Die Hemden sind gebügelt, die Schlipse geknotet. Die fünf Herren im kleinen Weißen auf dem Bild nebenan haben ihr Sauber-Image weg. Wäre da nicht das, was jedem Neubeginn einen fetten Strich durch die Rechnung macht. Die Vergangenheit.

Die Zeit, als sauber irgendwie out und fäkalienbespickte Songtitel irgendwie in waren. Als jeder ein bisschen am Punk-Rock-Kuchen knabbern wollte. Die Zeit, als WG-Partys meistens ein schlimmes Ende nahmen. Meistens.

Die Privat-Sause von Sänger und Gitarrist Sascha Niemann jedenfalls endete mit einer Spontan-Jam-Session seiner Band Toulouse und der Nachwuchs-Schauspielerin Anna Fischer. „Ick fragte die vier Jungs, ob se nich Bock hätten auf berlinerische Texte und ma wat anderet als dit, wat imma im Radio läuft“, beschreibt Punkröhre Anna die ungewöhnliche Geburt des Projektes, das nur wenige Monate später die Hauptstadt-Kinnladen reihenweise zum Runterklappen bringen sollte. Panda hieß das musikalische Baby, das mit Berliner-Schnauze-Texten, 60s-Sound und Garage-Rock lautstark gegen den Radio-Mainstream ankämpfte und so gar nicht knuddelig daherkam. Dafür aber von „Du kotzt ma an“ bis „Jeht kacken“ mit jeder Menge textlich dezent verpackter Exkremente aufwarten konnte. Und wenig später mit einem Universal-Vertrag und Ärzte-Rod als Produzent.

Panda – Jeht kacken!

Klar war jedoch auch, dass nach Leopardenröckchen und abgeschnittener Jeans mal wieder Schlipse und gebügelte Hemden angesagt sein würden. Und nachdem Panda ihr Wir-sind-so-versaut-Image mit einer Myspace-Suche nach Deutschlands verdrecktestem Klo die Krone aufgesetzt hatten, war Schluss mit „wir wollen Scheiße sehn“.

So kehrten Chris Lippert, Oskar Alpen und ihre mittlerweile drei Kumpanen 2007 nicht gleich zu den Jugend-Jazz-Orchester- Wurzeln zurück, aber dennoch in deutlich trommelfell-freundlichere Gefilde. „Die Band versucht nicht die musikalischen Helden ihrer Jugend zu kopieren“, erklärt der PR-Text, „sondern deren Musik auf Basis ihrer eigenen kulturellen Herkunft zu interpretieren.“ Die kulturelle Herkunft ist schnell geklärt. Marek Jamrozy, Sascha Niemann, Christian Lippert, Christopher Brandt und Oskar Alpen stammen allesamt aus musikalischen Elternhäusern mit riesengroßen Beatles-Plattensammlungen. Nach der besagten eigenen Interpretation muss man schon ein wenig länger suchen. Denn obwohl das Quintett nach eigener Aussage „wieder frischen Wind in die bisher überwiegend monolingual geprägte Republik bringt“, weht dieses seitengescheitelte Lüftchen doch stark von der Insel her: Straighte Rocksongs, gerolltes „r“, doppelte Gesangsspitze und Akkorde, die wie Hummeln in den Hintern kriechen. Vom Partykracher (“Give All My Love Back”) bis zur Herzschmerz-Ballade (“Don’t Lay Your Love Down On Me”) reicht das Repertoire des Berliner Fünfers, der sich mittlerweile auch, ganz anti-britisch, ein “The” vor das “Toulouse” geschrieben hat.

Und obwohl es in der Zeile: „Baby, you’re the wrong ambition, I’m on the way for the next big mission“ des Songs „Baby, Baby, Baby“ fast so klingt, als würden sich die fünf Herren pandatechnisch endgültig verabschieden, ist ihnen die Affinität für Fäkalien und andere Körperflüssigkeiten allem Anschein nach nicht ganz abhanden gekommen. Oder wie soll man den Titel der 2008er Arsch-Weg-Rock-Debüt-EP „Spit On The Bar“ sonst deuten?

The Toulouse auf Tour:
30.08. / Maschinenhaus (Kulturbrauerei) / Berlin
06.09. / Grüner Jäger / Hamburg
13.09. / Blue Shell / Köln
27.09. / Naturhaus Festival / Belzig
28.09. / Zum Teufel / Heidelberg
02.10. / Cafe Wagner / Jena
03.10. / Pretty Vacant / Düsseldorf
08.10. / Faust MEPHISTO / Hannover
09.10. / A.R.M. / Kassel
10.10. / Movie / Bielefeld
11.10. / Meyers / Siegen
17.10. / Groove Station (feat. EL*KE) / Dresden
24.10. / Zebra e.V. / Neubrandenburg
25.10. / Interclub / Rostock
31.10. / Webhaus / Großröhrsdorf
07.11. / Frannz Club / Berlin
12.12. / Die Kiste e.V. / Magdeburg
13.12. / Moritzbastei (feat. DANTE´S DREAM) / Leipzig

Jennifer Beck