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Vorgestellt: Years & Years im Interview

Instagram-Bilder mit Jungle und All We Are. Im Film ein bisschen spoonen mit Greta Gerwig (Frances Ha!), auch mal für 'ne Folge Skins sein zartes Antlitz herhalten oder Ben Whishaw (z.B. Grenouille in "Das Parfüm") im Video zur ersten Single herrlich unprätentiös abspacken lassen: Das machen Years & Years so in ihrer Freizeit. Das wäre eigentlich schon genug, um sich entspannt zurückzulehnen und auf die Zeiten zu warten, in denen man seinen Enkeln große Geschichten vom wilden Leben damals erzählen kann. Years & Years, Londoner Trio um Olly Alexander, Michael Goldsworthy und Emre Turkmen gehen mit ihrem london-based Indie-R'n'B-Clap-Dance lieber einen Schritt weiter. Genau genommen so weit, dass Freunde der Popkultur von Großraumdisko bis Kellerclub sich auf die baldige Dancefloor-Verbannung Pit Bulls durch die Londoner Gang hoffen können. Im gleichen Zug kann man all jene, die die Maschine Popmusik immer noch verteufeln, mit dem Verweis auf arthäusliche Nebenbetätigungen des Trios auffordern sich den Schaum vom Mund zu wischen. 

Während die musikalische Zeitgeist-Schmiede vom französischen Kitsuné-Label sowie sämtliche englische Blogs vor Freude über Olly's traurige Texte getragen von seiner hoffnungsgebenden Stimme, bereits die Hände über'm Kopf schlagen, sieht es in der deutschen Berichterstattung sehr sehr mau aus. Was aus Fairness-Gründen nicht sein darf. Die Chance eines ersten Stops in Deutschland haben wir also genutzt und uns mit ihnen zum Interview getroffen.  

Nach einer kurzen Vorstellung der Mitglieder geht es weiter mit dem Gespräch:

Olly Alexander: schreibt am liebsten mit gebrochenem Herzen, singt darüber aber trotzdem ziemlich hoffnungsgebend. Sein Lieblingsschokoriegel ist Kinder Bueno "weil du alles da alles bekommst, was du willst: Keks, Schokolade und Cremigkeit!". Auf Twitter folgt er am liebsten Craig David. Oder Cher, weil sie extrem witzige Tweets hat und auch mal an ihre Fans austeilt. 

Michael Goldsworthy: Mag Mint Aero und riesige Haufen Lasagne. 

Emre Turkmen: Steht auch wenn er es nicht so häufig ist, auf Toblerone (liegt vielleicht an seiner vorherigen Architekten-Laufbahn und der Vorliebe für klare Formen?). Es ist ein class act. 

motor.de: Ihr habt jetzt bereits zwei EPs "Traps" und "Real" via Kitsuné veröffentlicht. Als Teil dieser Familie bekommt ihr quasi die Garantie, Taktangeber für die hippen Menschen zu sein. Macht euch das stolz?

Olly: Definitiv! Kitsuné hatte großartige Menschen in ihrem Raster: M.I.A., Daft Punk, Hot Chip. Da fühlen wir uns als Teil davon besonders.

motor.de: Wann habt ihr euch gedacht "Ok, Musik könnte etwas sein, dass ich für den Rest meines Lebens tun will"?

Emre: Sehr früh. Ich wusste schon als kleines Kind, dass ich Musik liebe. Aber ich hatte nie wirklich daran gedacht, mir damit mein Leben zu finanzieren, ich habe einfach nur Musik gemacht. Jetzt mache ich sie halt durch die Augen eines Musikers. 

Olly: Ich habe singen schon immer geliebt, aber meine Mom hat mir jahrelang erzählt ich sei furchtbar. Als ich acht Jahre alt war, sind wir umgezogen. Ich und mein Bruder haben die Tapeten von den Wänden gerissen und mit Edding auf alle Wände geschrieben was wir später werden wollen. "Ich will Sänger werden" – steht wahrscheinlich immer noch da. Vielleicht sollten wir zurückgehen und es finden. 

Michael: Mein Vater ist Musiker. Musik war also immer in meiner Familie. 

motor.de: Seid ihr alle Multi-Instrumentalisten? 

Michael: Wir haben's versucht, aber dann angefangen, kläglich zu versagen. 

motor.de: Ihr habt es also auch nie über Wonderwall und die Basslinie von Come As You Are auf der Gitarre hinaus geschafft? 

Michael: Ich bin furchtbar darin, Cover zu spielen. Ich kann einfach nicht die Musik anderer Menschen spielen, nur die eigene. 

motor.de: Wann war für euch dann der Wendepunkt, dass ihr dachtet: Naja, vielleicht sollten wir dieses Musikding professionell machen?

Olly: Die Frage wurde mir letztens schon gestellt – und ich weiß nicht, ob ihr Jungs zustimmt – aber für mich war es während einer unserer Shows in Paris. „REAL“ war gerade draußen und es war eine unserer ersten Shows in Frankreich. Wir dachten nicht, dass irgendwer kommen und uns mögen würde. Aber dann war der Auftritt großartig und alles lief richtig gut. 

motor.de: Haben sich Years & Years denn schon immer gleich angehört? Oder hat sich die Richtung, in die ihr gehen wolltet, verändert?

Olly: Es hat sich wahnsinnig verändert.

Michael: Wir hatten mal Gitarren!

Emre: Aber als wir anfingen, wie jetzt zu klingen, wussten wir "Oh, das ist gut!".

motor.de: London scheint momentan Tastemaker dafür zu sein, wohin es mit der Musik geht. Deep House, dazu R'n'B-Einflüsse und Leute, die immer mehr Körperwellen in ihren Tanz einbringen, Jungle zum Beispiel sorgt für einen Funken Funk. Was glaubt ihr, wie sich Musik in zwei Jahren anhören wird?

Olly: Ich glaube, Dance wird sehr beliebt bleiben. Und unsere Musik? Die wird tiefer gehen. Wir werden mehr Saiten-Elemente einbringen, mehr Bass, größer werden. 

motor.de: Denkt ihr auch, dass sich musikalisch seit 1994 musikalisch nicht viel verändert hat?

Olly: Ich glaube, es wird immer Veränderung und ein neues frisches Ding geben. Weil es neue Künstler gibt und immer neues Publikum, das die Musik empfängt. 

motor.de: Eigentlich ist das mit Lyrics ja auch immer das gleiche, oder? Die Leute werden immer singen "Oh, ich bin so glücklich" oder "Oh, ich bin so traurig" – das ändert aber nichts an der Qualität und Einzigartigkeit der Emotionen.

Michael (lacht): Das ist großartig, kannst du das für uns aufschreiben?

motor.de: Olly, was ist denn deine Lieblingsemotion, wenn's um Songwriting geht?

Olly (leicht peinlich gequält): Aaaah, normalerweise wohl ein gebrochenenes Herz, Schmerz. 

motor.de: Das hör' ich raus.

Olly: Ich wünschte, ich würde inspiriert, wenn ich ausgehe und eine gute Zeit habe, die Sonne scheint… 

Motor.de: Ich hab' im Vorfeld euren Instagram Account studiert und Fotos mit Jungle und All We Are entdeckt. Ben Whishaw tanzt außerdem in euren Videos. Gibt es drüben in London so etwas wie ein Hogwarts der Popkultur, wo ihr alle als eine Gang rumhängt? Oder ist die Musikszene Londons einfach kleiner als gedacht und man trifft sich?

Olly: Nun ja, die Leute im Video, das sind einfach unsere Freunde. Ich glaube nicht, dass ich vorher einmal alle zusammen in einem Raum gesehen habe, also war es cool, sie zusammen zu bringen. Sie waren alle bei unseren Gigs dabei und waren unsere Unterstützer.

Olly Alexander ist mit Musik der großen Diven und R'n'B gleichermaßen im Ohr aufgewachsen – das hört man seiner Stimme, die er auch live sehr sehr gut im Griff hat, an!

motor.de: Das finde ich halt interessant: Dass London dieser Melting Pot von Leuten ist. Und sich trotzdem diese Menschen, die gute Musiker sind und den musikalischen Zeitgeist so gut zu fassen bekommen, dann auch noch Freunde sind. 

Olly: Ich vermute, du triffst die Leute einfach im Musik-Zirkus und auf Festivals. Du spielst Shows mit ihnen. Wir sind aber nicht alle zusammen zur Schule gegangen oder so.

Michael: Nein, wir teilen nur ein Management.

motor.de: Olly, du warst schon in der TV-Show Skins und mehreren Filmen zu sehen. Glaubst du, deine Bekanntheit aus dem Bereich hilft auch bei der Popularität eurer Musik? Es handelt sich ja quasi um die gleiche Target Group.

Olly: Das glaube ich eigentlich nicht. Einige Leute werden vielleicht meinen Namen erkennen, aber ich denke, es ging schon immer um die Musik. Hört sich cheesy an, aber für mich ging es immer nur um die Musik. Ich bin ja kein berühmter Schauspieler oder so. Auch wenn ich nicht über "Zielgruppen" nachdenke, hat es mit Sicherheit ein bisschen geholfen. Aber mischen will ich die Themen nicht. 

motor.de: Gibt es da denn noch etwas anderes, was ihr gerne tut? Habt ihr insgeheim noch 'nen Nobel-Preis in Physik oder so?

Michael: Emre ist Architekt.

Emre: Jap, ich habe Architektur studiert. Das wäre dann vermutlich meine Superpower.

Olly (ruft begeistert rein): Buildings!

Emre: Aber nein, wir sind nur wir, singend, am Spaß haben und uns als coole Musiker bezeichnend.

Olly: Wir sind in der Tat Musiker.

Emre: Ja, es war auch eher das "cool" wobei ich mir nicht sicher war (lacht)

motor.de: Und du, Michael?

Michael: Meine Superpower? Ich habe Film studiert… Aber ich bin ehrlich gesagt ziemlich gut im Lasagne machen. 

motor.de: Das ist aber ehrlich gesagt eine ziemlich gute Sache zum Überleben.

Michael: Exakt. Du machst eine große Portion und kannst fünf Tage davon leben. Und falls du Reste hast, kannst du daraus… Spaghetti Bolognese, mexikanische Tacos, Hackbällchen machen.

motor.de: Lauter geiler Scheiß, das ist ja fabelhaft! Aber mal zurück zur Musik … Ein Album, kommt da bald was?

Michael: Nächstes Frühjahr. 

Olly: Wir arbeiten momentan dran, suchen alles zusammen. 

 

Die neue Single, "Take Shelter" ist seit heute auf Soundcloud verfügbar:

motor.de: Habt ihr schon ein Label und alles?

Olly: Yes, Polydor. 

Michael: Wusstest du, dass Polydor deutsch war? Ein bisschen triviales Wissen für dich! [verschmitztes Grinsen] Sie haben als deutsches Klassik-Label angefangen. 

Emre [sympathisch-klugscheißerisch]: Eigentlich … haben sie damit angefangen, deutsche Klassikmusik in England zu veröffentlichen. 

motor.de: Macht ihr manchmal so kleine Musik-Quizze unterwegs?

Michael: Nein, aber gute Idee! Sollten wir tun.

motor.de: Eine letzte Frage an euch hippe Londoner-Kitsuné-Leute. Pop kommt ja immer mit dem langen Schwanz einer ganzen Kultur in Form von Mode, Lifestyle usw. usw. Was ist der absurdeste Trend, den ihr auf gar keinen Fall mitmachen würdet?

Michael: Lady Gagas Fleisch-Kleid.

motor.de: Und so im täglichen Leben?

Olly: Ich bin kein Fan vom Man Bun. 

Michael: Viele Bärte gibt's in London. Sehr dichte, große Bärte.

motor.de: Hier auch. Ich habe gehört, den Rasierer-Firmen geht's deswegen ziemlich schlecht. Die leiden richtig!

Michael (lacht): Echt? Das ist ein ziemlich großatiger Fakt!

Olly: Ich rasiere mich noch.

Michael: Du hältst sie am Leben!

(Foto: Gladsome Fotografie / Text: Vera Jakubeit)

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