Kanada kann was. Im Geburtsland von Arcade Fire tun sich auch andere Bands hervor, und zwar solche, die man erstmal nicht mit dem großen Etwas, das da an den USA hängt, in Verbindung bringen würde. Beispiel Timber Timbre: Die Band um Frontmann Taylor Kirk klingt nach Wüste, Hitze und Sand und fand daher auch mit ihrem Song Magic Arrow den Weg in den Soundtrack von Breaking Bad, einer Serie die mit ihrem Setting sicher keine Assoziationen mit Kanada weckt.
Taylor hat uns einige Fragen zum neuen Timber Timbre-Album Hot Dreams, David Lynch und Musikvideos beantwortet:
Was macht dich stolz auf Hot Dreams?
Am meisten stolz bin ich auf den kollaborativen Erfolg, den die Aufnahme von Hot Dreams für uns bedeutete. Simple Men ist da ein großartiges Beispiel: Am Schreibprozess waren Simon Trottier, Mathieu Charbonneau und Simone Schmidt beteiligt [die anderen Bandmitglieder, Anm. d. Red.]. Früher sind wir beim Schreiben, Komponieren und Arrangieren ziemlich einzelgängerisch und fokussiert vorgegangen, und ich habe mich sehr darauf gefreut, die Zügel etwas zu lockern, um wirklich starke Songs und letztendlich unser bisher bestes Album zu produzieren.
Wie arbeitet ihr also als Band an einem Album? Wer macht was?
Bei Hot Dreams habe ich die grundlegend Songs konzipiert und an ihnen herum gebastelt, bevor ich Simon getroffen habe, mit dem ich die Ideen und Arrangements ausgearbeitet habe. Von da an haben ich und Simon gemeinsam an den Songs gearbeitet. Die Grundgerüste der Songs bestehen aus Simon am Bass und mir an den Drums, und von da an haben wir uns auf die Instrumentierung konzentriert, weniger auf die Liedstruktur. Bei den meisten Aufnahmen spielt Mat die Keyboards, Olivier zusätzliche Drums, Gitarren, Bandeffekte und so weiter. Das ist aber natürlich noch kein festes Patentrezept, nach dem wir Alben produzieren können.
Warum macht ihr als kanadische Band Musik, die starke Americana Einflüsse beinhaltet?
Naja… Weil amerikanische Musik Rock’n’Roll ist?
Aber auch in dieser Hinsicht: Was bedeutet euch Authentizität? Ist das mit dem Ort verbunden, von dem man kommt?
Ich würde nicht sagen, dass Authentizität mit einem Ort verbunden sein muss, nein. Aber das war mir ein wichtiges Anliegen, wahrscheinlich weil das, was ich mit meiner Stimme anfangs gemacht habe stilistisch etwas verstellt klang. Obwohl mir das immer sehr ernst war habe ich auch versucht, nicht wie ich selbst zu klingen. Jetzt denke ich nicht mehr viel über Authentizität nach. Was wir als Timber Timbre tun, ist absolut ernst gemeint.
In einer Rezension im Guardian wird "Hot Dreams" als Soundtrack eines fiktiven Westerns von David Lynch beschrieben. Tatsächlich erinnert euer Musikvideo zum Titeltrack "Hot Dreams" an die Ästhetik von Lynch. Seid ihr Fans von ihm?
Ich bin es langsam leid, dass David Lynch so oft als Referenz zu Hot Dreams genannt wird. (Und vielleicht auch generell zu oft). Wir sind sicher Fans dieser Filme. Ich habe mich schon immer dafür interessiert, wie manipulativ Lynch vorgeht, indem er starke Spannung mit non-linearen Erzählweisen kombiniert. Aber ich denke dass auch Werner Herzog das sehr gut macht. Und Jim Jarmusch auch. Lynch ist großartig, aber es ist nicht so, dass er „Merkwürdigkeit“ und „Stimmung“ erfunden hätte.
Auch euer Video zu "Curtains" ist etwas Besonderes: Es vereint Aspekte aus dem Film Noir mit alten amerikanischen Krimis. Was war da eure Idee? Seid ihr Cineasten?
Ich liebe dieses Video. Das ist komplett auf dem Mist von Tyler, dem Regisseur, gewachsen, der sich scheinbar stark auf an diesen Genres orientierte Vignettierung spezialisiert hat. Ich glaube ich habe wegen ihm einen Bezug dazu bekommen, bestimmte Ästhetiken über Film und Musik transportieren zu wollen.
Inwieweit seid ihr als Band in die Konzeption eurer Musikvideos involviert? Was ist für euch die Funktion eines Musikvideos?
Ich gebe da gerne sehr wenig Input. Vielleicht schlage ich Orte oder Szenen vor, die ich gerne sehen würde. Aber da ich ein Kontrollfreak bin, könnte ich niemals bei einem Video mit einem Regisseur wirklich kollaborieren, wenn ich nicht jede Szene und jeden Schnitt selbst machen würde. Daher lasse ich die Filmemacher da einfach komplett die Führung übernehmen. Musikvideos sind ein sehr merkwürdiges Medium geworden. Ich denke, dass sie vielleicht noch nicht völlig überflüssig geworden sind, aber sich am Rande des Aussterbens befinden. So wie unsere Musik.
Songs wie "Beat the Drum Slowly" scheinen direkt die Psyche eurer Hörer zu durchdringen. Ihr scheint ja auch in Richtung eines Traum-artigen Sounds zu tendieren. Sehe ich das richtig? Was für einen Effekt sollte eure Musik auf eure Hörer haben?
Ich möchte die Psyche unserer Hörer durchdringen.
Was sind eure wichtigsten Inspirationsquellen, sowohl musikalisch als auch nicht musikalisch?
Ich weiß nicht … Freunde, Familie? Kerle, Mädchen. Verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Dinge. Sport. Kein Sport. Jahreszeiten. Wetter.
Bei eurer Musik muss ich an einen heißen Tag irgendwo in New Mexico denken. Was magst du am meisten an der Wüste?
Die Hitze.
Euer Song "Magic Arrow" wurde ja bei "Breaking Bad" gespielt. Generell: Was haltet ihr davon, Songs an Serien zu lizensieren?
Tatsächlich hat diese Breaking Bad-Sache für mich den Anfang einer Fernseh-Abhängigkeit bedeutet. Ich wollte die Serie eigentlich nur schauen, um mir mal ein Bild davon zu machen, bevor wir dieser Lizensierung zugestimmt haben, und dann wurde ich hinein gezogen. Jetzt bin ich ein Junkie. Ich habe wirklich kein Problem damit, guten Formaten unsere Musik zu lizensieren. Als ich noch Film studiert habe habe ich davon geträumt, Filmmusik zu machen. Aber heute denke ich, dass das Fernsehen den Film in den letzten Jahren in vielen Belangen abgelöst hat. Außerdem ist Lizensierung momentan eines der letzten lukrativen Felder in der „Musikindustrie“, ganz besonderes für Projekte wie unseres.
(Foto: Lucia Graca / Text: Carsten Brück)
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