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Der Name sperrig, das Aufgebot minimalistisch: Use Your Fucking Headphones sind zwei Ur- und ein Wahlberliner, die per Cabrio die Clubs erobern wollten.
(Foto: Elisabeth Ström)
Gitarrist Philipp und Sänger Julius haben schon vor etlichen Jahren einen Proberaum geteilt, als jedoch die kreative Gier nach mehr aufkam, musste etwas Neues her: “Ich wollte einfach meine Unter-der-Dusche-Stimme auspacken und mal richtig singen”, erzählt Julius.
Offenbar scheinen die wenigsten Nachbarn mit dem Besenstiel gegen die Decke geklopft zu haben, denn das Produkt, was die Headphones mit ihrer ersten EP abliefern, ist durchaus ansehnlich. Im Galopp ziehen die Drums die Songs an einer Schnur auf, welche durch naiv-verspielte Gitarrenakzente und quirlige Synthieschattierungen erst ihren Farbanstrich bekommt. Auf einen Viersaiter verzichten die Jungs, Bass sei unnötig, um komplett zu klingen. Außerdem gefalle der Minimalismus: “Wir versuchen, einen ausgereiften Sound zu dritt zu schaffen.” Hingebungsvoll skizziert das Trio eine kratzende, schweißtriefend-tanzbare, leichtfüßige, poppige Symbiose mit funkelnden Augen, denen zu widerstehen es schwer fällt. Verziert mit einigen Handclaps und einem – wer hätte das gedacht – Xylophon taumelt die Platte liebestrunken zwischen schimmernden Sommerresten und Herbstfetzen.
Ein paar tänzelnde, zerrissene Schnürschuhe, die anscheinend eine ganze Lebensgeschichte mit sich tragen, zappeln während der Gigs lebhaft vor dem Mikrophon. Doch das war nicht immer so, wie Julius erzählt: “Früher bin ich auf deutschen Hip Hop und Techno abgefahren…” Nur gut, dass diese und andere wilde Phasen mittlerweile überwunden sind – auch wenn spätere Jugendetappen noch ihre Spur durch die Inhalte der Vokalstücke ziehen.
In “Tik Tak” allerdings geht es wider Erwartens nicht um Uhren oder gar kleine weiße Lutschbonbons, sondern um einen “Gitarre spielenden Typen, den ich [Julius] in der Bahn gesehen habe, der sein Leben in einen Titel gepackt hat”. Und natürlich ist auch noch ein “Herzscheißesong” dabei, wie er liebevoll von der Band beschrieben wird. Eine wichtige Sache sei nebenbei noch angemerkt: Die erste Veröffentlichung der Band ist gleich eine doppelte. Teil eins ist ein volles Set und selbstbetitelt, beim zweiten wurden die Stecker gezogen, das akustische Pendant trägt den Namen “Wild Sessions”. Produziert wurden die Tonträger von Ed East, Gitarrist der Band Chikinki.
Gefunden hat sich das Trio übrigens im Fröstelwinter vor etwa zwei Jahren, um genau zu sein im Januar 2009. Für die ersten Gigs im darauf folgenden Frühjahr musste gleich ein Cabrio herhalten, nach dem Motto “wir bringen einen Verstärker mit und der Rest muss dastehen”, etwaige Attitüden haben die Jungs allerdings abgelegt: “Wir sind gar nicht mehr so Rockstar wie früher… Oh Gott, ich klinge wie jemand mit fünfzig Jahren Bühnenerfahrung! – Wir haben nicht mal eigene Autos, sondern leihen immer die unserer Freundinnen.” Da sind wir ja beruhigt!
Bleibt im Endeffekt zu sagen, dass Use Your Fucking Headphones zumindest im musikalischen Sinne gar nicht allzu bescheiden sein müssen. Die erste Veröffentlichung der Berliner Band kommt jedenfalls mit einem unheimlichen Batzen Charme daher, den man durchaus gern durch den Plattenspieler jagt. Und vielleicht führt die Geschichte der Headphones in ein paar Monden ja auch zu einem eigenen Vehikel…
Elli Eberhardt
VÖ: 12. 11. 2010
Tracklist:
“Use Your Fucking Headphones”
1. A Note
2. Tik Tak
3. Thunderpoo
4. The Bards Curse
“Wild Sessions”
1. A Note
2. Thunderpoo
3. Tik Tak
4. The Drunken Clam
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