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Steyr – the new Liverpool?

Mit butterweichen Refrains und hymnischen Pop-Momenten wusste die österreichische Band Velojet bereits auf ihrem 2005er Debüt zu begeistern. Nach einigen Umstrukturierungen im Umfeld der Band kommt mit “This Quiet Town” jetzt das angeblich so “schwierige zweite Album”.

Bevor jetzt irgendjemand protestiert: Schon klar, eigentlich gehören die gar nicht hier hin. Bereits mit dem 2005er Debüt konnten die Österreicher ordentlich punkten, in zahllosen Konzerten erspielten sie sich eine durchaus ansehnliche Gefolgschaft. Nicht zuletzt manifestiert in mehr als ordentlichen 13.870 Profilaufrufen der MySpace-Seite. Streng genommen also keine wirklichen Underdogs und folglich auch nicht unbedingt frisch “Für Euch Entdeckt.” Einerseits. Andererseits aber war es uns ein unbedingtes Herzensanliegen, Euch das großartige Dutzend euphorischer Pop-Himmerstürmer, die nun “This Quiet Town”, das Zweitwerk der Band bevölkern, eindringlich ans Herz zu legen.

Es ist die alte Geschichte: Die Kleinstadtenge – Velojet kommen aus dem beschaulichen 40.000-Einwohnerstädchen Steyr – begünstigt auch in diesem Fall das Heranreifen adoleszenter Dreiminüter, in denen sich die ganze Sehnsucht nach einem anderen, größeren Leben spiegelt. Weil viel Zeit und große Träume – wenn sie auf überdurchschnittliches Talent treffen – eben immer noch der beste Garant für wahrhaft große Pop-Musik sind.
Und überdurchschnittlich talentiert ist Ober-Velojet René Mühlberger bereits vor seinem Studium der Jazzgitarre am Gustav-Mahler-Konservatoirum zu Wien gewesen. Nun aber hatte er das Rüstzeug, seine ureigene Vorstellung von britisch-amerikanisch geschulter klassischer Pop-Musik auch umzusetzen. Das ingeniöse Händchen Mühlbergers für erhabene Pop-Momente und memorable Melodien ist denn auch das am deutlichsten zutage tretende Pfund der Band. Eine weitere Besonderheit ist die gemischtgeschlechtliche Besetzung, der neben Gitarrist und Sänger René noch Marlene Lacherstorfer (Bass), Irene Grabherr (Keyboards) und Michael Flatz am Schlagzeug angehören. in der Männerdomäne Pop ja leider nach wie vor eine Seltenheit. Derart gerüstet bannten sich Velojet bereits zwei Jahre nach ihrer Gründung in 2003 mit ihrem selbstbetitelten Debüt einen Weg aus der Provinz.

Ein Weg, der ihnen neben zahlreichen Konzerten in Deutschland, Holland und Österreich (unter anderem mit den Killers) nicht zuletzt jedoch auch Probleme einbrachte. Während die übrigen Bandmitglieder nach Wien übersiedelten, wohnt Mühlberger nach wie vor in Steyr. Das Schreiben der Lieder fürs zweite Album entwickelte sich vor diesem Hintergrund zu einer logistischen Herausforderung, in deren Verlauf sich der ein oder andere Schatten aufs Gemüt der jungen Band legte. Letztlich wurden jedoch alle Krisen gemeistert und gewinnbringend verarbeitet: Das im Kronstorfer Studio von Velojet-Intimus Sepp Haidenthaler entstandene “This Quiet Town” fügt der euphorischen Aufbruchsstimmung des Debüts eine nachdenkliche, in Teilen melancholische Note hinzu, die der Musik des Quartetts eindeutig gut tut. So vermitteln nach wie vor größtenteils im klassischen Pop der Sechzigerjahre verhaftete, anmutige Pittoresken wie “Waiting For A Long Time” mit zärtlich hingetupften Gitarrenkaskaden unter abwechselnd juchzenden und bedrückten Melodien durchaus eine gewisse Doppelbödigkeit. Insbesondere im mit metaphorischer Weitsicht ausgestatteten “The Garage Door” kann Mühlberger zudem sein ganzes Potenzial als Texter abrufen: “When I get home the garage door is walways closed/ And I wonder if I still live here in this house and planet”. Ein fraglos ebenso trauriges wie zutreffendes Bild für eine in der Auflösung begriffene Beziehung. In “I’m So Hungry” haben sie dann sogar das ganz große musikalische Drama für sich entdeckt: “Dance the last dance/ Let’s give up the defence” – solltet ihr – sofern vorhanden – Velojet gegenüber auch tun. Bringt ja eh nichts, irgendwann kriegen sie Euch doch.

Text: Michael Jäger

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