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The Virgin Tongues aus Berlin, England und den USA versuchen sich an psychedelischer Rockmusik. Jubelnde Indie-Mädchen in der ersten Reihe dürften ihnen damit bald sicher sein.
Drei Kerle + zwei Gitarren + zwei Trommeln + eine Bühne = Energie? Durchgespielt haben diese Rock’n’Roll-Rechnung schon unzählige Bands mit unzähligen ausgetauschten Variablen. Nur geht sie nicht in jedem Fall auf. Rockmusik ist Herzblut, keine Excel-Tabelle. Das wissen auch die bis dato unbeschriebenen Virgin Tongues. Die genannte Formel nämlich trifft auf Duncan McKnight, Robert Michael “Mikey” Giddens und Nima Ashe zu, weil sie ihre Karriere nie kalkuliert haben.
The Virgin Tongues kommen aus Berlin, aber auch das ist nur die halbe Wahrheit. Im derzeit vielleicht spannendsten kreativen Schmelztiegel Europas stolperten die Jungs irgendwie über sich. Duncan stammt aus der kalifornischen Wüste, Mikey wuchs im beschaulichen Oldenburg auf, bevor er mit seinem englischen Vater und seiner griechischen Mutter nach England zurückzog. Und Nima kommt ebenfalls aus den Staaten. Woher genau, weiß er vermutlich selbst nicht mehr.
Obwohl ihre reduzierte Spielart des Garage-Rock’n’Rolls seit Bands wie den White Stripes, Black Keys, Johnossi oder den großartigen Two Gallants längst Indie-Disco-fähig ist, wirken die Virgin Tongues wie aus der Zeit gefallen. Mit lockigen Mähnen, Sonnenbrillen, offenen Hemden und einem Hauch vom andernorts so niedergehendem Hedonismus bedienen sie sich der Rock’n’Roll-Ästhetik der Siebziger Jahre, als Bands nur mussten, wenn sie wollten. Sie inszenieren sich als coole, psychedelische Band, die sich um Erwartungshaltungen nicht schert und eben deshalb doch zu einer dieser hippen Indiebands heranwachsen wird, die sie angeblich nicht sein wollen.
The Virgin Tongues – Six Feet Underground
“Who cares now?“, jault Sänger Duncan aus dem entlegendsten Proberaumwinkel ins Mikrophon. Als ob er gar nicht richtig da wäre, als ob es ihm egal wäre, ob seine Worte jemand hört. Dann fährt er fort und zieht seiner gerade erschaffenen Anti-Haltung den Boden unter den Füßen weg: “I hope she’s feeling better, I hope she’s feeling fine“. Die Liebe trieb ihn, seinen Ich-Erzähler und seine musikalischen Vorbilder voran: The Doors, Velvet Underground, Jesus & The Mary Chain. The Virgin Tongues aber sehen sich in eher in der Tradition großer britischer Romantiker wie Lord Byron oder Oscar Wilde, sagt Mikey: “Rock’n’Roll fing nicht erst mit Elvis an!“.
Wer offenkundigere Hits von The Virgin Tongues sucht, hört sich auf ihrer MySpace-Seite “Six Feet Underground” an und erinnert sich, wie gut Kasabian den Bluesrock in die Clubs brachten. Eine Homepage gibt es nicht, der Gossip wird auch erst folgen. Ein anderer Hit auf den zweiten Blick heißt “Tumbleweeds”. Duncan, dem Strophen und Refrains nur lästiges Beiwerk der Popmusik zu sein scheinen, zitiert dort “Vom Winde verweht”. Werden The Virgin Tongues selbst ein Strohfeuer im Indie-Rock der Nuller Jahre? Abwarten und beobachten. Es lodert nämlich schon beachtlich, da auf der Bühne mit der Trommel und den Gitarren.
Fabian Soethof
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