Volume I gehen Ebbot Lundberg, Ian Persson, Kalle Gustafsson, Mattias Bärjed, Fredrik Sandsten und Martin Hederos den Weg, den sie mit Welcome To The Infant Freebase, Extended Revelation und Behind The Music einschlugen, kompromisslos weiter und würzen ihre Wurzeln aus 60s-Psychedelic und End-80s-Grunge mit einer reichlichen Prise Pop. Was dabei herauskommt, ist durchweg positiv, und das nicht nur in der musikalischen Qualität, sondern auch in Ausstrahlung und Atmosphäre. Wenn dies der Soundtrack zu unserem Leben ist, dann kann unser Leben so schlecht nicht sein. Und TSOOL tun ihr Bestes dafür.
© 2004 WMGG/tbe
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