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Categories: Interview

Lob der Einsamkeit

„Solange du mit einer bestimmten Sache nicht abschließen kannst, solltest du daran festhalten“, sagt Sänger David Gedge und verweist auf „El Rey“, das neue Album von The Wedding Present.

Alles begann im Winter 2003: Vor einem schicken Einfamilienhaus im englischen Leeds stehen vier gepackte Koffer. Sie gehören der Sängerin Sally Murell und deuten auf das jähe Ende ihrer Beziehung mit Ex-The Wedding Present-Sänger David Gedge hin. „Ohne große Wortwechsel war einfach Schluss!“, resümiert der Verlassene heute. Schluss mit der gemeinsamen Band Cinerama, der privaten Zukunft und sämtlichen Nachwuchsplänen. Die Aufarbeitung des Ganzen veranlasste Gedge Anfang 2004 dazu, seine ehemalige Band The Wedding Present zu reformieren und das komplette 2005er Comebackalbum „Take Fountain“ der Ex-Freundin zu widmeten. Im Guten wie im Bösen.

„Sie hat es im Nachhinein nie richtig gehört. Es ist ihr zu persönlich und niemand ertrage es, wenn der Partner so schonungslos mit der ehemaligen Beziehung abrechne, hat sie mir später erklärt.“ Später heißt: Zu der Zeit, als Gedge dem englischen Eiland den Rücken kehrte und nach Amerika zog, zu seinem Freund und Produzenten Steve Albini. „Wir haben nicht wirklich zusammengewohnt. Steve hat einige Appartements über die er frei verfügen kann. Ich mochte meinen neuen Wohnort Seattle von Anfang an und die Stadt half mir beim Songwriting für ‚Take Fountain‘ immens.“ Nicht nur dabei, denn lange allein blieb er nicht und fand jemanden Neues an seiner Seite – wer die neue Frau ist, will er jedoch nicht verraten.

Seit über zwanzig Jahren steht Gedge mit The Wedding Present in der Öffentlichkeit und nie sei es langweilig gewesen. Wegen den vielen Mitgliederwechseln vielleicht? „Ich weiß, dass ist bei jeder neuen Platte ein Thema. Verstehe das wer will, schließlich wechseln Angestellte öfters mal das Unternehmen. Ich finde es gar nicht so schlimm, auch wenn es manchmal sehr, sehr schade war!“ Man glaubt es ihm und bewundert seinen niemals endenden Optimismus irgendwann doch „das perfekte Line-Up zu finden.“

Über „El Rey“ spricht David Gedge allerdings ohne Umschweife und sehr euphorisch: „Die Platte ist größtenteils durch meinen Umzug von Seattle nach Los Angeles beeinflusst. Viel Sarkasmus und Ironie ist darauf enthalten, was bei einer Umgebung aus Sozialvierteln und Hollywood-Traumfabriken nicht verwunderlich ist. Es ging mir um ein Abbild der Kontraste zwischen Arm und Reich, der überzogenen Lebensverhältnisse und dem ganzen Film-Schnickschnack“.

Musikalisch ist „El Rey“ ausgesprochen beschwingt und erinnert nur selten an den düsteren Vorgänger von 2005.
David Gedge: Das hat viel mit meinem Visionen zu tun, mit denen ich an ein Album herangehe. Normalerweise lege ich mir da schon etwas zurecht– diesmal nicht, alles entstand im freien Lauf. Aber ehrlich, soll ich eine Begegnung mit einem Model, das deutlich mehr Haarwuchs aufweist als für eine Frau üblich, mit dunklen Gitarren unterlegen. Das wäre doch deprimierend.

Überraschend ist, dass Sally Murell – noch vor deiner aktuellen Partnerin – die erste Person ist, bei der du dich im Booklet bedankst. Wie kam es dazu?

David Gedge: Wir haben uns über die Jahre eine Freundschaft aufgebaut und sie ist mir sehr wichtig geworden. Weil wir beide Musiker sind und lange miteinander zusammengearbeitet haben. Da entsteht automatisch ein inneres Band.

„El Rey“ ist vielleicht auch deswegen eine tröstende, versöhnliche und manchmal etwas albernere Platte. Die Flucht in eine andere Wirklichkeit scheint geglückt, im Leben von David Gedge wird nicht länger geweint, sondern sich der unmöglichen Leichtigkeit des Seins zu gewandt.

Marcus Willfroth

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