Unmap – das zweite Nebenprojekt von Bodi Bill – ist eine Band, die sich gerne Gedanken macht, viele Sorgen hat, aber auch ganz gerne einfach tanzt. Das sei das Tolle und Mächtige an Musik, sagt Mariechen Danz. „Man kann eingehen, auf was man will.”

Ich spreche mit der Hälfte von UnmapMariechen Danz ist in der Schweiz und Alex Stolze hat sich zurückgezogen, um an einem Soloalbum zu arbeiten. Normalerweise spielen die beiden zusammen mit Matthias Geserick und Thomas Fietz in Berlin ihr Inspirationstennisspiel. Von sich selber sagen sie, dass sie keinen Kaugummipop machen, sondern versuchen, schwere Themen in gängigen Popformaten unterzubringen, so dass die Aussage in Erinnerung bleibt. Bandname, Instrumentalisierung und Texte bilden ein Gesamtkonzept, dass sich der Offenheit verschrieben hat.

Meint ihr, dass es grundsätzlich in der Musik noch möglich ist, eine Band oder ein Album auf einen Stil festzuschreiben?

Mariechen: Ich glaube die Frage ist, für wen. Ich glaube nicht, dass das die Audience braucht. Man hat ja jetzt so leicht Zugang zu allem. (…) Vielleicht denkt man, dass man es wegen dieser Überflutung braucht. 

Alex: Ich empfinde das genauso. So eine Genrespezifik hat eigentlich in dem Moment aufgehört, wo klare Jugendkulturen aufgehört haben. Das ist in dem Moment passiert, in dem eine Elektronisierung und eine Medialisierung, also das Internet aufgekommen ist. Das heißt, der Zeitstrang ist im Internet auch nicht so klar definierbar. Und die Jugend sehnt sich wahrscheinlich immer noch danach. Mit diesem Tocotronic-Song „Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein“, das war Mitte der 90er Jahre schon, ist das Ende gekommen, wo vorher 50 Jahre lang klare Jugendbewegungen waren. Da war die Beat-Zeit, dann kam der Roll und der Punk und so. Und heute sind wir in einem ganz anderem Umfeld. (…) Ja, Genres, man muss sich was neues einfallen lassen. Es funktioniert nicht mehr, es funktioniert eigentlich nirgends.

Mariechen: Ja, aber die benutzen doch die ganze Zeit irgendwelche Sachen. Alternative, Post-Punk. Das ist, das ist…

Alex: Das ist tot! RnB ist auch das beschissenste Wort, was es gibt.

motor.de: Ich würde gerne auf Purify eingehen. Wo habt ihr das Gefühl, fehlt die „responsibility“, die dort besungen wird?

Mariechen: Als ich das geschrieben habe, war es nicht nur über andere Leute, sondern über mich selber im Bezug auf das soziale Bewusstsein. Was bedeutet es, sich zu einer bestimmten politischen oder sozialen Aussage oder einem bestimmten Mitgefühl hin zu orientieren. Und was bedeutet es, da tatsächlich etwas zu bewirken? Das Lied selbst geht eigentlich von einem Nicht-Bewusstsein von anderen aus. Mir ist sehr bewusst, dass ich bestimmte Dinge einsetze, die didaktisch sind oder aufdringlich sind.

Alex: Ich finde es generell wichtig über Verantwortung überhaupt nachzudenken. Gerade in einer Zeit, die danach schreit, Probleme zu lösen, die wir nicht lösen können. Wo wir alle ohnmächtig sind, was ok ist. Damit umzugehen, muss jeder sowieso hinbekommen. Wenn ich den Song spiele, ist das ein Moment, in dem ich mir bewusst mache, dass wir in so einer Zeit leben; und dass es, wenn man nicht dagegen arbeitet, dann so was wie einen Kulturerhalt nicht geben würde.

Mariechen: Ich habe zu Alex am Anfang gesagt,  dass ich versuchen möchte, etwas ganz Großes anzusprechen, das nicht nur um mich geht, aber die Sprache der Subjektivität benutzen: ich liebe, ich leide, du ich und so weiter. Es geht einfach darum, dass man versucht, sich bewusst zu sein, wie die Sachen funktionieren können.

(Foto: Christoph Neumann; Text: Antonia Eichenauer)